Café Müller am Marktplatz in Eppingen seit Monaten zu: Wie geht's für den Traditionsbetrieb weiter?
Fehlendes Fachpersonal wird in der Gastronomie mehr und mehr zum Problem, auch im Kraichgau. Betriebe schränken deshalb Öffnungszeiten ein. Die Personallage bleibt dennoch angespannt.

Für viele Einwohner und Besucher der Stadt Eppingen ist es ein trauriger Anblick: Das Café Müller am Marktplatz ist seit Monaten geschlossen. An den Schaufenstern hatte die Inhaberfamilie lange Zeit rote Zettel angebracht mit dem Hinweis, es fehle Personal. Doch die Gründe sind vielschichtig.
Die langen Schließzeiten der beiden Cafés während der Corona-Pandemie hätten zu erheblichen Umsatzeinbußen geführt. Außerdem sei das Personal teilweise in andere Branchen abgewandert, die von den Lockdowns nicht betroffen waren, berichtet Katja Damiano, geborene Müller. Sie erledigt im Familienbetrieb die kaufmännischen Dinge: Die Personallage blieb seitdem angespannt. Durch Abwerbungen seien im letzten Jahr mehrere Kräfte verloren gegangen.
Wochenendarbeit für Personalakquise in Gastronomie ein Handicap

Dass die Filiale des Traditionsbetriebs mittlerweile seit Mitte September geschlossen ist, bedauert Familie Müller: "Das tut uns selbst auch weh." Der Schritt sei unumgänglich geworden, weil Inhaber Ralf Müller an der Hüfte operiert werden musste und danach mit einem kleineren Team beide Geschäfte nicht mehr betreiben kann. Somit ist seit Mitte November 2023 nur das Hauptgeschäft geöffnet, das sich seit 1971 am Berliner Ring befindet.
"Wir hatten sonst immer sieben Tage pro Woche geöffnet", berichtet Seniorchefin Ella Müller von besseren Tagen. Aber es sei schwer geworden, Personal für das Wochenende zu bekommen.
Wovon eine Wiedereröffnung des Café am Markt in Eppingen abhängt
Eine Wiedereröffnung des Cafés am Marktplatz prüft die Familie gerade, erklärt Katja Damiano. Dies hänge unter anderem von der Personalsituation ab. Noch hilft zwar der 82-jährige Seniorchef Günter Müller in der Backstube aus, doch perspektivisch benötige der Betrieb weitere Mitarbeiter in der Produktion, sowie im Verkauf und Service.
Inhaber Ralf Müller findet, dass es in Eppingen mittlerweile ein Überangebot an reinen Backwaren-Verkaufsfilialen gibt: "Der Kuchen wird unter immer mehr Betrieben aufgeteilt." Erschwerend sei die flächendeckende Abkehr junger Menschen vom Handwerk. "Auch das Bürgergeld trägt dazu bei, dass die Menschen teilweise zur Aufnahme einer Arbeit nicht motiviert werden."
Wie sich die Talschenke in Eppingen trotz Personalknappheit schlägt
Bei der Metzgerei mit Restaurant Talschenke sind die Probleme ganz ähnlich gelagert. Inhaber Uwe Müller ist zwar erst 56 Jahre alt, aufgrund fehlenden Fachpersonals arbeitet der Metzgermeister und Koch aber an seiner Belastungsgrenze: an sieben Tagen pro Woche. Eine Nachfolge sei nicht in Sicht. Karin Müller sorgt sich deshalb um die Gesundheit ihres Mannes. Einstweile werden dringend Küchenhilfen, Servicekräfte und ein Koch benötigt.
Wegen der reduzierten Öffnungszeiten kämen aber vorerst nur Aushilfen auf Minijobbasis in Frage: ein Teufelskreis. "Auf Anzeigen gibt es keine Reaktion", bedauert Karin Müller. Inzwischen öffnet das Restaurant nur noch 14-tägig an den Wochenenden. Zuvor war jedes Wochenende ab Donnerstag geöffnet.
Welche Rolle die Familienmitglieder spielen

Ohne die Mithilfe der ganzen Familie und des Metzgermeisters Stefan Wagner würde es gar nicht gehen. Uwe Müllers Schwester Martina Wickenhäuser ist hinter der Fleischwarentheke im Verkauf engagiert, Sohn Mario unterstützt als "Springer" bedarfsweise, und Seniorchefin Irmgard ist im Hintergrund die gute Seele. In dieser Woche hat sie beispielsweise die Markklößchen für die Hochzeitssuppe in sorgfältiger Handarbeit zubereitet.
Das Bad Rappenauer Restaurant Kulimare hat seinen Service hingegen ausgedehnt und bietet Außerhausverkauf an. Inhaber Fatbardh Keci ist erleichtert, dafür einen zusätzlichen Koch, einen Pizzabäcker sowie Aushilfen gefunden zu haben: "Es wird immer schwieriger, vor allem für die Arbeit an den Wochenenden."
Das Restaurant war 2019 hoffnungsvoll gestartet, dann aber gleich voll in die Pandemie geschlittert. Anschließend kam die Rezession in Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Mittlerweile hat sich Kulimare gut erholt. Aktuell kann Keci auf zehn Mitarbeiter zählen. Sie stammen aus dem Kosovo, Italien, Albanien: "Es ist fast nicht möglich, deutsche Kräfte zu bekommen", so der Gastronom.
Wie der Handels- und Gewerbeverein die Lage beurteilt
In Eppingen fehlen Arbeitskräfte im Handel, im Bereich der Dienstleistungen und in der Gastronomie. Das bestätigt der stellvertretende Vorsitzende des Handels- und Gewerbevereins, Bernd Müller. In der Gastronomie seien viele Kräfte in der Coronazeit in andere Branchen gewechselt. Der Mindestlohn erschwere Neueinstellungen. "Die Kräfte müssen am ersten Tag voll produktiv mitarbeiten, lange Einlernzeiten sind finanziell nicht mehr darstellbar." Nicht nur in der Gastronomie, auch im Handel würden einzelne Geschäfte mit verkürzten Öffnungszeiten auf fehlendes Personal reagieren.


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