Der Volvo EX30: Ein neuer Dienstwagen für Captain Future
Kleines SUV, voll elektrisch: So geht der EX30 an den Start. Bis zu 475 Kilometer Reichweite sollen möglich sein mit vollem Akku.

Oh nein! Nach Tesla fängt jetzt auch Volvo damit an, sich das Tacho-Display zu sparen. Stattdessen gibt es hinter dem bauchig-unrund geformten Lenkrad nur eine kleine, dunkle Leiste. In der sitzen aber keine Anzeigen, sondern Augen, die den Fahrer beobachten. Blickt der zu lang zum Fenster hinaus, wird Alarm geschlagen. Schaut er zu lang zu seiner Angebeteten auf dem Beifahrersitz, wird wieder Alarm ausgelöst. Schöne neue Autowelt. Captain Future würde sich über den 4,23 Meter kurzen und damit kleinsten Volvo als Dienstwagen sicher freuen. Otto-Normal-User hingegen müssen so manche Kröte schlucken. Die Autostimme war mit dem Schweden aus China unterwegs.
Hersteller setzt auf Nachaltigkeit
Einen klassischen Schlüssel bietet Volvo nicht mehr an, Nutzer sollen ihren EX30 mit dem Smartphone öffnen und schließen. Eine sogenannte Key Card (im Kreditkarten-Format) dient lediglich als Reserve. Wer nach dem Einsteigen einen Startknopf sucht, wird nicht fündig. Den hat Volvo (wie schon beim elektrischen XC40/C40) ersatzlos gestrichen. Was es hingegen gibt, sind teilweise merkwürdige Dekor-Designs (zum Beispiel im Look eines gepunkteten PVC-Bodens) sowie einen lederfreien Innenraum mit betont hohem Einsatz von recyceltem Material. Früher galten Volvos vor allem als sicher - jetzt sollen sie auch als nachhaltig durchgehen. Und das Thema setzen die Schweden, beispielsweise bei den Sitzen, richtig gut um - ob Stoff-Look oder Fake-Tierhaut, die bequemen und top ausgeformten Frontsessel wirken so gar nicht Öko-like, machen optisch richtig was her und dürften so manchen Leder-Überzeugungstäter bekehren.
Etwas mehr als 300 Liter Volumen für den Kofferraum

Volvo sagt, im EX30 gibt es Platz für Fünf. Da ist wohl leider der Wunsch der Vater des Gedankens, denn eigentlich ist schon bei Zweien Schluss, wenn es sich dabei um langbeinige 1,90-Meter-Exemplare handelt. Sitzen die vorn, schmilzt der Knieraum im Fond auf maximal eine Handbreite. Okay - dass in der kompakten Opel Mokka/Hyundai Kona/New Smart-Klasse keine Raumwunder zu erwarten sind, war ja irgendwie klar. Was auch für den Kofferraum gilt: Der lässt sich dank Einlegeboden gut beladen, bietet aber nur etwas mehr als 300 Liter Volumen und eine deutlich zu tief stehende geöffnete Heckklappe, an deren Schloss sich besagte Langbeinige so manche Beule holen dürften. Autsch-Alarm!
Kaum noch Schalter und Knöpfe

Apropos Innenraum: Da gibt es kaum noch Schalter und Knöpfe. Gut (beziehungsweise nicht gut), das machen Wettbewerber auch so. Doch Volvo treibt das Konzept schon etwas auf die Spitze: Klima, Navi, Infotainment, Sitzheizung, Apps, Assistenten, Ein-Pedal-Modus - praktisch alles wird über den 12,3 Zoll großen, senkrecht stehenden Bildschirm in der Mitte gesteuert. Bei Dingen wie der Außenspiegelverstellung oder der Öffnung des (mittig platzierten) Handschuhfachs hätte man sich aber doch echte Tasten gewünscht. Alternativ gibt es Touch-Bedienelemente am Volant - strikt Fettfinger-freundlich und somit putzintensiv arrangiert. Auch warum die Fensterheber schlecht erreichbar in die mittlere Armauflage gewandert sind, haben wir uns während der Testfahrten nicht nur einmal gefragt. Ebenfalls ungewöhnlich: Je nach Ausstattung verzichtet Volvo auf ein klassisch angeordnetes Soundsystem-Layout und verbaut statt vorderer Boxen eine Soundbar unter der Windschutzscheibe. Letztere muss immer ohne Head-up-Display auskommen, das ist für den EX30 aktuell nicht vorgesehen.
Preise ab 36.590 Euro

Angesiedelt ist der EX30 unterhalb des XC40, startet darum bereits ab 36.590 Euro und misst rund 20 Zentimeter weniger in der Länge. Unter der Haube aber ist kompromisslose Power angesagt - schon das Basismodell mit Hinterradantrieb leistet (vollkommen ausreichende!) 272 PS, der Allradler mit zwei E-Motoren bringt es gar auf 428 PS. Bei Ausfahrten mit dem traktionsstarken Stromer zeigt sich: Macht irre viel Spaß, ist dank ansatzloser, explosiver Kraftentfaltung und massivem Schub aber eine ständige Gefahr für den Führerschein. 3,6 Sekunden auf 100 sprechen eine eindeutige Sprache. Dass er sich trotz des nicht unerheblichen Gewichts von rund zwei Tonnen immens leichtfüßig anfühlt, steigert die Fahrfreude zusätzlich. Dass ihm aber bei 180 Sachen der Saft abgedreht wird, ist irgendwie schade.
Zwei Batteriegrößen verfügbar
Je nach Batteriegröße - angeboten werden Akku-Pakete mit 51 und 69 kWh - kommt der Wagen im Idealfall zwischen 344 und 475 Kilometer weit. Sollte reichen! Den Verbrauch beziffert Volvo auf 16,7 bis 17,5 kWh pro 100 Kilometer - geladen wird via AC mit 11 kW, via DC mit 134 oder 153 kW. Das kann manch Koreaner besser.
Kauf auch im Internet möglich
Übrigens: Gekauft werden kann der Bolide im Internet, aber auch klassisch beim Händler, wenngleich Kunden den Kaufvertrag auch dort letztlich direkt mit Volvo abschließen. Für Beratung, Probefahrten und Service sind jedoch weiterhin die Partner vor Ort zuständig.
Höhehergelegte Variante startet 2024
Im kommenden Jahr wird der EX30 durch eine Cross Country-Version ergänzt, die 15 Millimeter höher liegt und mit Offroad-Reifen bestückt sein wird. Der kleine Möchtegern-Abenteurer soll zudem einen angedeuteten Unterfahrschutz sowie eine Kunststoff-Beplankung, neue Polsterfarben und Innenraum-Themen mitbringen. Preise gibt es laut Volvo aktuell noch nicht.