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Altes Rentamt Gemmingen: Ein historisches Gebäude voller Überraschungen

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Alte Gebäude bergen so manche Geheimnisse. Wie viele es letztendlich sind, zeigt sich erst bei sehr genauem Hinsehen. Beim Alten Rentamt in Gemmingen nehmen sie allerdings Überhand. Jetzt hat Besitzer Markus Malo nochmals finanzielle Unterstützung erhalten.

Markus Malo (rechts) im Gewölbekeller des Alten Rentamts, das nicht nur instabil war, sondern auch durch einen Wasserrohrbruch zusätzlich gelitten hat.
Markus Malo (rechts) im Gewölbekeller des Alten Rentamts, das nicht nur instabil war, sondern auch durch einen Wasserrohrbruch zusätzlich gelitten hat.  Foto: Hofmann, Elfi

Sechs Jahre voller Arbeit und Rückschläge liegen hinter Markus Malo. 2015 erwarb der Historiker das Alte Rentamt, das er von Grund auf sanieren und wieder bewohnbar machen wollte. "Betriebswirtschaftlich ist das hier eine Katastrophe", sagt Malo heute. Mit dem Wissen von damals würde er sich anders entscheiden, fügt er hinzu. "Außer, ich hätte einen reichen Erbonkel." Den Humor hat der 49-Jährige in den vergangenen Jahren also nicht verloren. Bis Ende 2021 sollen die Arbeiten an und in dem über 400 Jahre alten Gebäude abgeschlossen sein.

Objekt mit besonderer Bedeutung

Finanzielle Unterstützung in Höhe von 60.000 Euro hat der Bauherr jetzt von der Denkmalstiftung Baden-Württemberg aus Mitteln der Lotterie Glücksspirale erhalten. Wieder muss man sagen, denn Karl-Eugen Graf zu Neipperg, Kurationsmitglied der Stiftung, ist nicht zum ersten Mal vor Ort. "Wir engagieren uns selten ein zweites Mal", sagt er. Mit dem Engagement wolle man zeigen, dass das Rentamt ein Objekt von besonderer Bedeutung sei.

Auch wenn Markus Malo keine genaue Summe nennen will: Mit einer so hohen Investition hat er nicht gerechnet. Dass er im Sinne der Denkmalpflege sanieren müsste, war ihm zwar von Anfang an klar, die Überraschungen insbesondere in der Statik trieben die Kosten allerdings nach oben. In der Geschichte des Hauses wurden zahlreiche unsachgemäße An- und Umbauten hinzugefügt. Der Unterbau konnte das zusätzliche Gewicht nicht mehr tragen, das Gebäude steht auf schwammigem Grund. Um 40 Zentimeter ist der Keller abgesackt. Auf dem Gewölbe lasten Dach und zwei Stockwerke. "Viel Zeit bis zum Einsturz wäre wohl nicht mehr gewesen", sagt Malo.

Stahlträger sorgen für Stabilität

Noch gibt es viel zu tun bis zur geplanten Fertigstellung Ende des Jahres.
Noch gibt es viel zu tun bis zur geplanten Fertigstellung Ende des Jahres.  Foto: Hofmann, Elfi

Dem ganzen die Krone aufgesetzt hat ein Wasserrohrbruch in der Nachbarschaft, von dem weder Bauherr noch Architekten oder Bauarbeiter etwas ahnten. "Wir dachten erst, wir hätten etwas angebohrt", erklärt Architekt Frederik Carle und zeigt auf den Boden des Gewölbes, auf dem 40 Zentimeter Schlamm gestanden haben. Dabei hatte man zu diesem Zeitpunkt endlich die Decke stabilisiert. "Der Statiker hat uns sogar verboten, im Stockwerk darüber zu laufen, solange das nicht erledigt war", erzählt Carle. Im gesamten Haus wurden in den vergangenen Jahren Stahlträger eingezogen, die jetzt für ausreichende Stabilität sorgen. Doch auch dabei taten sich Probleme auf, wenn auch eher optischer Natur: "Wir wollten so wenig wie möglich davon verbauen, um den historischen Charakter zu erhalten", erläutert der Architekt. Vorgaben des Denkmalamts mussten ebenfalls umgesetzt werden: Der Stuck an den Wänden muss genauso bleiben wie ein Großteil der Außenfenster. Also wurden von innen neue davor gesetzt, um für ausreichende Isolation zu sorgen.

Undichte Rohre, durchgefaulte Decken

Christoph Grüber von Toto-Lotto (links) und Karl-Eugen Graf zu Neipperg, Kurationsmitglied der Denkmalstiftung (rechts) übergeben Bauherr Markus Malo einen Scheck über 60?000 Euro zur Nachfinanzierung der Sanierungsarbeiten.
Fotos: Elfi Hofmann
Christoph Grüber von Toto-Lotto (links) und Karl-Eugen Graf zu Neipperg, Kurationsmitglied der Denkmalstiftung (rechts) übergeben Bauherr Markus Malo einen Scheck über 60?000 Euro zur Nachfinanzierung der Sanierungsarbeiten. Fotos: Elfi Hofmann  Foto: Hofmann, Elfi

Auch die Schäden durch die Umbauten des Rentamts nach dem Zweiten Weltkrieg zur Flüchtlingsunterkunft mussten ausgebügelt werden. Damals wurden Wasserrohre verlegt, die im Laufe der Jahre undicht wurden. "Die Decken sind durchgefault", fasst Frederik Carle zusammen. Das habe man vorher nicht gesehen. Denn: "Immer, wenn ein Schaden sichtbar wurde, wurde ein neuer Boden über den vorhandenen gezogen", erklärt Markus Malo. Mehrere 1000 Stunden hat er selbst mit Hand angelegt, viele Container mit Schutt aus dem Dachboden und den anderen Stockwerken gefüllt.

Jetzt hofft Malo, dass es bis zur Fertigstellung nicht mehr allzu lange dauert. Doch das nächste Hindernis türmt sich bereits vor ihm auf: Die Handwerker benötigen Material, das nur verzögert lieferbar ist. Besonders Schreiner und Gipser hätten Probleme. "Immerhin ist der Zimmermann schon fertig, denn Holz ist gerade sehr knapp." Seinen Pragmatismus hat Markus Malo noch nicht verloren.

Das Alte Rentamt wurde 1618 gebaut und im Laufe der Zeit immer wieder erweitert. Das geschah vor allem zu Lasten der Statik, die für das Gewicht nicht ausreichend war. Mit Hilfe von Bohrpfählen wurde ein fester Untergrund hergestellt. Streifenfundamente stabilisieren das Gewölbe unter dem Haus. Neben der Denkmalstiftung Baden-Württemberg, die durch Mittel der Glücksspirale die Sanierung fördern kann, hat auch die Gemeinde Gemmingen das Projekt bereits unterstützt.

 
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