Neues Buch über Bahngeschichte der Region: Unterwegs auf der Zeitschiene
Die Entwicklung der Bahn nachzuzeichnen, das bedeutet zugleich, Stadt- und Zeitgeschichte nachzuspüren. Das zeigt Ulrich Merz eindrücklich im dritten Band seiner "Eppinger Eisenbahngeschichte(n)". Am Mittwoch wird das umfangreiche Buch in der Fachwerkstadt vorgestellt.

Am Anfang war Einfalt. "Sie glauben doch nicht, dass je ein badischer Eisenbahnwaggon auf württembergischen Territorium fährt." Das gäbe einen Aufstand, unkten großherzögliche Offizielle zum Beginn des Eisenbahnzeitalters. Deswegen hatten die Gleise beiderseits der Grenze auch unterschiedliche Spurweiten. "Da herrschte Kleinstaaterei", sagt Ulrich Merz, der die regionale Bahngeschichte im Kraichgau und darüber hinaus kennt wie kaum ein anderer.

Jetzt hat der Bahnenthusiast, im Hauptberuf Steuerberater, den dritten und wohl letzten Band seiner umfangreichen "Eppinger Eisenbahngeschichte(n)" verfasst, der am Mittwoch ab 18 Uhr im Bürgerhaus Schwanen vorgestellt wird. Herausgeber sind die Heimatfreunde Eppingen. Es ist ein beeindruckender Schatz an Material, 853 Fotos und 333 Dokumente umfasst die Trilogie neben den Texten, die "chronologisch, aber nicht stur", verfasst sind.
Im Fokus: Die Stadtbahn als Erfolgsgeschichte
Im neuen Band geht es um die jüngere Entwicklung, insbesondere um die Stadtbahn, die 1997 von Bretten aus Eppingen erreichte und ab 1999 nach Heilbronn fuhr - eine Erfolgsgeschichte, die wenige Jahrzehnte zuvor undenkbar war. In den 1970er- und 1980er-Jahren erlebte die Bahn einen Niedergang, Gleise wurden demontiert. Es war die Entwicklung, die derzeit etwa mit dem Bau des zweiten Gleises bei Schwaigern mühsam und mit viel Geld wieder zurückgedreht wird.

Zeitweise sah es so aus, als sollten in Eppingen nur noch Busse fahren, heute ist es ein Schienenknoten mit Stadt- und S-Bahn. Noch nie war die Stadt so gut angebunden. "Das ist Wahnsinn", betont Buchautor Merz, "das war lange nicht absehbar." Seit ihrem Bau ab 1877 erlebte die Kraichgaubahn zwischen Karlsruhe und Eppingen, später bis Heilbronn ein Auf und Ab. Hochkonjunktur hatte die Ost-West-Verbindung in Kriegszeiten für Truppentransporte, 1914 rollten 50 Züge am Tag Richtung Frankreich an Eppingen vorbei.
Große Zeitgeschichte findet sich in dem Buch genauso wie kleine Anekdoten. Ein Kapitel unter dem Titel "Na, dann mal Prost" ist der Eppinger Bahnhofswirtschaft gewidmet. Das Bier floss reichlich, gezapft wurde schon am Morgen, allerdings nicht sonderlich rentabel. "Kundschaft war vor allem Bahnpersonal", hat Merz den Dokumenten entnommen. Der Wirt klagte 1884, es sei "absolut unmöglich, auf hiesigem Geschäfte einen solchen Pachtzins zu erwirtschaften".
Wirtefrust in der Bahnhofsgaststätte
Viele Pächter versuchten noch ihr Glück an den Gleisen, 1963 wurde sogar eine Fußball-Thekenmannschaft namens Stammtisch Bahnhof in der Kneipe gegründet. Im schmuck hergerichteten Empfangsgebäude betreibt die Diakonische Jugendhilfe heute ein Café. Auch der Umbau des Gebäudes ist im Buch akribisch dokumentiert.

Buchautor Merz stand schon als Kind am Eppinger Bahnsteig und sah den Dampflokomotiven hinterher. Später zog er mit dem Fotoapparat los, machte Bilder auch für die Eppinger Zeitung, die später zur Heilbronner Stimme und zur Kraichgau Stimme wurde. Dass Bahngeschichte zugleich Geschichte der Stadt und der Region ist, das begeistert ihn, wie er sagt: "Da stecken so viele Entwicklungen drin."
Das Buch "Eppinger Eisenbahngeschichte(n) - Band 3" (ISBN-Nr. 978-3-930172-36-8) erscheint in der besonderen Reihe der Heimatfreunde Eppingen, kostet 29,50 Euro und ist zu beziehen über den Buchhandel oder über heimatfreunde-eppingen.de.