Von 1899 Hoffenheim profitiert die Region
Kraichgau - Vor dem letzten Heimspiel der Saison steht für viele fest: Branchen profitieren vom Bundesligisten 1899 Hoffenheim. "Das Image und der Bekanntheitsgrad von Sinsheim sind gestiegen", zieht OB Rolf Geinert eine erste Bilanz vor dem Anpfiff gegen den FC Bayern München am Samstag. Dann möchten die Spieler aus dem Kraichgau dem Meister aus München das Leben schwer machen.
Kraichgau - Das Fußballfieber grassiert im Kraichgau. Wer bis vor wenigen Monaten bei Fußball abschaltete, drückt 1899 Hoffenheim die Daumen. Auch diesen Samstag, wenn Bayern München zum letzten Heimspiel der Saison anreist. Ein Beispiel ist Joachim Volz. „Jeder lebt mit dem Fußball“, sagt der Chef von Delker Optik in Sinsheim und ein Mitglied des Wirtschaftsforums, dem Zusammenschluss der Handels- und Gewerbetreibenden. Seit die Bundesligatore nicht mehr in Mannheim, sondern in Sinsheim fallen, steigt der Umsatz. Zahlen kann Volz nicht nennen, aber er rechnet vor. Auswärtige Fans kommen Stunden vor dem Anpfiff. Selbst wenn jeder nur eine Wurst isst, profitiert Sinsheim. „Das Geld geht in die Region und fließt in die Wirtschaft.“
Zahlen liegen auch dem Rathaus nicht vor. „Das Image und der Bekanntheitsgrad von Sinsheim sind immens gestiegen“, zieht Oberbürgermeister Rolf Geinert aber eine erste Bilanz. Er muss nur auf die Zugriffe im Internet schauen. Sie hätten sich verdoppelt, verdreifacht - auch das Ausland schaut sich auf www.sinsheim.de um. Weitere Belege sieht Geinert beim Tourismus: „Wir spüren eine deutlich erhöhte Nachfrage nach Prospektmaterial.“
Beginn des Erfolgs
Die Übernachtungszahlen in Sinsheim seien hoch, obwohl die Messe abwanderte. Die Nachfrage nach Gewerbeflächen sei da. Der OB: „Das spüren wir.“ Und Sinsheim steht erst am Anfang der Entwicklung. „Alle Beteiligten sind überrollt worden“, sagt der Rathauschef. „Niemand konnte glauben, dass alle Spiele ausverkauft sind.“
Nun geht es dran, die Nachfrage zu nutzen. Sinsheim erlebte nur eine Saisonhälfte, und just in diesen Wochen war es sehr kalt. Geinert: „Niemand hat daran gedacht, hier länger zu verweilen.“ Das soll sich ändern, das Rathaus führt Gespräche beispielsweise mit Hoteliers. Es wird daran gefeilt, verstärkt Pauschalangebote anzubieten. Schnell lasse sich alles nicht umsetzen, mahnt der OB. „Man muss Geduld haben.“
„Das braucht seine Zeit“, weiß ebenfalls Simone Lingner vom Auto-und-Technik-Museum. Zwar kämen an Heimspielen mehr Besucher ins Museum oder ins Imax-Kino, buchten mehr Gäste eine Übernachtung im Hotel, doch der große Ansturm sei noch ausgeblieben. Simone Lingner erklärt den Grund: „Die auswärtigen Fans wissen noch nicht, dass das Museum so nah ist.“
Jubel aller Orten? Nicht ganz. Die Hotelbranche hat mit einer besseren Auslastung gerechnet. 30 000 Zuschauer passen in die Arena - ein Prozent Übernachtungsgäste erwartete Christiane Fischer, Inhaberin des Hotels Bär und im Hotel- und Gaststättenverband, Kreis Rhein-Neckar, für Tourismus und Hotellerie zuständig. Vips, Presse, Mitarbeiter im Hintergrund: Mit dieser Klientel hatten Hoteliers gerechnet und wurden enttäuscht. Hotelbetten seien ausgebucht, „aber nicht vom Fußball“. Christiane Fischer sieht noch Chancen, sofern die Beteiligten kooperieren. Diese Woche tagte unter anderem der Touristikverband Kraichgau-Stromberg. Teilweise übernachteten Auswärtsmannschaften in der Region, weiß die 1899-Geschäftsstelle: Leverkusen war in Sinsheim, Berlin in Bad Schönborn.
Versöhnt
Wer als Gastronom die Spiele überträgt, profitiert von Fans. Versöhnt ist mittlerweile Anja Obergsell, die die Main Station am Bahnhof betreibt. Vorige Woche galt ein Alkoholverbot der Stadt, jetzt darf sie rund ums Spiel ausschenken - solange kein Alkohol die Kneipe verlässt. Darauf achtet ein Sicherheitsdienst. Sie selbst nimmt den Aufwand gelassen. Bei Heimspielen ist die Wirtin nicht am Tresen: Sie hat eine Dauerkarte für die Arena.
Polizei hält Fans im Blick
Die Hoffenheimer Fans bereiten keine Probleme, sagt der Heidelberger Polizeisprecher Harald Kurzer. Die Randale nach dem Spiel gegen Köln haben verdeutlicht, dass man ein Augenmerk auf jene Mannschaften legen müsse, zu deren Dunstkreis Problemfans zählen. Am Bahnhof ist an Spieltagen zeitweise verboten, Alkohol im Freien zu trinken. Das sei notwendig gewesen, weil dort Hoffenheimer Fans mit Anhängern der Auswärtsmannschaften aufeinandertreffen. Die Staus habe man in Griff bekommen. Vor Spielbeginn gebe es zähfließenden Verkehr nur noch auf einer Länge von maximal 500 Metern. Nach Abpfiff seien die Parkplätze nach 90 Minuten leer – das liege im Schnitt.
Eine wesentliche Entlastung erwartet Kurzer, wenn die neue Verbindung zur Landesstraße bei Weiler gebaut ist. Die Situation entschärfe sich zudem, wenn die Ausfahrt der Autobahn-Rastanlage nicht mehr über das Stadion führe. Auch ein neuer Bahnhalt helfe.