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Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

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Wie können Migrantinnen und Migranten besser in den Arbeitsmarkt intgriert werden? Und was sind aktuell die größten Hürden dabei? Antworten haben Elena Wormer und Julia Heinnickel, Leiterinnen des Welcome Centers Heilbronn-Franken in ihrem Gastbeitrag.

Von Elena Wormer und Julia Heinnickel
Elena Wormer (links) und Julia Heinnickel leiten das Welcome Center.
Foto: privat
Elena Wormer (links) und Julia Heinnickel leiten das Welcome Center. Foto: privat  Foto: privat

Zu den Personen:

Julia Heinnickel und Elena Wormer leiten das Welcome Center Heilbronn-Franken gemeinsam seit September 2022. Zuvor sammelten sie mehrere Jahre Erfahrung als Projekt-Referentinnen innerhalb des Welcome Centers. Beide studierten an der Universität Passau interkulturelle Kommunikation und internationale Beziehungen und verbrachten mehrere Stationen im Ausland.


Die erfolgreiche Integration von Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt ist sowohl für Gesellschaft und Wirtschaft von großer Bedeutung. Menschen kommen aus verschiedenen Gründen nach Deutschland - sei es infolge von Flucht, globaler Mobilität oder durch Familiennachzug.

Der Zugang zu Arbeit ist ein wesentlicher Baustein für gesellschaftliche Teilhabe der Ankommenden. Gleichzeitig ist Deutschland auf Zuwanderung angewiesen, um den Bedarf an Fachkräften zu decken. Deshalb ist die entscheidende Aufgabe, die nachhaltige Integration der Zugewanderten in den Arbeitsmarkt erfolgreich zu gestalten, so dass sie ihre Potenziale einbringen und weiterentwickeln können.

Bürokratische und langwierige Verfahren: Anerkennung von Berufsabschlüssen ist eine Hürde

In der Praxis sind die Hürden bei der Integration in den Arbeitsmarkt vielschichtig. Eine zentrale Herausforderung ist die Anerkennung ausländischer Qualifikationen. Viele Zugewanderte sind gut ausgebildet, das Validieren ihrer beruflichen Abschlüsse ist jedoch mit langwierigen und bürokratischen Verfahren verbunden. Besonders im Bereich der reglementierten Berufe, zu denen Erzieher, Lehrer oder Ärzte zählen, ist der Prozess komplex. Neben einfacheren Verfahren sind mehr Projekte erforderlich, welche die Verfahren und anschließende Qualifizierungsmaßnahmen begleiten.

Bürokratische Prozesse sind es auch, die Unternehmen bei der Einstellung von Migrantinnen und Migranten vor Hindernisse stellen. Während EU-Bürger uneingeschränkten Zugang zu Beschäftigung haben, ist bei Drittstaatsangehörigen ein Visum nötig. Lange Wartezeiten und schwere Erreichbarkeit der Behörden führen bei allen Beteiligten schnell zu Frustration. Um diesem Problem zu begegnen, können Arbeitgeber seit 2020 ein "Beschleunigtes Fachkräfteverfahren" einleiten. Zudem werden bald mit der Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes neue Wege für die Erwerbsmigration geschaffen. Damit diese Gesetze den gewünschten Erfolg bringen, müssen Kapazitäten in den Behörden ausgebaut sowie digitalisierte und serviceorientierte Prozesse vorangetrieben werden.

Eine weitere Barriere ist die deutsche Sprache. Es gibt ein breites Angebot an Integrationskursen und berufsbezogenen Deutsch-Kursen. Die Angebote müssen aber besser auf die Zielgruppe abgestimmt werden. So wären mehr Kurse mit Kinderbetreuung oder für spezifische Berufsgruppen wünschenswert.

Firmen müssen selbst etwas unternehmen, um internationale Fachkräfte zu bekommen

Die Unternehmen selbst sind ebenso wichtig bei der erfolgreichen Arbeitsmarktintegration von Migranten. Die nötigen Maßnahmen reichen von der vorurteilsfreien Gestaltung von Bewerbungsprozessen über die Vorbereitung des Teams durch interkulturelle Trainings bis hin zur Unterstützung beim Spracherwerb, der Wohnungssuche oder Behördengängen. Diese umfassende Herangehensweise ist entscheidend, um ein nachhaltiges Ankommen im Arbeitsumfeld sicherzustellen. Die Integration auf dem Arbeitsmarkt ist aber nur ein Teil einer ganzheitlichen Integration. Auch die Gesellschaft muss ein inklusives und diskriminierungsfreies Umfeld schaffen, in dem sich Menschen mit Migrationsbiografie willkommen fühlen.

Letztlich ist Integration ein vielschichtiger Prozess, der die Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Bildungseinrichtungen und der Gesellschaft erfordert. Sowohl für Migranten als auch für Arbeitgeber gibt es in Baden-Württemberg ein breites Angebot an Unterstützungsmöglichkeiten. Hierzu zählen Angebote der Bundesagentur für Arbeit, der Jobcenter, der Migrations- und Anerkennungsberatungsstellen oder der Antidiskriminierungsstellen.

Migration als Chance begreifen und gestalten

Bei Fragen rund um das Arbeiten und Leben in der Region können sich internationale Fachkräfte und Unternehmen an das Welcome Center Heilbronn-Franken wenden, das vom Wirtschaftsministerium gefördert wird. Neben dem Beratungsangebot setzt sich das Welcome Center Heilbronn-Franken auch für eine gelebte Willkommenskultur in der Region ein. Gemeinsam mit Kooperationspartnern wird jährlich die Veranstaltungsreihe "Bausteine einer Willkommenskultur" organisiert. Bei dem diesjährigen Format im November steht das Thema Mehrsprachigkeit im Mittelpunkt.

Migration hat die deutsche Gesellschaft geprägt und wird auch in der Zukunft konstitutiver Teil des Zusammenlebens sein. Umso früher diese Realität als Chance verstanden und gewinnbringend für alle Akteure gestaltet wird, desto besser werden wir einer Zukunft mit zunehmender globaler Mobilität und Diversität begegnen können.

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