Forderung nach mehr Präsenzarbeit wie bei Audi: Kann Homeoffice dauerhaft funktionieren?
Bei Audi fordert die Unternehmensleitung, dass Beschäftigte wieder mehr in Präsenz arbeiten. Hat mobiles Arbeiten auf Dauer eine Zukunft? Unsere beiden Redakteure sind unterschiedlicher Ansicht.
Pro
Von Kilian Krauth
Also ich bin ganz klar für Home Office. Nicht nur aus persönlichen Gründen. Auch die Firma hat etwas davon, ja, sogar die Umwelt. Zunächst spart man viel Zeit, vermeidet Staus oder Bus- und Bahn-Verspätungen. Das entlastet insgesamt den Verkehr, vor allem die im Berufsverkehr oft verstopften Straßen. Nebenbei schont der Verzicht aufs Auto den Geldbeutel – und die Umwelt. Ein kleiner Beitrag zum Klimaschutz, ein großer zur allgemeinen Ressourcenschonung – wenn es viele machen!
Die Erfahrung zeigt: Wer entspannt an seinem Heim-Büro-Schreibtisch sitzt, arbeitet mehr. Da kannst du dich besser konzentrieren, wirst nicht durch Kollegen abgelenkt wie etwa im Großraumbüro oder am Kaffeeautomaten. Du schaffst dadurch effektiver – und sparst zusätzlich Arbeitszeit, was auch den Chef freuen sollte. Kontakt kann man auch digital halten - und pflegen, zur Not eben durch bestimmte Präsenztage.
Apropos Arbeitgeber: Home Office gehört für eine zeitgemäße Firma heute einfach dazu und ist für Bewerber ein Argument, einen Job anzunehmen – oder eben nicht. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels kann sich niemand ein „No HO!“ leisten. Home Office bringt auch gesundheitliche Vorteile, weil die Ansteckungsgefahr sinkt. Nicht von ungefähr erlebte es zu Corona-Hochzeiten den Durchbruch. Das ist gerade in der bevorstehenden Grippesaison wichtig, aber auch nach wie vor wegen Corona, das längst nicht vom Tisch ist.
Contra
Von Alexander Schnell
Ich bin grundsätzlich ein Befürworter von Homeoffice – aber mit klaren Regeln und einer Beschränkung auf eine festgelegte Zahl an Tagen, an denen man zu Hause arbeitet. Dauerhaftes Homeoffice, wie es derzeit bei Unternehmen wie Audi möglich ist, sind keine dauerhafte Lösung. Soziale Kontakte, der kurze Austausch bei einem gemeinsamen Kaffee, das Meeting in Präsenz: All das kann und wird mobiles Arbeiten nicht ersetzen. Ein Online-Meeting ist und bleibt atmosphärisch ganz anders, wie wenn man die Kolleginnen und Kollegen persönlich trifft. Mal ganz ehrlich: Eine gemeinsame Mittagspause mit den Arbeitskollegen oder der kurze Plausch in der Kaffeeküche sind einfach Dinge, die das Arbeitsleben auflockern und dazugehören. Das geht bei dauerhaftem Homeoffice verloren.
Der soziale Kontakt ist in Krisenzeiten wichtiger denn je. Und für die Kollegen, die in der Maschinenhalle an den Geräten stehen und sowieso kein Homeoffice machen können, ist es auch mal schön, wenn die anderen aus dem Büro mal vorbeischauen und sich nicht nur zu Hause aufhalten, um zu arbeiten. Zudem gibt es einfach Aufgaben und Projekte, bei denen man im persönlichen Austausch vor Ort bessere Ergebnisse erzielt. Ein weiterer Nachteil wiegt schwer: Gerade für Arbeitnehmer, die kein eigenes Büro zu Hause haben, sondern zum Beispiel am Küchen- oder Wohnzimmertisch arbeiten, fällt es oft schwer, nach Feierabend abzuschalten. Die Grenzen zwischen Beruf und Alltag verschwimmen immer mehr, Überstunden sind oft die Regel statt Ausnahme.
Je nach Branche bedeutet Homeoffice für Führungskräfte einen gewissen Kontrollverlust, denn sie verlieren ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Umständen etwas aus den Augen. Dabei geht es nicht um Kontrolle: Für Arbeitnehmer kann sich die fehlende Sichtbarkeit – gerade was die Aufstiegschancen anbelangt – mitunter negativ auswirken. Ein Vorgesetzter hat jemanden, der ausschließlich im Homeoffice arbeitet, bei der nächsten Gehaltsrunde vielleicht nicht auf dem Schirm. Nicht nur deswegen gilt: Homeoffice ja, aber nur in begrenztem Maß.