Ein moderner Geheimtipp im Winter
Am Samstagabend ist Michael Atassi wieder in seinem Element. Hier, wo alles begann, fiebert er vor dem Sky-Fernseher beim Bundesligaspitzenspiel mit. Ein ganz normaler Besucher im Bistro LaBrise, das er einst geleitet hat und das zum Seehotel Litz gehört.

Von unserem Redakteur Uwe Ralf Heer
Am Samstagabend ist Michael Atassi wieder in seinem Element. Hier, wo alles begann, fiebert er vor dem Sky-Fernseher beim Bundesligaspitzenspiel mit. Ein ganz normaler Besucher im Bistro LaBrise, das er einst geleitet hat und das zum Seehotel Litz gehört. Dabei ist er doch alles andere als ein ganz normaler Hotelchef am Bodensee: Der 32-Jährige leitet sowohl das Hotel Litz als auch das Schwesterhaus Seevital Hotel Schiff in Langenargen – und bringt dort das Kunststück fertig, mit den beiden neu gestalteten Wellness- und Designhäusern über den Winter hinweg Gäste anzulocken. Es ist ruhig in diesen Dezembertagen am Bodensee. Im Urlauberort Langenargen mit seinen 7000 Einwohnern geht es äußerst beschaulich zu. Fast alle Hotels und Pensionen haben geschlossen. Nur die beiden Häuser von Michael Atassi sind geöffnet und mit einer Auslastung von mehr als 70 Prozent bestens belegt. Wellness Viel hat sich getan in den beiden Traditionshotels, seit der Stuttgarter Unternehmer Boris Bosch (47) die Häuser übernommen, mit Michael Atassi eine gemeinsame GmbH gegründet und den jungen Betriebswirt als Geschäftsführer eingesetzt hat. Ein komplett neu gestyltes Ambiente, moderne Designerzimmer und ein kleiner, aber feiner Wellnessbereich locken die Gäste an. „Im Sommer sind wir hier immer komplett ausgebucht, im Winter muss man sich eben etwas einfallen lassen“, sagt Atassi. Nicht nur so mancher Gast ist hier hängen geblieben. Das gilt auch für den jungen Betriebswirt. Eigentlich wollte er nur einem Kommilitonen beim Eröffnen eines Cafés in Langenargen helfen. Der machte sich aber aus dem Staub, und Atassi leitete das Café alleine. Kurze Zeit später dann das Angebot, das LaBrise zu übernehmen – und schließlich die Hotel-Offerte. „Eines kam zum anderen, damit hatte ich nicht gerechnet“, erklärt der Tausendsassa vom Bodensee, der selten um einen lockeren Spruch verlegen ist.
Umgestaltung
Seither hat er in sieben Jahren gerade einmal zwölf Tage Urlaub gemacht. Denn nach der Umgestaltung des Hotels Litz (90 Betten), kaufte das Duo das Seevital Hotel Schiff – ein 112 Jahre altes Traditionshaus. Doch es war in die Jahre gekommen – für 3,5 Millionen Euro wurde das Hotel modernisiert. Jetzt gibt es hier in 50 Zimmern 100 Betten. Und der Altersschnitt ist mit 25 bis 50 Jahren noch deutlich jünger als im Sommer (35 bis 65).
Preiswert
Das liegt daran, dass man derzeit 35 Prozent weniger als zur Hochsaison bezahlen muss: Während im Doppelzimmer pro Person zu Hochzeiten zwischen 65 (mit Frühstück) und 85 Euro (mit Halbpension) bezahlt werden, gibt es dies im Dezember für 50 Euro pro Person. So ist auch der etwas quirlig-lockere Umgang und die Lebendigkeit am Morgen zu erklären – eine feste Tischzuordnung gibt es nicht. Damit schafft es Atassi aber, seinen Mitarbeiterstamm zu halten. „Das war immer das Problem. Viele machen im Winter zu, entlassen die Angestellten, und suchen im Frühjahr wieder neue. Das geht zu Lasten der Qualität“, sagt der humorvolle Boss, der immer getreu dem Motto „trial and error“ handelt. „Klar, war das am Anfang schwierig, und wir stehen noch auf zwei wackligen Beinen. Aber es läuft.“
Eingemummt
Beim Blick hinaus auf die Strandpromenade, auf der in diesen kalten Tagen dick eingemummte Gäste spazieren gehen, schaut Atassi auch über den eigenen Tellerrand hinaus. „Langenargen hat 7000 Gästebetten. Aber der Bodensee und seine Infrastruktur schlafen im Winter ein bisschen.“ Womit er weniger die vielen Angebote in direkter Nachbarschaft wie in Friedrichshafen oder Lindau meint. Nein, es geht ihm um die Offerten vor Ort. Er will mehr und treibt die Kollegen an. 80 Prozent der Gäste kommen aus Deutschland, die meisten aus dem süddeutschen Raum. Im Durchschnitt bleiben sie drei Tage. Und während man im Winter mit dem Blick auf die Schweizer Berge Ruhe und Entspannung sucht, geht es in den Sommermonaten wesentlich turbulenter zu. Dann macht hier direkt am Hotel die Bodenseeflotte Halt, die Radtouristen sorgen für Staus am See, und die Tagespendler verstopfen die Bundesstraße. Nichts von alledem ist jedoch in diesen Vorweihnachtstagen zu spüren.
Besonderes
Da geht’s dann mal auf den nahen Berg Pfänder in Bregenz, wo Schneetouren möglich sind. Oder man leiht sich die beiden schnellen Sportwagen aus, die Atassi den Besuchern anbietet. Immer auf der Suche nach dem Besonderen. Dazu gehört natürlich die Besichtigung von Schloss Montfort, das in direkter Nachbarschaft zum Hotel Schiff liegt und ein historisches Glanzlicht bietet. Kulinarisch setzen beide Hotels auf regionale Speisen. Im Litz gibt es ein À-la-carte-Restaurant mit Südtiroler und italienischem Schwerpunkt, im Schiff ist es eine bodenständig, frische und immer saisonal ausgerichtete Küche. Natürlich darf dabei der Bodensee-Felchen nicht fehlen. Die Kreationen sind lecker und sehr inspiriert. Ein weiteres Highlight sind Wanderungen mit Jürgen Nagurski. Der Wander-Guide beschützte einst den Bundesgeneralanwalt. Heute führt er mit seinem Hund Oskar die Gäste zu verborgenen Plätzen am See – etwa dahin, wo Biber aktiv sind. Oder er düst mit der Hotel-Jacht hinaus auf den See und serviert ein Sonnenaufgangs-Frühstück. Jede Menge Programm also in einem Ort, der im Winter – zu Unrecht – selten wahrgenommen wird. Preise und Angebote Das Seevital Hotel bietet etwa das Spezial „Romantik am See“/drei Tage ab 149 Euro pro Person auf Anfrage: www.seevital.de. Hotel Litz: Doppelzimmer in der Nebensaison ab 99 Euro zu zweit. Infos unter www.hotel-litz.de.