Berlin
Lesezeichen setzen Merken

Hangar 7 soll Alliiertenmuseum eine neue Heimat bieten

   | 
Lesezeit  4 Min
Erfolgreich kopiert!

Er ist Symbol der Freiheit, ein Mythos der Berliner Geschichte: der Flughafen Tempelhof. Das Alliiertenmuseum, so der Plan, soll hier in einigen Jahren ein neues Zuhause finden.

von Hans-Jürgen Deglow
Vision für die zukünftige Dauerausstellung im Hangar 7 des Flughafens Tempelhof 
Vision für die zukünftige Dauerausstellung im Hangar 7 des Flughafens Tempelhof   Foto: Simulation: AlliiertenMuseum

Auf dem Tempelhofer Flughafen landeten während der sowjetischen Berlin-Blockade Hilfsflugzeuge der Alliierten und entluden ihre wertvolle Fracht: Kleidung, Brennstoff – und vor allem Lebensmittel. Als Rosinenbomber sind die Flugzeuge der Luftbrücke berühmt geworden. Erinnert wird ihrer und den mutigen Besatzungen aber nicht in den Hallen des stillgelegten Flughafens, sondern im weiter westlich gelegenen Berliner Stadtteil Dahlem, an der Clayallee, benannt nach dem „Vater der Luftbrücke“, General Lucius D. Clay. An dieser Allee residierte das US-Hauptquartier, das Museum selbst ist im ehemaligen US-Kino Outpost beheimatet. Nun konkretisiert sich ein großer Plan: Das Alliiertenmuseum, das die Geschichte der Westmächte in Berlin von 1945 bis zu ihrem Abzug 1994 erzählt, soll von Dahlem nach Tempelhof umziehen: in den riesigen Hangar 7.

Eine Vision im Zeichen der Freiheit

Dieses schon lange angedachte Vorhaben wurde nun erstmals visualisiert. Am derzeitigen Standort des Alliiertenmuseums ist eine Sonderausstellung eröffnet worden. Ihr Titel „Im Zeichen der Freiheit – unsere Vision für das neue Alliiertenmuseum am Flughafen Tempelhof“. Die Schau zeigt, welchen Mehrwert das alte Flughafengebäude Tempelhof bieten könnte. Auch wegen der zentralen Lage nahe Berlin-Mitte könnte die Besucherzahl von derzeit etwa 70.000 pro Jahr in Dahlem auf rund 360.000 Menschen am neuen Standort steigen, schätzen die Initiatoren. Das Alliiertenmuseum ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein. Dem Verein gehören sieben Mitglieder an: Deutschland, die USA, Großbritannien, Frankreich, das Land Berlin, die Stiftung Deutsches Historisches Museum in Berlin sowie das Institut für Zeitgeschichte mit Sitz in München und Berlin. Das Alliiertenmuseum wird durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.

Weil das 1998 eingeweihte Museum die Präsenz der Westmächte USA, Großbritannien und Frankreich in Berlin erzählt, kamen auch Vertreter aus diesen Ländern und aus Kanada zur Ausstellungseröffnung in die Clayallee.


Mehr zum Thema

Der ehemalige Luftbrückenpilot Gail Halvorsen ist mit 101 Jahren gestorben.
Stimme+
Provo (dpa)
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

«Rosinenbomber»-Pilot mit 101 Jahren in den USA gestorben


Transatlantik-Koordinator Link: Bündnissysteme sichern Demokratie

In Tempelhof werden im Rahmen der Berliner Luftbrücke Flugzeuge der U.S. Air Force entladen.
In Tempelhof werden im Rahmen der Berliner Luftbrücke Flugzeuge der U.S. Air Force entladen.  Foto: U.S. Air Force

Für die Berliner sei der Anflug der Maschinen im kollektiven Bewusstsein als „Geräusch der Freiheit“ verankert, sagte Museumsdirektor Jürgen Lillteicher bei der Eröffnung der Ausstellung. Die Hauptrede hielt der Heilbronner FDP-Politiker Michael Link, Koordinator der Bundesregierung für Transatlantische Beziehungen. Mit Blick auf die aktuelle Lage in Europa sagte er: „Der russische Angriffskrieg zeigt, dass sich fundamentale Werte gegenüberstehen. Demokratie versus Diktatur, Freiheit versus Unfreiheit, Rechtsstaat versus Willkürherrschaft.“ Die Botschaft des Museums, so Link, „dass nur internationale Bündnissysteme Frieden, Freiheit und Demokratie sichern können, ist damit brandaktuell. Denn wo stünden wir jetzt, wären wir nicht in EU und Nato eingebunden, würden wir uns nicht aktiv in diesen Bündnissen einbringen?“ Dass die Regierungen der ehemaligen Westmächte das Museum aktiv unterstützten, zeige zudem den hohen Wert, „den unsere Verbündeten dem Thema beimessen. Auch für sie ist es ein Ort, an dem sie sich auch selbst ihrer Rolle in Berlin und Deutschland vergewissern."

Aus Sicht von Direktor Lillteicher gründet die im Museum dargebotene Erzählung auf der Epoche des Kalten Krieges, sei zugleich Gegenwart und Zukunft zugewandt. Deshalb soll das Museum nach dem Umzug auch die Geschichte einer Gesellschaft erzählen, die geteilt war zwischen Ost und West, die aber „nach der NS-Diktatur und dem Kalten Krieg zu einer neuen, demokratischen Identität fand“. Tempelhof bietet hier eine besondere Projektionsfläche. Erbaut in der NS-Zeit, ist es eben heute starkes Symbol der Freiheit.

 


Mehr zum Thema

Der Flugplatz Berlin-Gatow 1948. Hier flogen die West-Alliierten nicht nur Fracht ein, um Berlin während der Blockade zu versorgen. Auch Menschen konnten auf diesem Weg die Hauptstadt verlassen, wie Ursula Herzig.
Foto: Archiv/UPI/dpa
Stimme+
Flein
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Zeitzeugin aus Flein wurde einst im Rosinenbomber ausgeflogen


Zeugnisse der Luftbrücke

Transatlantik-Koordinator Michael Link bei seiner Rede.
Transatlantik-Koordinator Michael Link bei seiner Rede.  Foto: Berno Buff/Alliiertenmuseum

Es sei „eine Ausstellung über eine Ausstellung, die noch nicht existiert“, erklärte Kuratorin Uta Birkemeyer zur nun eröffneten Schau. Am neuen Standort in Tempelhof hätte der Verein viel mehr Platz, um kleine wie große Objekte in einem stärkeren Licht zu präsentieren: Dankesbriefe von Kindern an die Piloten der „Candy-Bomber“, die frühere Kontrollbaracke vom Grenzübergang Checkpoint Charlie, Jeeps, ein Transportflugzeug der Luftbrücke. Der Hangar 7 ist zwar schon lange reserviert, doch bis zu einem Einzug könnte es noch dauern. Spätestens 2034 soll die Eröffnung über die Bühne gehen. Allerdings: Die Finanzierung ist noch nicht endgültig geklärt.

Der Bundestag hatte zwar schon 2015 auf Basis eines Erstkonzepts rund 27 Millionen Euro zugesagt, aber seither ist nicht viel passiert. Inzwischen wurden laut Museumsleitung ein detaillierter Masterplan erarbeitet und eine fundierte Kostenermittlung samt Teuerungsraten erstellt. „Direktor Lillteicher: „Schon lange ist das neue Alliiertenmuseum in der Diskussion, aber immer noch nicht final auf die Schiene gebracht.“ Leider komme das Projekt nicht voran, weil die erforderlichen Gelder nicht im Bundeshaushalt eingestellt seien.

Alliiertenmuseum soll ein „Ankermieter“ sein

Zur Umsetzung seiner Pläne in Tempelhof brauche das Alliiertenmuseum einen „langen Atem“, so Uta Birkemeyer. Wenn der Bundestag die Mittel endgültig bewilligt habe, könnte von 2024 bis 2025 ein Architekturwettbewerb zur Gestaltung des Hangars veranstaltet werden. Eine Sprecherin aus dem Haus von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) teilte laut „Berliner Zeitung“ mit, die Kulturstaatsministerin setze sich dafür ein, das Alliiertenmuseum erfolgreich als „Ankermieter“ in den Tempelhofer Gebäudekomplex „zu implementieren“. Und: „Für dieses Gelingen müssen allerdings weitere gemeinsame Anstrengungen mit dem Land Berlin als Eigentümer der Immobilie unternommen werden.“ Damit das Alliiertenmuseum in den Hangar 7 einziehen kann, muss der Bund das Gebäude vom Land Berlin anmieten.

 


Mehr zum Thema


Der letzte Linienflug ging nach Mannheim

Der Flughafen Tempelhof war im Jahr 2008 geschlossen worden, der letzte reguläre Linienflug ging mit einer Dornier 328 nach Mannheim. Die derzeitigen Pläne für das Gebäude sehen vor, dass es zu einem „Zukunftsort und neuem Stadtquartier für Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft mit öffentlicher Infrastruktur und öffentlichen Nutzungen“ werden soll. Rund 63 Prozent (127.000 Quadratmeter) von insgesamt 200.000 Quadratmetern sind bereits vermietet.

Das ab 1936 entstandene Flughafengebäude war nach seiner Fertigstellung 1941 mit einer Bruttogeschossfläche von 307.000 Quadratmetern für zwei Jahre das flächengrößte Gebäude der Welt, ehe es vom Pentagon abgelöst wurde. Die Gesamtlänge des bogenförmigen Teils des Gebäudes beträgt etwa 1,2 Kilometer, es ist damit eines der längsten Gebäude Europas. Die Berliner Luftbrücke diente der Versorgung des Westteils durch Flugzeuge der Westalliierten, nachdem die Sowjets die Land- und Wasserwege nach West-Berlin vom 24. Juni 1948 bis 12. Mai 1949 durch die Berlin-Blockade gesperrt hatten. Insgesamt verunglückten während der 280.000 Flüge 78 Menschen (39 Briten, 31 Amerikaner und acht Deutsche) tödlich. Oft unerwähnt bleibt in der Erinnerung an die Luftbrücke die Bedeutung des Flugplatzes Gatow, weit im Westen Berlins gelegen. Heute befindet sich dort das Militärhistorische Museum.

 

 

  Nach oben