Eine große Stimme - und ein großes Herz für Sinsheim
Zusammen mit Clemens Bittlinger hatte Blues- und Gospelsängerin Joy Fleming in der "Nacht der Lieder" einen ihrer seltenen Auftritte im Kraichgau

"Nacht der Lieder" hieß das gemeinsame Tourneeprogramm, das mit dem Termin am 2. Advent in der Wahlheimat der Sängerin zu Ende ging. Seit 27 Jahren lebt Joy Fleming im Stadtteil Hilsbach und freute sich sicht- und hörbar genauso über ihrem Auftritt "daheem" wie die rund 600 Zuhörer .
Schon beim Empfang schlug ihr lautstark Sympathie entgegen. Auf Augenhöhe begegnete der Star seinem Publikum, und ohne Allüren - was sich aus ihrem Mund so anhört: "Isch bin froh, dass isch bin wie isch bin und net so e hochnäsige Gurk." Deutlich ließ sie in ihrem etwa einstündigen Auftritt ihre Musik für sich sprechen. Kombiniert mit ihrem parodistischen Talent wird ein Bühnenauftritt von Joy zum sprunghaft-lebendigen Dialog mit ihren Zuhörern. Eben beschwört noch "Long ago and so far away" Wehmut herauf, da muss als nächstes das Auditorium ran, damit die Stimmung nicht abgleitet: "Babbe guck, do liegt en Kippe" taugt zum Mitsingen und zum Vorstellen der Band gleichermaßen. Unter der Leitung von Joys Lebensgefährten Bruno Masselon stärkt die Band French Kiss der Sängerin den Rücken. Voller Stolz präsentiert sie ihre Musiker, die hellwach ihren Gedankensprüngen folgen. Zuerst zeigt Joy, dass sie mimisch und stimmlich Mireille Mathieu imitieren kann. Dann gibt sie eine Kostprobe ihres selbst Getexteten, wie um zu beweisen, dass man als "Monnema" sehr wohl auch Lieder schreiben kann. Das sehnsuchtsvolle, tief gelegte "Komm zurück, o Kinderwelt", zum Beispiel. Dann Nachhilfeunterricht in Rhythmik. Fingerschnipsen, aber stereo, bitte. Das braucht Joy, um "Fever" anzustimmen. Verdeutscht beginnt der Hit mit der Frage "Bist Du schon gegen Grippe geimpft?" und wächst sich aus zu einer irren Jodel-Einlage, die Maria Hellwig in den Schatten stellt. Gänsehaut produziert diese Stimme manchem Konzert-Besucher, wenn es bei "Amazing Grace" mäuschenstill wird: Auch die leisen Töne hat Joy im Griff, gibt ihnen ein sattes Timbre, um sich gleichermaßen sicher aufzuschwingen zu kraftstrotzenden Höhen. Gerade noch hat sie "Moon River" gegeben - in Pavarotti-Manier - und gebeten: "Ihr müsst toben wie verrückt, wenn's euch gefällt". Im nächsten Moment schenkt sie den Sinsheimern ihr spezielles "Stille Nacht" und zwar "Made in Hilsbach". Die erste Strophe mit ihrer Opernstimme, in der zweiten, auf englisch, lässt sie die Blues-Joy raus, der sie internationale Anerkennung verdankt.
A cappella setzte der Barbra Streisand-Song "Papa" einen ernsthaften Schlusspunkt unter den Joy-Fleming-Teil des Konzerts. Hatten der Sinsheimer Gospelchor und Clemens Bittlinger mit seinen eingängigen Glaubensliedern den ersten Konzertteil bestritten, so präsentierten alle zusammen in einem engagierten Finale den Titelsong für eine Kampagne der Christoffel Blindenmission "Liebe macht sehend". Mit Bittlinger-Kompositionen, von Joy Fleming mit Improvisationen unterlegt, klang der Abend aus.