Mehrwert beim Wein
Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht zu Tode sparen, meint unser Autor
Krieg, Inflation, Kostenexplosion, allgemeine Verunsicherung: Eigentlich möchte man meinen, in Krisenzeiten wie diesen greifen die Leute eher zum Wein, so nach dem Motto: Wer Sorgen hat, hat auch Likör, respektive Trollinger. Für manche mag das tatsächlich zutreffen. Aktuelle Daten für den deutschen Weinmarkt zeichnen indes ein anderes Bild. Die Zahl der Wein kaufenden Haushalte geht permanent zurück. Weine aus heimischen Regionen sind davon besonders betroffen, Württemberger besonders. ausländische Tropfen weniger, manche profitieren sogar davon: ganz einfach, weil sie billiger sind.
Verständlich, dass viele Verbraucher angesichts allgemein steigender Kosten stärker auf die Preise schauen, weil das den eigenen Geldbeutel schont. Was sie dabei allerdings ausblenden, sind die vielen negativen Folgen.
Billigprodukte aller Art, nicht nur Dumping-Weine, sind nur möglich, wenn sich Produzenten wenig um die Umwelt oder um faire Arbeitsbedingungen kümmern. Die Deutschen indes halten solche Werte besonders hoch. Naturschutz und Mitarbeiterwohl genießen hierzulande einen hohen Stellenwert, zumindest gesetzlich. Im Alltag aber sieht es oft ganz anders aus. Alle reden gerne von Nachhaltigkeit, Fairness oder Regionalität - doch am Verkaufsregal bei Lidl, Aldi & Co. starren die meisten nur auf den Preis. Schließlich wollen wir uns ja ein tolles Auto leisten und nicht auf den Urlaub verzichten. Gespart wird anderswo.
Auf der Strecke bleiben derweil immer mehr heimische Familienbetriebe, ihre Weinberge, ihr Wein, ihre Feste - und damit unsere Kulturlandschaft, viel regionale Lebensqualität, ein Stück Heimat.