Sondervermögen und Reform der Schuldenbremse: Worauf sich Union und SPD geeinigt haben
Die Schuldenbremse soll gelockert werden, ein riesiges Sondervermögen soll für die Infrastruktur kommen. Wie es nach der Einigung zwischen den möglichen Koalitionspartnern mit den Finanzplänen weitergeht.
Nach nur wenigen Tagen verkündeten die Spitzen aus Union und SPD am Dienstagabend, man habe eine Einigung in Finanzfragen erzielt. Es geht um enorme Summen, die in ein Sondervermögen für Investitionen in die Infrastruktur fließen sollen sowie in Verteidigungsausgaben - dafür soll die Schuldenbremse gelockert werden. Das hatte die Union während ihres gesamten Wahlkampfes noch kategorisch ausgeschlossen. Die wichtigsten Fragen, was der Beschluss bedeutet und worum es geht.
Sondervermögen und Schuldenbremse: Worauf haben sich Union und SPD geeinigt?
Union und SPD wollen die Schuldenbremse so lockern, dass Verteidigungsausgaben, die über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen, grundsätzlich ausgenommen sind. Nach oben soll es keine Deckelung geben - sodass theoretisch unbegrenzt Kredite möglich sind. Damit wäre der Verteidigungsetat als Teil des Bundeshaushaltes quasi an keine finanziellen Begrenzungen mehr gebunden.
Weiter sollen 500 Milliarden Euro in Infrastruktur investiert werden. Diese 500 Milliarden sollen über Kredite finanziert werden, die anschließend in ein Sondervermögen fließen. Das Geld soll „schnell“ zur Verfügung stehen und getreckt über zehn Jahre abgerufen werden. Damit die 500 Milliarden von der Schuldenbremse ausgenommen sind, sollen sie über ein neues Sondervermögen im Grundgesetz verankert werden. Die massiven Investitionen in die Infrastruktur sollen unter anderem dazu beitragen, die Wirtschaft schnell wieder anzukurbeln - um dann wiederum die enormen Finanzierungspakete stemmen zu können.
Die geplante Summe von 500 Milliarden Euro ist höher als der gesamte Bundeshaushalt 2024, er belief sich auf knapp 477 Milliarden Euro. Auch die Bundesländer unterliegen einer Schuldenbremse. Diese soll gelockert werden und an die Schuldenbremse des Bundes angepasst werden, damit die Bundesländer mehr finanzielle Spielräume haben. Seit 2020 gilt die strikte Null-Verschuldung, die Länder dürfen keine neuen Schulden aufnehmen - die Haushalte müssen also ohne neue Kredite ausgeglichen sein. Die erlaubte Neuverschuldung im Bund beträgt 0,35 Prozent des BIP.
Warum will die Union nun doch die Schuldenbremse reformieren?
„Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent muss jetzt auch für unsere Verteidigung gelten: whatever it takes“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz am Dienstagabend auf der Pressekonferenz. „Wir sind uns der Dimension der vor uns liegenden Aufgaben bewusst. Und wir wollen dazu auch mit den Entscheidungen des heutigen Tages die ersten notwendigen Schritte gehen.“
Markus Söder fügte hinzu: „Wir haben uns am Ende entschieden, für diesen Weg, für die Sicherheit. Alles, was die Bundeswehr braucht, um zu einer schlagkräftigen Armee zu werden, die uns und in der Nato, in Europa, schützen kann, wird angeschafft werden.“ Die Union sagt, man reagiere damit auf eine neue Lage, angesichts des Eklats im Weißen Haus zwischen Präsident Trump und dem ukrainischen Präsidenten Selensky. Die SPD hatte bereits im Wahlkampf für eine Reform der Schuldenbremse geworben.
Sind die geplanten Reformen und Investitionen bereits beschlossen?
Nein. Die möglichen Koalitionspartner Union und SPD haben sich zwar untereinander geeinigt, um die Pläne umzusetzen benötigen sie aber die Zustimmung des Bundestages. Für das geplante Sondervermögen von 500 Milliarden Euro soll der Bundestag vermutlich Anfang kommender Woche zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Das heißt, das Parlament kommt noch einmal in seiner alten Zusammensetzung zusammen.
Das hat einen Grund: Im „alten“ Parlament besitzen Union, SPD und Grüne noch eine Zweidrittelmehrheit, die für eine Grundgesetzänderung notwendig ist. Das geplante Sondervermögen wird im Grundgesetz festgelegt und benötigt also eine Zweidrittelmehrheit. Im neuen Parlament könnte das schwieriger werden: Hier haben Union, SPD und Grüne ihre Zweidrittelmehrheit verloren und sind für eine Änderung des Grundgesetzes auf die Stimmen von AfD oder Linken angewiesen. Die grundsätzliche Reform der Schuldenbremse soll trotzdem erst im neuen Parlament entschieden werden - das benötige mehr Vorbereitung und mehr Zeit, so Friedrich Merz.
Die Grünen-Bundestagsfraktion reagiert zurückhaltend auf die Einigung zwischen Union und SPD auf ein Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur. „Wir werden uns die Vorschläge nun in Ruhe anschauen“, kündigte Fraktionschefin Britta Haßelmann an.
Sondervermögen und Reform der Schuldenbremse: Wer muss die Kredite letztlich bezahlen?
Der Staat besorgt sich frisches Geld, indem er Anleihen auf dem Kapitalmarkt ausgibt. Erstmal kommt das Geld also von Anlegern, das können zum Beispiel Pensionsfonds oder Kreditinstitute sein. Einer der größten Investoren der Welt ist etwa der norwegische Staatsfonds. Auf lange Sicht muss der Kredit dann aber getilgt werden. Bei Sondervermögen stellt der Bund dafür einen Zeitplan auf. Beim bisherigen Sondervermögen für die Bundeswehr ist die Tilgung zum Beispiel ab 2031 geplant. Das Geld dafür muss dann aus dem Bundeshaushalt kommen, also aus Steuergeldern und anderen staatlichen Einnahmen.