Urteil des EuGH: Mehr Sicherheit für Pauschalreisende
Der EuGH hat mit seinem Urteil für Klarheit gesorgt, in welchen Fällen Urlauber Anspruch auf Rückerstattung der Reisekosten haben. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.

Die Corona-Pandemie hat viele Wirtschaftszweige stark getroffen, besonders aber den Tourismus. Viele Urlauber stornierten gebuchte Reisen, als Folge gingen Reiseveranstalter insolvent. Jüngster Fall: Die Insolvenz des Branchenriesen FTI. Viele, die bereits gebucht hatten, mussten um ihre Urlaubsreise bangen. In Reisebüros der Region Heilbronn liefen die Telefone heiß.
Für die Rückerstattung der Reisekosten sind Insolvenzversicherer der Reiseveranstalter zuständig. Doch im Fall der Pandemie lehnten Versicherer das teils ab, der Grund: Die Reise hätte nicht aufgrund der Insolvenz nicht stattgefunden, sondern aufgrund des Reiserücktritts der Verbraucher. Heute hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) darüber entschieden, ob Verbraucher trotzdem mit der Rückerstattung ihrer Reisekosten rechnen können. Die wichtigsten Fragen im Überblick.
Wie lautet das Urteil des EuGH?
Der EuGH hat in seinem Urteil das Recht von Pauschalreisenden gestärkt. Demnach sind Reisende auch dann abgesichert, wenn Verbraucher aufgrund "unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstände von ihrer Reise zurücktreten und der Reiseveranstalter nach diesem Rücktritt insolvent wird“. Das bedeutet: Findet die Reise nicht statt, weil der Reisende seinen Urlaub erst storniert und der Veranstalter nach der Stornierung insolvent geht, ist die Rückerstattung trotzdem gewährleistet.
Was bedeutet das Urteil in Zukunft für Verbraucher?
"Wir haben durch das Urteil jetzt einfach Klarheit und Rechtssicherheit", sagt Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, für den das Urteil nicht überraschend ist. Ein weiteres Urteil hat der EuGH zum Thema Klagemöglichkeit von Verbrauchern gefällt und auch hier die Rechte der Reisenden gestärkt. Hier geht es darum, dass immer der Wohnsitz von Verbrauchern ausschlaggebend ist, das bedeutet: Klagt ein Reisender aus Stuttgart gegen ein Reiseunternehmen aus Hamburg, kann der Betroffene die Klage am Gericht in Stuttgart einreichen und muss das nicht in Hamburg tun.
Bei der Kostenübernahme wird häufig zwischen Pauschalreise und Einzelbuchung unterschieden. Was ist der Unterschied?
"Die Absicherung besteht nur für Pauschalreisen", erklärt Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. "Die Pauschalreise wird vom Gesetzgeber bewusst bessergestellt, wir kritisieren diesen Punkt seit Jahren." Die Individualreise, beziehungsweise Einzelbausteine einer Reise wie Hotel, Flug oder Mietwagen sind nicht abgesichert, wenn der Anbieter pleite geht. "Wir haben hier momentan eine Ungleichbehandlung, die nicht nachvollziehbar ist." Es gebe allerdings individuelle Insolvenzversicherungen, die man einzeln abschließen könne. Ob es eine Insolvenzversicherung für diese einzelne Reiseart gibt, muss jeweils im Einzelfall geprüft werden und auch, ob sich diese überhaupt lohnt.
Ist die Pauschalreise also grundsätzlich die sicherere Variante der Buchung? "Auf jeden Fall", so das Urteil des Experten. "Es gibt Fälle, in denen Pauschalreisen künstlich aufgespalten werden, das haben wir auch bei der FTI-Pleite erlebt", sagt Oliver Buttler weiter. In solchen Fällen werden beispielsweise Hotel und Mietwagen als Pauschalreise gewertet, der Flug aber als Einzelleistung bezahlt. Dadurch seien die Flüge nicht abgesichert gewesen. Diese Fälle könnte man vermeiden, indem der Gesetzgeber festlegt, dass "jede Reiseleistung insolvenzabgesichert ist". Gescheitert sei dieses Vorhaben aufgrund der Lobbyarbeit von Reiseanbietern.
Was sollten Reisende bei Buchungen besonders beachten?
Als Erstes sollte man den gewählten Anbieter gut überprüfen, rät Oliver Buttler, das heißt: Existiert der Anbieter tatsächlich, ist er seriös, sind im Netz Informationen über Erfahrungen mit diesem Anbieter zu finden? Es sei weiter ratsam nicht über Buchungsportale zu buchen, sondern direkt beim Reiseveranstalter. "Diese Portale sind nur Vermittler, die sich auch gerne aus der Haftung ziehen." Besonders bei Onlinebuchungen sollte man aufpassen, dass man nicht verschiedene Einzelrechnungen erhalte, denn damit sei die Absicherung für Pauschalreisen nicht mehr gewährleistet. "Sich gut zu informieren, ist bereits die halbe Miete."

Stimme.de