Wahlpartys im Wahlkreis Heilbronn: So war die Stimmung bei den Parteien
Die Wahlergebnisse sind da. Jubel und Enttäuschung liegen bei den Wahlpartys der Parteien in der Region Heilbronn eng beieinander. Wir haben die Eindrücke.
Im Heilbronner Rathaus herrscht wenige Minuten vor Verkündung der ersten Prognose gespannte Ruhe. Im großen Ratssaal laufen bei Bürgeramtsleiterin Monika Baumann die Fäden zusammen. Denn bei der Stadt ist bei dieser Wahl die Kreiswahlleitung für den Wahlkreis 267 angesiedelt. Er wechselt immer zwischen Stadt und Landratsamt. Auch Harry Mergel ist als Kreiswahlleiter schon im Ratssaal. Eine Prognose will der Heilbronner Oberbürgermeister nicht abgeben.
Nach den ersten Hochrechnungen prognostiziert Mergel „eine ganz schwierige Koalitionsverhandlung“. Auch einzelne Bürger sind inzwischen im Saal und warten auf die ersten Wahlergebnisse aus dem Wahlkreis 267. Sie trudeln gegen 18.45 Uhr ein. „Dass die AfD ausgerechnet bei uns im Land so stark ist, ist für mich unfassbar“, so die Reaktion von Harry Mergel.
CDU in Heilbronn bangt und hätte mehr erwartet
Es ist 17.30 Uhr. Die ersten Christdemokraten kommen in das Heilbronner Parkhotel. Im Saal Steinacker laufen die Hochrechnungen von ARD und ZDF. Das Büfett mit Würstchen, Kartoffelsalat, Käse und weiteren Leckereien steht bereit. „Es wäre dramatisch, hätte Heilbronn keinen direktgewählten Bundestagskandidaten“, bringt der Heilbronner CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Randecker seine Stimmungslage auf den Punkt. Als die erste Hochrechnung über die beiden Bildschirme flimmert, herrscht absolute Stille.
Die gut 100 Parteifreunde sind enttäuscht. Sie hatten ein Ergebnis jenseits der 30 Prozent erwartet. Dass die CDU aus der Opposition kommt, spielt in dem Moment keine Rolle. Applaus brandet auf, als Friedrich Merz im Fernsehen spricht: „Wir haben die Wahl gewonnen.“ Erster Bürgermeister Martin Diepgen spricht von einem „soliden CDU-Ergebnis“. Gespannt blickt CDU-Kreisgeschäftsführer Bernd Sepbach auf die Zahlen: „Ich hoffe, dass FDP und BSW es nicht schaffen. Dann hat Throm eine Chance.“ Noch immer fehlt Alexander Throm. Erst kurz vor 20 Uhr betritt er unter Beifall den Saal. Er nippt an einem Bier. Bei Aussagen zum nach wie vor offenen Wahlausgang zeigt er sich absolut zugeknöpft.
Bundestagswahl 2025: Erleichterung bei den Grünen in Heilbronn
Als erste starten die Grünen ihre Wahlparty. Um 17.30 Uhr sind schon rund zehn Parteimitglieder und Sympathisanten, einschließlich Baubürgermeister Andreas Ringle vor Ort in der Bierbar Craftelicious in Heilbronn. Als die ersten Hochrechnungen präsentiert werden, klatschen die Grünen-Sympathisanten für ihr eigenes Ergebnis – und für das der Linken. Es wird still, als es heißt, dass es für eine Koalition von Union und Grünen wohl nicht reichen würde. „Krass“ und „boah“ rufen einige jedoch, als die Wahlbeteiligung von 84 Prozent vermeldet wird: so hoch wie noch nie zuvor.
„Wir sind zwar unter den Ergebnissen von 2021 geblieben, haben im Vergleich zu anderen Parteien aber kaum verloren“, kommentiert Ebert die ersten Hochrechnungen, nach denen die Grünen mit 13,2 Prozent 1,5 Prozent weniger Stimmanteil erreichen als bei der letzten Bundestagswahl: „Es wurde von den Wählerinnen und Wählern goutiert, was wir für die Politik gemacht haben und dass wir eine gute Politik gemacht haben. Das zeigt für die Zukunft, dass sie daran glauben, dass wir Verantwortung übernehmen. Wir sind gesprächsbereit.“
FDP-Sympathisanten und Parteimitglieder aus Heilbronn verfolgen Zitterpartie
FDP-Sympathisanten und Parteimitglieder aus Heilbronn sind am Abend in Böckingen zusammengekommen. Der Direktkandidat Michael Link ist nicht dabei. Er verfolgt in Berlin die Zitterpartie der Liberalen, die aus dem Bundestag zu fliegen drohen. Am Abend liegt die Partei schon recht deutlich unter der Fünf-Prozent-Marke. Für Link würde es das Aus im Bundestag bedeuten. Ist die FDP drin, geht auch seine Abgeordnetenkarriere wegen des sicheren Listenplatzes weiter.
In Heilbronn ist bei den Liberalen die Stimmung am Boden. Herrschte nach den ersten Prognosen in der FDP-Geschäftsstelle in Böckingen noch Hoffnung, dass die Liberalen den Einzug in den Bundestag schaffen, schlug die Stimmung gegen 21 Uhr in Depression um. „Wir sind sehr enttäuscht und hatten bis zuletzt auf die Fünf vor dem Komma gehofft“, sagte ein spürbar geknickter FDP-Kreis-und-Stadtverbandsvorsitzender Matthias Mettendorf, nachdem die Hochrechnungen für die Partei auf 4,7 Prozent abrutschten. „Ich habe den Rauswurf schon 2013 erlebt, das ist kein Spaß, das muss man nicht haben“, betont Mettendorf und ergänzt. „Ich bin sicher, in einem Jahr wird man uns wieder sagen: Ihr fehlt im Bundestag.“
SPD im Heilbronner Willy-Brandt-Haus weder gedrückt noch euphorisch
Weder gedrückte Stimmung noch Euphorie: Im Heilbronner Willy-Brandt-Haus scheint man gefasst auf das Ergebnis der SPD zu blicken. Kurz brandet Applaus auf – allerdings nicht beim Balken für die Sozialdemokraten, sondern bei dem der Linken. „Es war vorauszusehen“, sagt Jens Schäfer, Direktkandidat für den Wahlkreis Heilbronn in einer ruhigen Minute. Mit seinem eigenen Wahlkampf ist er zufrieden: Man habe Präsenz gezeigt und versucht, die Themen der SPD rüberzubringen.
„Aber der Bundestrend ging in die falsche Richtung.“ Auch, weil vor allem Olaf Scholz für den Ampel-Bruch verantwortlich gemacht worden sei. „Dabei haben wir vieles gut gemacht“, sagt der Eppinger, der die Nachfolge von Josip Juratovic im Bundestag antreten wollte. Der ist ebenfalls vor Ort und kündigt trotz seines Rückzugs an: „Sie werden mich nicht los.“
AfD feiert an unbekanntem Ort
Aufregung gab es um eine in Kirchardt geplante Party der AfD. Laut Parteivertretern hatte die örtliche SG die bereits getroffene Nutzungsvereinbarung für das Vereinsheim kurzfristig zurückgezogen, die örtliche AfD übte scharfe Kritik und sprach von „Diskriminierung“, vom Verein war am Wochenende niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Die regionale AfD traf sich an einem anderen Ort – wo genau, das gab sie nicht bekannt.
Ausgelassene Stimmung bei den Linken im Heilbronner Käthe-Zentrum
Christoph Mössinger liegt mit Grippe im Bett. Von dort kommentiert der Heilbronner Bundestagskandidat der Linken die ersten Hochrechnungen telefonisch: „Bei den Linken ist alles gut, was über fünf Prozent liegt und wir damit definitiv wieder im Bundestag sind.“ Das sind sie: Die Stimmung bei der Wahlparty im Käthe-Zentrum ist laut und fröhlich. Es ist voll, überwiegend junge Gesichter im Raum. „Super“ findet Parteisprecher Florian Vollert die Hochrechnungen. „Mit acht bis neun Prozent hat niemand gerechnet.“ Den Aufschwung schreibt er der Trennung von Sahra Wagenknecht zu: „Das hat die Konfliktsituation ein Stück weit beseitigt.“
Daraufhin seien viele bei den Linken eingetreten. Gewählt haben sie seiner Meinung nach jetzt viele aus Angst davor, dass sie auf Bundesebene verschwindet. Auch die TikTok-Videos von Heidi Reichinnek hätten für eine verstärkte Wahrnehmung gesorgt. Dazu käme noch, dass Wähler fänden: „Wir brauchen auch politisch Linke“ angesichts des globalen Rechtsrucks, der bedrohlich agiere, sowie der „Geschichte mit der CDU und der AfD“. Das Ergebnis von 7,85 Prozent in Heilbronn für Christoph Mössinger wertet Vollert noch höher als die 8,5 Prozent auf Bundesebene. Der Linken-Kandidat sei „ein echter Sympathieträger“.