In der Reha und darüber hinaus den Fokus auf die Rumpfstabilität zu legen, zahlt sich aus. Auf jedem Niveau. Das erleben Bernd Steinhoff und seine Kollegen regelmäßig. Erst kürzlich wieder bei einem Bundesliga-Triathleten, der bei ihnen in Behandlung ist. Die Stabilitäts-Übungen hätten sich sehr positiv auf dessen Lauftechnik ausgewirkt. „Obwohl er auf einem sehr hohen Niveau war, hat er das Upgrade schnell gespürt“, sagt Bernd Steinhoff. Eine gut entwickelte Rumpfmuskulatur überträgt die Kraft optimal, lässt jeden am Ende besser und schneller laufen.
Nach Verletzung: So gelingt der sichere Wiedereinstieg ins Lauftraining
Der Weg zurück ins Training nach einer Knie-OP geht bei Hobbyläufern nicht über den Körper allein. Sondern auch über den Kopf. Welche Herausforderung Sportler dabei meistern müssen, erklärt Reha-Trainer Bernd Steinhoff.

Bernd Steinhoff spricht aus Erfahrung: Als Hobbyläufer, der selbst schon mit einigen Verletzungen zu kämpfen hatte und als Reha-Trainer, der vom verletzten Sportprofi bis hin zum handelsüblichen Läufer schon jeden Typ auf seiner Matte hatte. „Ich verstehe jeden, der nach einer Verletzung oder Operation schnell wieder laufen will“, sagt er. Doch der Weg zurück ins gewohnte Training geht nicht nur über den Körper selber. Sondern in aller Regel auch über den Kopf.
Denn der wichtigste Schlüssel dabei ist Geduld. Als Hobbysportler, der sich nahezu jeden Tag in irgendeiner Form bewegt, ist auch Steinhoff nur bedingt damit gesegnet. „Wenn ich bei unseren Physios in Behandlung wäre, würden die mich wahrscheinlich als sehr schwierigen Fall bezeichnen“, sagt der Reha-Leiter der TSG Hoffenheim. Dabei weiß es der studierte Sportwissenschaftler selbst am besten.
Lauftraining nach einer Verletzung: Ein einfacher Test kann schnell Aufschluss geben
„Ich höre selber jede Woche die Frage: Wann kann ich wieder laufen?“, sagt Bernd Steinhoff. Inzwischen geht er darauf nicht mehr groß ein, lässt ab einer gewissen Phase der Genesung den Körper des Patienten antworten: mit einbeinigen Sprüngen. Also: mit links hochspringen und landen, dasselbe dann mit rechts. „Wenn jemand mit der verletzten Seite wieder so gut wie mit der gesunden springen kann, dann können wir auch übers Laufen reden“, sagt er. Zuvor aber steht nach einem Eingriff die Wundheilung an.
Erst wenn die Strukturen repariert und die Entzündungen nahezu weg sind, beginnt das funktionale Training mit Stabilisierung und Kräftigung. Wie lange das dauert, ist individuell natürlich höchst unterschiedlich, hängt von der Art der Verletzung und vom Heilungsverlauf ab. Und auchvon der Frage, von welchem Niveau der Patient komme. Ist diese Phase abgeschlossen, der einbeinige Sprungtest beispielsweise bestanden, geht es wieder ans Laufen.
Wiedereinstieg ins Lauftraining nach Verletzung: Vor dem ersten Laufschritt ist der Kopf gefordert
Aber sicher nicht im gewohnten Stil. „Gleich mit 30 oder 40 Minuten am Stück loszulegen, ist keine gute Idee“, sagt der Sportwissenschaftler. Bevor ein Schritt gesetzt wird, ist der Kopf dran: „Ich muss versuchen, mich von jeglichem Ego zu befreien.“ Was vorher war, zählt nicht. Reha-Trainer Steinhoff empfiehlt seinen Patienten, mit kleinen, lockeren Laufintervallen anzufangen. „Fünf mal zwei Minuten mit Gehpausen dazwischen.“ Mehr nicht.

Das mag für einen geübten Läufer keine große Herausforderung darstellen, für die verletzte Körperregion schon. Wird beispielsweise das Knie überfordert, schleicht sich eine falsche Technik ein. „Das führt dann schnell zu einer Überlastungsreaktion“, sagt Bernd Steinhoff. Überhaupt ist diese Phase kritisch: „Wenn ich zu schnell steigere, riskiere ich eine Entzündung - das kann mich Wochen zurückwerfen.“
„Wenn ich zu schnell steigere, riskiere ich eine Entzündung - das kann mich Wochen zurückwerfen.“Bernd Steinhoff
Wem die ersten Laufintervalle nicht genug sind, „setzt sich anschließend aufs Fahrrad und kann dann die Trainingszeit auffüllen.“ Sofern aus ärztlicher Sicht nichts dagegen spricht, mache es ohnehin Sinn, die Fitness während der Reha über leichtes Radfahren oder Schwimmen aufrechtzuerhalten. „Alternative Bewegungen sind positiv, sie managen die Entzündung im Körper und beschleunigen die Heilung“, erklärt der Reha-Trainer.
Lauftraining: Erst Häufigkeit, dann Dauer und Intensität steigern
Und wie geht es mit dem Laufen weiter? Zunächst einmal heißt es nach den ersten Gehversuchen: in den Körper hineinhören. Wie reagiert das operierte Knie? „Es darf sich ein kleines bisschen schlechter anfühlen, aber binnen 24 Stunden sollte alles wieder wie vor dem Lauf sein“, sagt der Experte. Ist das der Fall, spricht nichts gegen einen erneuten Versuch - und mit der Zeit auch für eine langsame Steigerung der Intervalle.
Dabei gilt: „Erst steigere ich die Häufigkeit der Intervalle, dann die Dauer und dann die Intensität“, erklärt Bernd Steinhoff, der sich beim Laufen am liebsten auspowert. Er selber musste sich in Rehabilitationsphasen regelmäßig bremsen und daran erinnern, „nicht jedes Reha-Training als Wettkampf gegen mich selber“ zu sehen. Auch wenn das noch so schwerfällt. „Da kann ich mich gut in jeden Läufer reinversetzen.“