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Unterschätzte Gefahr? Das macht Alkohol mit Ihrer Gesundheit

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Für viele Menschen gehört ein Glas Wein oder eine Flasche Bier ab und zu einfach dazu. Doch Alkohol kann nicht nur abhängig machen, sondern auch krank. Ab wann muss man sich Sorgen um die Gesundheit machen?

von dpa und unserer Redaktion

Wein zum Essen, Bier mit Freunden und am Geburtstag wird mit Sekt angestoßen? Das ist nett und gesellig, birgt aber auch Risiken. Um es einmal klar zu sagen: "Alkohol ist eine giftige Substanz für die Körperzellen", sagt Ivo Grebe, Vorstandsmitglied im Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten.

Was passiert also in unserem Körper, wenn wir zu Wein, Bier und Schnaps greifen? Gibt es eine bestimmte Menge, die noch unbedenklich ist? Oder sollten wir es besser ganz lassen?

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Alkoholkonsum:

Was passiert im Körper, wenn wir Alkohol trinken?

Schon bevor wir ihn geschluckt haben, nimmt unser Körper Alkohol über die Mundschleimhaut auf. Dann geht es weiter. "Der Alkohol wandert über den Magen in den Darm und wird dort aufgenommen, gelangt vom Darm in die Blutbahn und wird in der Leber verstoffwechselt", erklärt Ivo Grebe. Die ersten Folgen merkt man schon nach wenigen Minuten.

"Wenn ich Alkohol trinke, muss ich davon ausgehen, dass er in erster Linie eine Wirkung auf das Gehirn, auf das Bewusstsein, auf die Konzentrations- und die Reaktionsfähigkeit entfaltet", sagt Grebe. Der Grund: Im Gehirn wird unter anderem der Botenstoff Dopamin ausgeschüttet - unser Belohnungszentrum wird aktiviert. Man erwartet einen leichten Rausch und fühlt sich ausgelassener.

Zusätzlich hat Alkohol eine dämpfende Wirkung auf das Gehirn. "Alkohol wandert über die Blut-Hirn-Schranke und verändert die Funktion der Nervenzellen", so Grebe. Schon ab etwa 0,2 Promille Alkohol im Blut, also etwa nach einem kleinen Bier, können Sie sich schlechter konzentrieren. Die Koordinations- und die Sehfähigkeit lassen nach. Ab etwa einem Promille Alkohol im Blut hapert es auch mit dem Gleichgewicht. Sie beginnen vielleicht, undeutlich zu sprechen.

Trinken Sie weiter, kommt es etwa zu Gedächtnisstörungen – der berüchtigte Filmriss. Sie haben Erinnerungslücken.
Gut zu wissen: Der Abbau von Alkohol beginnt in der Magenwand. Etwa sechs Prozent werden unverändert ausgeatmet und über Haut und Nieren ausgeschieden. Doch den Großteil der Arbeit erledigt unsere Leber. Sie baut etwa 90 Prozent des Alkohols mithilfe von Enzymen ab.


Wann bekomme ich eine Alkoholvergiftung?

Eine klare Promillegrenze gibt es nicht. "Alkohol ist ein Zellgift, deshalb ist jeder Alkoholrausch bereits eine mehr oder weniger schwere Alkoholvergiftung", sagt Michaela Goecke von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA). Das beginne schon bei 0,1 Promille.

Je häufiger Alkohol in großen Mengen konsumiert werde, umso höher könne aber die individuelle Alkoholtoleranz sein. "Man bemerkt dann die Alkoholvergiftung nicht so deutlich." In Lebensgefahr befindet man sich ab rund drei bis vier Promille im Blut. Dann kann etwa die Atmung aussetzen.

Schwere Alkoholvergiftungen sind übrigens nicht selten: Laut Statistischem Bundesamt wurden 2022 in deutschen Krankenhäusern 68.700 akute Vergiftungen durch Alkohol behandelt. 2019 waren es rund ein Drittel mehr.


Warum merken manche Menschen Alkohol schneller als andere?

Wie schnell und heftig Sie den Alkohol und seine akuten Folgen spüren, hängt von weiteren Faktoren ab:

1. Gut gegessen, gut geschlafen? Wer auf nüchternen Magen trinkt, kann laut Grebe schon nach einem Glas Bier Bewusstseins- oder Aufmerksamkeitsstörungen haben.

"Wenn man gut ausgeruht ist, der Magen etwas gefüllt ist, dann wird der Alkohol etwas langsamer verstoffwechselt», erklärt sie. «Deswegen sind die subjektiven Missempfindungen nicht so deutlich oder nicht so schnell spürbar." Langfristig weniger schädlich für den Körper ist Alkohol dann aber trotzdem nicht.

2. Was haben wir getrunken? «Süße, kohlensäurehaltige oder auch warme Getränke gehen schneller ins Blut», sagt die Ökotrophologin Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Der Grund: Der Alkohol kann in ihnen rascher über die Schleimhaut im Magen-Darm-Trakt aufgenommen werden.

3. Alter und Geschlecht Selbst wenn Frauen exakt so viel trinken wie Männer, ist die Alkoholmenge in ihrem Blut anschließend höher. "Das hat mit der geringeren Menge an Körperflüssigkeit zu tun", erklärt Professor Ulrich John. Er forscht in der Abteilung für Präventionsforschung und Sozialmedizin der Uni Greifswald zu den Folgen von Alkoholkonsum. Ältere Menschen erreichen ebenfalls schneller höhere Promillewerte. Denn mit dem Alter sinkt der Wasseranteil im Körper.

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen liefert folgende Formeln zur ungefähren Berechnung des Promillewertes im Blut:

  • Männer: getrunkener Alkohol in Gramm / (Körpergewicht in Kilogramm x 0,7)
  • Frauen: getrunkener Alkohol in Gramm / (Körpergewicht in Kilogramm x 0,6)

Beispiel: Demnach würden drei kleine Gläser Bier (0,3 Liter) mit je etwa 12 Gramm reinem Alkohol bei einem 70 Kilogramm schweren Mann zu einem Promillewert von 0,73 führen. Bei einer Frau wären es bei gleicher Alkoholmenge und gleichem Gewicht 0,86 Promille.

Übrigens: Auch der Alkoholgehalt im Blut sinkt bei Frauen langsamer, nämlich durchschnittlich um 0,13 Promille pro Stunde. Bei Männern sind es etwa 0,15 Promille pro Stunde. Das liegt daran, dass Frauen meistens weniger alkoholabbauende Enzyme in der Leber haben.

Tipp: Berechnen können Sie das auch mit dem Promillerechner der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.


Wie viel Alkohol ist gesundheitlich vertretbar?

An dieser Frage scheiden sich auch Experten. Der britische Gesundheitsdienst NHS empfiehlt etwa, maximal 14 Einheiten Alkohol pro Woche zu trinken – das entspricht immerhin rund zehn kleinen Gläsern Wein. Gar nicht so wenig.

Ein internationales Forscherteam rät in einer 2022 in der Fachzeitschrift «The Lancet» veröffentlichten Studie: Frauen unter 40 Jahren sollten höchstens zwei Esslöffel Wein oder 100 Milliliter Bier pro Tag trinken. Bei Männern unter 40 sind es nicht mehr als ein Schnapsglas Bier oder zwei Teelöffel Wein. Also praktisch nichts.

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) gibt diese Empfehlung:

  • Männer: Nicht mehr als 24 Gramm Reinalkohol pro Tag. Das entspricht ca. 0,6 Litern Bier oder 0,3 Litern Wein.
  • Frauen: Nicht mehr als 12 Gramm Reinalkohol pro Tag. Das entspricht ca. 0,3 Litern Bier oder 0,15 Litern Wein.
  • Sie sollten zwei alkoholfreie Tage pro Woche einlegen.

"Wir können nicht sagen, das ist die absolut risikolose Menge", sagt Christina Rummel, Geschäftsführerin der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. "Sondern es ist relativ risikoarm, wenn man sich in diesen Grenzwerten bewegt."

Wichtig: Nicht schummeln, indem Sie etwa vier Tage nichts trinken und die übrigen dafür mehr. "Man kann es sich nicht aufsparen fürs Wochenende", warnt Rummel. Alkoholforscher John rät, noch unter dieser Menge zu bleiben: "Egal wie viel Sie trinken, ob Sie viel oder wenig trinken, reduzieren Sie Ihren Konsum, wenn Sie etwas für Ihre Gesundheit tun möchten. Und optimal ist es, abstinent zu leben."

 

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