Meinung: Freiwillige Kontaktbeschränkungen reichen nicht mehr aus
In der aktuellen, angespannten Corona-Lage reichen freiwillige Kontaktbeschränkungen nicht mehr aus, meint unsere Autorin. Es würden Erinnerungen an 2020 wach, als dem Zaudern der Politik ein einsames Weihnachtsfest folgte.
Wissenschaftler aus Theorie und Praxis, sowohl die Gelehrten der Leopoldina als auch Mediziner aus den Krankenhäusern, fordern in einer Dringlichkeit weitere Kontaktbeschränkungen, die keinen Zweifel am Verlauf der vierten Welle lässt. Die von Bundespräsident Steinmeier angemahnte "freiwillige Kontaktbeschränkung" ist bestenfalls ein frommer Wunsch, denn sie wird nicht mehr ausreichen.
Und zwar nicht, weil sich immer mehr Menschen mit Corona infizieren, sondern weil es immer mehr schwere Verläufe gibt – die nachweislich deutlich öfter ungeimpfte Menschen treffen. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, Infektionsketten zu unterbrechen und zu impfen, eigentlich von selbst. Das Gesundheitssystem steht vor dem Kollaps, auch wenn die Vorstellung, im Notfall im nächstgelegenen Krankenhaus kein Bett zu bekommen, für viele noch immer surreal klingt.
Nachlässigkeit rächt sich
Auch wenn Politiker aller Parteien Impfpflicht und Lockdown per Versprechen lange Zeit ausgeschlossen haben, muss es angesichts der aktuellen Lage möglich sein, derartige Maßnahmen umzusetzen. Denn die Freiheit des Einzelnen endet bei der Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Nie war das deutlicher als jetzt.
Nur leider hat seit Wochen niemand mehr das Heft in der Hand: Die amtierende Bundeskanzlerin empfiehlt nur, das Corona-Kabinett ist aufgelöst, die Ampel so beschäftigt, dass allein die Ankündigung eines Expertenrates als Erfolg verkauft wird. Und nun auch noch Omikron. Die Sorge um die Variante beweist einmal mehr, dass sich Nachlässigkeit rächt. Denn zur Realität gehört auch, dass Menschen wieder für Impfungen anstehen, aber Infrastruktur und Impfstoffzuweisungen auch im zweiten Jahr der Pandemie keinen unkomplizierten, breiten Zugang ermöglichen. Da werden Erinnerungen an 2020 wach, als dem Zaudern der Politik ein einsames Weihnachtsfest folgte.
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