Gastbeitrag: Der Region Heilbronn-Franken fehlen die Geburten
Dr. Anke Rigbers ist Präsidentin des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg. In ihrem Gastbeitrag erklärt sie, wie sich die Bevölkerung in der Region Heilbronn-Franken entwickelt hat, wo sie im Jahr 2040 stehen wird und warum sie trotz fehlender Geburten wächst.
Zur Gast-Autorin
Anke Rigbers ist seit Januar 2021 Präsidentin des Statistischen Landesamtes. Zuvor war sie seit 2007 Stiftungsvorständin der Evaluationsagentur Baden-Württemberg. Seit März 2018 ist sie Vorsitzende des Hochschulrates der HAW Heilbronn, dem sie seit März 2015 als Mitglied angehört. Rigbers wurde in Delmenhorst geboren, studierte Haushaltswissenschaft an der Uni Hohenheim und in Wageningen, Niederlande. 1999 promovierte sie.
Die Diskussion um die Rente mit 70 rückt das Thema "demografischer Wandel", also die stetige Alterung der Gesellschaft, wieder stärker in den Fokus. Noch in diesem Jahrzehnt wird ein Großteil der geburtenstarken Jahrgänge, die sogenannten "Babyboomer", das Rentenalter erreichen. Was bedeutet das für die Region Heilbronn-Franken?
Die Region hat derzeit rund 930.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Diese Zahl hat in den vergangenen zehn Jahren um immerhin knapp 64.000 zugenommen. Mit der starken Dynamik ging aber auch eine deutliche Alterung einher: Um die Jahrtausendwende lag das Durchschnittsalter der Bevölkerung in der Region noch bei knapp 40 Jahren, heute sind es annähernd 44 Jahre.
Dabei gibt es deutliche Unterschiede: Die jüngste Bevölkerung lebt in Wolpertshausen (Kreis Schwäbisch Hall) mit im Schnitt knapp 40 Jahren. Die ältesten Einwohner haben Werbach, Külsheim, Königheim sowie die Stadt Freudenberg (Main-Tauber-Kreis), in denen die Bevölkerung im Schnitt gut 46 Jahre alt ist.
Geburtenrate ist etwas gestiegen, aber zu niedrig

Entscheidende Faktoren für den demografischen Wandel sind die Altersstruktur zu einem bestimmten Zeitpunkt, Geburten und Sterbefälle sowie Zu- und Abwanderung.
Was die Geburtenhäufigkeit betrifft, so war diese in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zu gering. Rund vier Jahrzehnte lang fehlte jedes Jahr etwa ein Drittel der Geburten, die nötig gewesen wären, um den Bevölkerungsbestand ohne Zuwanderungen konstant zu halten.
Erfreulich war, dass die Geburtenrate in den letzten Jahren wieder etwas angestiegen ist. Sie lag in der Region Heilbronn-Franken im Jahr 2021 bei immerhin annähernd 1,8 Kindern je Frau und damit höher als im Landesdurchschnitt von gut 1,6. Um die Einwohnerzahl ohne Zuwanderung konstant zu halten, wäre aber eine Geburtenrate von 2,1 Kindern je Frau notwendig.
Männer und Frauen in der Region werden älter
Ein weiterer, erfreulicher Grund für die Alterung der Gesellschaft ist, dass die Menschen immer älter werden. Vor etwa 100 Jahren betrug die Lebenserwartung - vor allem wegen der sehr hohen Kindersterblichkeit - bei Frauen 48 und bei Männern lediglich 45 Jahre.
Dagegen werden Männer in der Region Heilbronn-Franken heute im Schnitt knapp über 79 Jahre und Frauen sogar 84 Jahre alt. Allerdings liegt die Lebenserwartung in der Region etwas niedriger als im Landesdurchschnitt.
Azubis und Studierende verändern den Altersdurchschnitt
Auch das Wanderungsgeschehen, das regional sehr unterschiedlich ist, spielt eine entscheidende Rolle für den demografischen Wandel. Die Alterung ist seit dem Jahr 2000 in den Städten langsamer und in vielen kleineren Kommunen schneller verlaufen. Der Grund dafür ist, dass seit der Jahrtausendwende verstärkt junge Menschen zur Ausbildung und zum Studium in die Städte gezogen sind.
So hat sich das Durchschnittsalter der Bevölkerung in der Universitätsstadt Heilbronn seitdem lediglich um ein Jahr erhöht, in Werbach, Külsheim, Königheim sowie die Stadt Freudenberg, den Kommunen mit der ältesten Bevölkerung in der Region, dagegen um sechs, beziehungsweise sieben Jahre.
Region Heilbronn-Franken wird bis 2040 wahrscheinlich an der Millionenmarke kratzen
Die Bevölkerung der Region Heilbronn-Franken wird laut Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Landesamtes von 916.000 zum 31.12.2020 bis zum Jahr 2040 auf über 954.000 steigen. Das ist ein Anstieg um 4,2 Prozent. Im Land liegt dieser Wert bei 2,9 Prozent, folglich fällt der erwartete Anstieg in Heilbronn-Franken weit überdurchschnittlich aus.
Für den Stadtkreis Heilbronn werden die höchsten Zuwächse vorausberechnet: Ausgehend von rund 126.000 Personen im Jahr 2020 wird die Bevölkerung um 5,7 Prozent auf knapp 134.000 bis zum Jahr 2040 steigen. Der niedrigste Bevölkerungszuwachs ist für den Main-Tauber-Kreis zu erwarten. Dort wird die Bevölkerung von annähernd 133.000 auf knapp 136.000 zunehmen, ein Plus von 2,4 Prozent.
Für den Landkreis Heilbronn wird erwartet, dass sich die sehr positive Bevölkerungsentwicklung in der nahen Zukunft fortsetzt. Von 1970 bis heute hat die Bevölkerung dort um mehr als die Hälfte zugenommen (Land: plus 32 Prozent). Im Jahr 2040 könnte die Bevölkerung im Landkreis Heilbronn von 346.000 Menschen im Jahr 2020 auf rund 361.000 ansteigen. Für die Landkreise Schwäbisch Hall und Hohenlohe wurde eine Zunahme von 4,3 und 4,0 Prozent vorausberechnet.
Zur Person
Anke Rigbers ist seit Januar 2021 Präsidentin des Statistischen Landesamtes. Zuvor war sie seit 2007 Stiftungsvorständin der Evaluationsagentur Baden-Württemberg. Seit März 2018 ist sie Vorsitzende des Hochschulrates der HAW Heilbronn, dem sie seit März 2015 als Mitglied angehört. Rigbers wurde in Delmenhorst geboren, studierte Haushaltswissenschaft an der Uni Hohenheim und in Wageningen, Niederlande. 1999 promovierte sie.
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