Pro & Contra zu Olympia 2024: War die Eröffnungsfeier ein gelungenes Novum?
Die Zeremonie rund um die Seine polarisiert. Für die einen war es ein gelungener Ausbruch aus der Enge des Stadions, für die anderen ein Bruch mit olympischen Traditionen. Auch unsere Redakteure sind geteilter Meinung.
Vieles war neu, vieles war ungewohnt, vieles war eindrucksvoll. Die Eröffnungsfeier der Spiele der XXXIII. Olympiade hat am Freitagabend in Paris neue Maßstäbe gesetzt. Erstmals fand die Eröffnung nicht in einem Stadion, sondern inmitten der Stadt statt.
Die Seine und ihre Ufer wurden zum Mittelpunkt der rund vierstündigen Zeremonie, die zahllose Eindrücke aus der französischen Geschichte, Politik, Gesellschaft und Kultur präsentierte. Den Höhepunkt bildete die Entzündung des Olympischen Feuers in der Nähe des Louvres.
Zuvor waren jedoch bereits einige Elemente der Eröffnungsfeier und ihre Darstellungen auf Kritik gestoßen. War es dennoch ein gelungener Olympia-Auftakt? Unsere Redakteure sind darüber unterschiedlicher Meinung.
Pro
Von Lars Müller-Appenzeller
Das war epochal, opulent, ja durchaus pompös: Die Eröffnungsfeier von Paris 2024 lässt olympischen Putz bröckeln, denkt den Auftakt der Spiele neu. Raus aus dem Stadion, raus aus einem geschlossenen Kreis zu gehen, mitten hinein ins Leben, das ist eine starke Botschaft.
Frankreichs Hauptstadt hat die revolutionäre Idee am Geburtsort von Pierre de Coubertin, der den antiken Spielen einst neues Leben einhauchte, großartig umgesetzt. Beispiel "Einmarsch der Nationen": Die sonst epische Flaggenparade war durch die Präsentation in mehreren Häppchen wohlbekömmlich, war wohltuend entzerrt - wer als (Fernseh-)Zuschauer kurze Zeit etwas anderes machen wollte, musste Sorge haben, etwas zu verpassen.
Vorfreude auf Los Angeles 2028
Freilich sind die Franzosen bei ihrer Inszenierung da und dort etwas übers Ziel hinausgeschossen, gab es Längen - weniger wäre noch mehr gewesen. Und wer den Weg unter dem Hallendach hinaus mitten in die Stadt wagt, muss auch Regen in Betracht ziehen. Dass die Athleten teilweise stundenlang im Regen stehen gelassen wurden und Laptops von Journalisten unter freiem Himmel abgesoffen sind, ist ärgerlich.
Die kommenden Gastgeber sollten den neuen olympischen Geist weiterdenken. Das weckt Vorfreude auf die Hollywood-Spiele 2028 in LA.

Contra
Von Nils Buchmann
Schneller, höher, weiter und stärker mag die Devise bei den olympischen Wettkämpfen sein. Daneben, das hat der Freitagabend bewiesen, ist weniger manchmal mehr und Altbewährtes nicht unbedingt schlechter.
Die lange Show an der Seine war überladen, die Sportler standen nur kurz im Fokus und hatten ohne die baulichen Grenzen eines Olympiastadions nicht die Chance, die spezielle Atmosphäre eines solchen Abends vollumfänglich aufzusaugen. Was für den Fernsehzuschauer bildgewaltig gewesen sein mag, wurde den Athleten nicht gerecht.
Olympische Spiele sollten nicht instrumentalisiert werden
Darüber hinaus ist Kritik nicht nur am Wo und Wie, sondern auch am Was geboten. Ein Apokalyptischer Reiter als Roter Faden ist zumindest fragwürdig. Eine Darstellung von "Das letzte Abendmahl" durch Transvestiten und Homosexuelle, die vereinzelt ihre Genitalen zur Schau stellen, ist hingegen geschmacklos, respektlos und unmoralisch - auch wenn sie zu Recht von der Kunstfreiheit gedeckt ist.
Solche Dinge mögen in gewissen Kreisen inzwischen en vogue sein, den Olympischen Spielen waren sie allerdings unwürdig. Die Spiele für die eigene Gesinnung zu instrumentalisieren, war noch nie eine gute Idee. Gewogen und für zu leicht befunden, lautet daher das Fazit. London 2012 bleibt der Maßstab.