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Neapel
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Vulkanische Erdbeben bei Neapel bereiten Sorgen

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Unter den Phlegräischen Feldern haben die Erschütterungen zugenommen und der Boden hebt sich schneller. Vulkanologen intensivieren ihre Beobachtungen.

Die Phlegräischen Felder aus der Luft: Statt eines Kegels gibt es hier viele einzelne Krater. Vorne rechts die Hafenstadt Pozzuoli.
Foto: Istinuto Di Vulcanologia
Die Phlegräischen Felder aus der Luft: Statt eines Kegels gibt es hier viele einzelne Krater. Vorne rechts die Hafenstadt Pozzuoli. Foto: Istinuto Di Vulcanologia  Foto: Istinuto Di Vulcanologia

Erdstöße sind rund um Neapel eigentlich nichts Besonderes. Im Osten der Stadt erhebt sich der Vesuv, der zuletzt 1944 aktiv war. Von Süden drückt der afrikanische Kontinent gegen Italien, von Nordosten ist es der Adriatische Sporn - Geowissenschaftler sind sich bloß nicht einig, ob es sich dabei um einen Teil der Afrikanischen Platte oder eine eigene, kleine Scholle der Erdkruste handelt. Nun aber sorgen ganz andere Erschütterungen für Unruhe: Seit Monaten schon bebt es in den Phlegräischen Feldern. Und Häufigkeit und Stärke nehmen zu.

Bislang letzter Ausbruch 1538

Der Name der Landschaft deutet schon darauf hin, dass es hier ebenfalls vulkanisch zugeht: "Campi Phlegraei" heißt so viel wie "Brennende Felder", und das trifft den Kern der Sache. Das Areal ist eine 130 Quadratkilometer große, zur Hälfte im Meer versunkene vulkanische Caldera, ein Einbruchskessel, gespickt mit Kratern und Aschekegeln. Der jüngste entstand 1538, verschüttete die Siedlung Tripergole und erhielt den Namen Monte Nuovo, also Neuer Berg. Nun scheint es so, als ob bald schon ein noch neuerer Berg entstehen könnte.

270 Erdbeben in einer Woche

Erst am Montag hatte die Erde mit der Stärke 4,0 gebebt, der Herd lag in nur 2,6 Kilometer Tiefe. Das Vulkanologische Institut Italiens INGV registrierte für die Woche vom 25. September bis 1. Oktober insgesamt 270 Beben in maximal fünf Kilometer Tiefe. Seit 2011 hat sich der Boden der Region um bis zu 110 Zentimeter gehoben, dabei um 25 Zentimeter seit Januar 2022 - und die Rate beschleunigt sich, so die Angaben im jüngsten Wochen-Bulletin des Instituts. Eine Heiße Quelle in dem Gebiet hat inzwischen die Temperatur von 95 Grad erreicht.

Immerhin erwarten die Wissenschaftler keine plötzliche Änderung der Lage am Vulkan: "Es gibt keine Elemente, die kurzfristig auf signifikante Entwicklungen hindeuten", schreiben sie.

Bevölkerung ist beunruhigt

Die immer häufiger zu spürenden Erdstöße haben aber unter der Bevölkerung von Neapel und den westlich davon liegenden Städten für Unruhe gesorgt. In den sozialen Medien wird schon ein baldiger Vulkanausbruch erwartet. Ältere Einwohner von Pozzuoli, einer Stadt mitten in dem Vulkankessel, können sich noch gut daran erinnern, dass sie Anfang der 80er Jahre ihre Heimatstadt verlassen mussten, als sich der Boden 1982 bis 1984 um 1,80 Meter hob und Teile der Altstadt beschädigt wurden sowie Hafenanlagen trocken lagen. Auch 1969 bis 1972 hob sich die Erde in der Region. Beide Male folgte aber wieder ein Absinken. Diesmal registrieren die Wissenschaftler ein immer stärker werdendes Anheben seit 2005. Das berühmte Macellum von Pozzuoli, dessen Säulen mehrere Meter hoch von Bohrkernmuscheln durchlöchert sind und somit einen Beweis für Hebungen und Senkungen seit der Römerzeit darstellen, liegt seit Jahren trocken.

Potenzial für einen Supervulkan

Atmet der Vulkan also bloß - oder bahnt sich da mehr an? Und falls ja - was könnte passieren? Ein einfacher Ausbruch wie einst mit dem Monte Nuovo wäre die milde Variante: Damals kehrte schließlich nach einer Woche wieder Ruhe ein. Die vielen großen Krater in dem Gelände und das Fehlen eines zentralen Kegels weisen aber darauf hin, dass es auch wesentlich heftiger werden kann. Nicht umsonst gelten die Phlegräischen Felder als sogenannter Supervulkan. An diesen etwa 20 Stellen auf der Erde, darunter der Yellowstone in den USA oder der Toba-See auf Sumatra, haben sich die stärksten Ausbrüche der vergangenen Million Jahre ereignet. An den Phlegräischen Feldern werden die Eruptionen vor 39.000 und vor 15.000 Jahren in diese Kategorie eingeordnet. Der ältere dieser beiden Ausbrüche gilt als der heftigste im Mittelmeerraum, zwei Drittel von Kampanien wurden unter vulkanischem Material begraben. Damals brach der Golf von Pozzuoli ein, das Meer flutete einen Teil des vulkanischen Kessels. Vor 15 000 Jahren wurden erneut etwa 1000 Quadratkilometer verwüstet. Solch ein Ereignis würde heute unvergleichliche Schäden in und um Neapel anrichten. Aber noch schlagen die italienischen Vulkanologen nicht Alarm. Sie beobachten die Lage nur aufmerksamer als je zuvor.

 
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