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Ittlingen
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Baustelle in Ittlingen sorgt für Einbrüche bei Umsätzen

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Die Landesstraße L592 ist seit einem Monat gesperrt, drei weitere folgen. Grund ist die Entschärfung des gefährlichen Bahnübergangs in Höhe der Friedensherberge. Was die lange Sperrung für Anwohner und Gewerbetreibende bedeutet.

Imbisspächter Ralf Schneider berichtet, dass sein Umsatz seit der Sperrung der Ortsdurchfahrt fast auf null gesunken ist. Nun setzt er auf den Verkauf von Tannen und Weihnachtsgrün.
Fotos: Jörg Kühl
Imbisspächter Ralf Schneider berichtet, dass sein Umsatz seit der Sperrung der Ortsdurchfahrt fast auf null gesunken ist. Nun setzt er auf den Verkauf von Tannen und Weihnachtsgrün. Fotos: Jörg Kühl  Foto: Kühl, Jörg

Der erste von vier Monaten ist geschafft. So lange nämlich soll die L592 zwischen Ittlingen und Reihen voll gesperrt bleiben, weil die Landesstraße auf der Länge von 500 Metern einige Meter nach Osten verschoben wird. Am 1. Oktober zogen die Bauleute die Sperren auf die Fahrbahn, nach vier Wochen ist es Zeit für eine erste Zwischenbilanz.

"Zu Beginn war es etwas holprig", berichtet Jana Gärtner, Leiterin des Hauptamtes der Gemeinde Ittlingen. Bevor die Bauleute tatsächlich die alte Fahrbahn aufgerissen hatten, hätten Autofahrer die Sperren immer wieder beiseite geschoben. Zwischen Ittlingen und Reihen seien Feldwege als Ausweichpiste genutzt worden. Auf Sinsheimer Gemarkung musste ein Feldweg deswegen gesperrt werden.

Warum die Straße verlegt werden muss

Die Verschiebung des Straßenabschnitts ist notwendig, weil die Bahn damit eine Gefahrenstelle an der parallel verlaufenden Bahntrasse beseitigen will. Am Bahnübergang auf Höhe Friedensherrberge war der Abstand zwischen den Schienen und der Straße so kurz, dass längere Gespanne öfters Probleme hatten, auf dem Zwischenstück des landwirtschaftlichen Wegs genügend Platz zu finden. Es ist sogar schon zu Unfällen am Bahnübergang gekommen. Die Bauarbeiten zur Verlegung der Straße erledigt der Baulastträger unter Vollsperrung. Der Verkehr wird währenddessen über Kirchhardt umgeleitet.

Umleitung über Kirchardt: Entsprechend eng geht es hier zu.
Umleitung über Kirchardt: Entsprechend eng geht es hier zu.  Foto: Kühl, Jörg

Dort ist der Verkehr seit Beginn der Umleitung drastisch angestiegen, berichtet der Bürgermeister der Gemeinde Gerd Kreiter. Es habe deswegen auch schon Beschwerden im Rathaus gegeben, obwohl die Gemeindeverwaltung für die Verkehrslenkung gar nicht zuständig ist. Zu den Hauptverkehrszeiten, das ist der Berufsverkehr morgens und abends, sei die Situation besonders problematisch.

"Wenn dann noch wegen einer Autobahnsperrung eine Umleitung auf die B39 angeordnet wird, bricht in Kirchardt der Verkehr zusammen." Besonders stark verdichten sich die Fahrzeuge laut Kreiter an der Hauptkreuzung an der Volksbank. Von dort komme es zu Rückstaus bis an die Ortseingänge. Mindestens drei mal sei dies seit der Umleitung aus Ittlingen schon vorgekommen.

Unverschuldete Umsatzeinbrüche und was die Geschäftsinhaber darüber denken

Die Sperrung der L592 bei Ittlingen hat auch Auswirkungen auf Gewerbetreibende. Für Imbisspächter Ralf Schneider sieht es seit der Sperrung mau aus: "Eine volle Katastrophe." Sein Umsatz sei auf "zehn Prozent bis null" eingebrochen. Vor der Sperrung habe er mit Tageseinnahmen von 200 Euro rechnen können, jetzt müsse er froh sein, wenn es am Ende des Tages 20 Euro sind. Dabei seien die Fixkosten weiter zu zahlen. Als Beispiel nennt er die Stromkosten.

Nun hofft Schneider, dass sein Vorweihnachtsgeschäft, der Verkauf ungespritzter Nordmanntannen und Blaufichten aus der Umgebung, ein wenig Geld in die Kasse spült. Wie es nach Weihnachten weiter geht? Schneider überlegt ernsthaft, den Laden danach dicht zu machen, bis der Verkehr wieder normal rollt.

Ganz ähnlich berichtet Tankstellenpächter Uli Hoffmann von der TR-Station. Der Verkauf von Kraftstoffen sei um 60 Prozent eingebrochen, das Geschäft mit der Shopware um 80 Prozent. Von den acht Mitarbeitern befinden sich wegen des plötzlichen und harschen Umsatzrückgangs drei in Kurzarbeit. "Bis jetzt ist mir nicht bekannt, dass wir Gewerbetreibenden, die von der Vollsperrung hart getroffen sind, irgendeinen Ausgleich erhalten.", berichtet der Tankstellenpächter. "Wir werden vergessen, dabei galten wir bis vor kurzem noch als systemrelevant."

In Kirchardt und in Adelshofen schwillt der Verkehr deutlich an

Alte Straße komplett abgetragen: Die Deutsche Bahn lässt die Strecke ein paar Meter Richtung Osten verlegen, um einen Bahnübergang zu sichern.
Alte Straße komplett abgetragen: Die Deutsche Bahn lässt die Strecke ein paar Meter Richtung Osten verlegen, um einen Bahnübergang zu sichern.  Foto: Kühl, Jörg

Günter Kistner vom gleichnamigen Kfz-Service an der Reihener Straße ärgert sich, dass die Lkw sein Betriebsgelände ungefragt zum Wenden nutzen. Außerdem sei seit der Vollsperrung der L592 sein Waschanlagengeschäft um die Hälfte eingebrochen.

Mehr Verkehr wird seit der Ittlinger Umleitung auch im Eppinger Ortsteil Adelshofen beobachtet. Dort wurde das Phänomen auf der jüngsten Ortschaftsratsversammlung angesprochen. Ein Vater hat sich sogar die Mühe gemacht, den Verkehr zu der Zeit, wenn sich die Busschüler in Richtung Haltestelle aufmachen, zu zählen. Zwischen 6.45 und 7.30 Uhr registrierte Achim Hettler 247 Pkw und 32 Lkw. Das seien beinahe doppelt so viele Fahrzeuge, als vor Beginn der Umleitung um Ittlingen.

Im Ortschaftsrat wurde daraufhin gefordert, die Haltestelle besser auszuleuchten und während der Umleitung um Ittlingen an der Adelshofener Bushaltstelle Tempo 30 einzurichten.

Wie die Gemeindeverwaltung den betroffenen Anliegern mitteilt, dauert die Vollsperrung voraussichtlich bis 5. Februar. Damit könnte die Baustelle schneller beendet sein, als bisher bekannt. Die Bahn AG als Verursacherin der Verlegung der Landesstraße hatte bisher mitgeteilt, dass die Straße bis Ende Februar voll gesperrt sei. Die Verlegung der Straße um fünf bis sieben Meter erfolgt auf einer Länge von etwa 500 Metern. Die Maßnahme wird mit rund 1,2 Millionen Euro kalkuliert.

 

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