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Gastbeitrag: Appell für mehr Solidarität

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Uta-Micaela Dürig vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg fordert neue und bessere Lösungen, um Menschen zu integrieren und dem Problemen wie dem Arbeitskräftemangel zu begegnen.

Von Uta-Micaela Dürig
Uta-Micaela Dürig vom Paritätischen Wohlfahrtsverband.
Foto: Der Paritätische
Uta-Micaela Dürig vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Foto: Der Paritätische  Foto: Jaimee Moses

Zur Gast-Autorin

Uta-Micaela Dürig (Jahrgang 1964) ist seit 1. April 2023 Vorständin für Sozialpolitik beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg. Dürig absolvierte eine Ausbildung zur Redakteurin bei einer Tageszeitung in Westfalen. Es folgten Tätigkeiten als Redakteurin sowie als Führungskraft, unter anderem zwölf Jahre bei der Robert Bosch GmbH. Berufsbegleitend studierte sie Kommunikationswissenschaften und absolvierte eine Ausbildung zur Wirtschaftsmediatorin.


 

Der gesellschaftliche Zusammenhalt in Baden-Württemberg ist laut einer aktuellen Studie des Sozialministeriums im Vergleich zu 2019 deutlich zurückgegangen. Und das gemessen an allen relevanten Dimensionen wie soziale Netze, Vertrauen in Mitmenschen, Akzeptanz von Diversität, Identifikation, Vertrauen in Institutionen, Gerechtigkeitsempfinden, Solidarität und Hilfsbereitschaft, Anerkennung sozialer Regeln und gesellschaftliche Teilhabe.

Menschen in unterschiedlichen Lebens- und Altersphasen begleiten

Solidarität in der Gesellschaft wächst mit sozialer Gerechtigkeit. Deshalb müssen wir es schaffen, Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, zu hören, ihnen etwas zuzutrauen, sie einzubinden und zu integrieren. Dafür setzen wir uns als unabhängiger Wohlfahrts-Verband gemeinsam mit unseren über 900 Mitgliedsorganisationen und deren 130.000 Ehren- und Hauptamtlichen ein. Denn überall dort, wo Menschen aufgrund ihrer besonderen Lebensumstände Unterstützung durch die gesellschaftliche Solidargemeinschaft benötigen, gehen die sozialen Einrichtungen und Dienste stellvertretend mit der Vielfalt ihrer Angebote in diese Verantwortung der Gesamtgesellschaft hinein.

Hier werden Menschen in unterschiedlichen Lebens- und Altersphasen begleitet und bekommen tagtäglich professionelle und bedarfsgerechte Unterstützung, Rat, Wertschätzung und Emotionalität. Nicht umsonst ist die Freie Wohlfahrtspflege seit 70 Jahren ein fester Baustein der Verfassung Baden-Württembergs.

Einrichtungen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft bezeichnen die eigene Lage als angespannt

Alarmieren müsste jedoch, wenn Einrichtungen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft die wirtschaft-liche Situation ihres Unternehmens als sehr angespannt bezeichnen. Sie immer häufiger und drastischer Leistungen zurückfahren müssen, weil die Kombination aus steigenden Ausgaben und sinkenden Erträgen nicht mehr wirtschaftlich gestemmt werden oder kein Fachpersonal mehr gefunden werden kann.

Dabei bräuchten wir die Menschen in der Sozialwirtschaft in Baden-Württemberg gerade jetzt! Denn die gesellschaftlichen Herausforderungen sind komplex: Allein 2021 galten im Ländle 16,5 Prozent der Einwohner als armutsgefährdet, in Heilbronn-Franken 13,2 Prozent. Was ältere Menschen betrifft, werden im Jahr 2035 rund 20 Millionen Menschen älter als 66 sein. Bis 2040 werden rund 320.000 stationäre Pflegeplätze und bis 2035 in der Langzeitpflege mehr als 300.000 Pflegekräfte fehlen.

Nicht wegschauen, sondern sich einsetzen für mehr Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit

Gesellschaftlicher Zusammenhalt wird gestärkt, wenn wir nicht wegschauen, sondern uns alle für mehr Chancengleichheit und Gerechtigkeit, Solidarität, Partizipation, Toleranz, Bildung und menschenwürdiges Altern einsetzen. Dabei kann helfen, Mehrwert aus Vielfalt zu generieren, Digitalisierung verstärkt zu nutzen, Nachhaltigkeit sozial gerecht auszubauen und Allianzen zu schmieden, um Personalgewinnung und -bindung in der Sozialwirtschaft zügig zu fördern. Denn ohne die sozialen Berufe können auch die dringend benötigten Arbeitskräfte im Handwerk und im Handel oder in der Industrie nicht in Vollzeit arbeiten, weil die Kitaplätze fehlen oder der Pflegeplatz nicht belegt werden kann.

Endlose Anerkennungsschleifen für Fachkräfte aus dem Ausland beenden

In engem Schulterschluss mit anderen Verbänden, auch aus der Wirtschaft, mit Ministerien, Kommunen und den Betroffenen selbst stehen wir für eine gerechtere, demokratische und solidarische Gesellschaft ein. Gemeinsam entwickeln wir neue Lösungen, die Armut in Baden-Württemberg bekämpfen und dem dramatischen Fachkräftemangel entgegenwirken: Damit beispielsweise ausländische Pflegekräfte nach bestandener Ausbildung in Deutschland nahtlos beschäftigt werden können und nicht bis zu sechs Monate erneute Anerkennungsschleifen drehen müssen.

In unserem Jubiläumsjahr geht es uns weiterhin um jeden einzelnen Menschen und die Menschenwürde und -rechte. Dazu gehören die Einführung einer Pflegevollversicherung und armutsfesten Kindergrundsicherung, ein Bürgergeld, das zum Leben reicht und eine soziale Wohnraumversorgung. Denn nachweislich sind Gesellschaften mit gutem sozialem Zusammenhalt friedlicher, toleranter und produktiver. Sie sind offener für Innovationen und besser in der Bewältigung neuer Herausforderungen. Worauf warten wir also? Räumen wir Hemmnisse aus der Welt - jetzt! Wir helfen und denken gerne mit - seit 75 Jahren. Laden Sie uns gerne zur Entwicklung von Problemlösungen ein!

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