Nachtumzug steht endgültig vor dem Aus
Nach dem Hexenkessel-Unfall im Frühjahr 2018, bei dem eine junge Frau schwer verbrüht wurde, ist der Eppinger Nachtumzug wohl endgültig Geschichte. Im kommenden Jahr ist die Faschingsparade wie schon 2019 gestrichen. Dass sie je wieder auflebt, ist unwahrscheinlich.

"Es gibt 2020 keinen Nachtumzug", bestätigt Cathrin Leuze auf Nachfrage. "In der bekannten Form", so Eppingens Rathaussprecherin, habe die Veranstaltung keine Zukunft. Die bekannte Form: Das hieß, dass Jahr für Jahr im Februar mehrere Hundert Anhänger der schwäbisch-alemannischen Fasnacht bei Dunkelheit durch die Eppinger Innenstadt an Tausenden Zuschauern vorbeizogen.
Junge Frau wurde 2018 schwer verbrüht
Hexen trieben mit Besuchern ihren Schabernack. Meist blieb es bei harmlosen Streichen. Bis zu jenem 3. Februar 2018, der Eppingen internationale Negativ-Schlagzeilen einbrachte. Kostümierte hielten im Scherz eine damals 18-Jährige über einen Kessel mit heißem Wasser. Die Frau glitt mit den Beinen in den Bottich, verletzte sich schwer und musste wochenlang im Krankenhaus behandelt werden.
Als Hauptverantwortlichen hat das Amtsgericht Heilbronn einen 33-Jährigen ausgemacht, der als Mitglied einer Hexengruppe unterwegs war. Er wurde zu einer Geldstrafe von 7800 Euro verurteilt. Sein Verteidiger ist in Berufung gegangen. Ein Termin für eine Hauptverhandlung vor dem Landgericht steht noch aus.
Neben der strafrechtlichen Aufarbeitung geht es auch um viel Geld. Dabei sieht sich auch die Stadt Eppingen Schadensersatzforderungen gegenüber, wie das Rathaus gegenüber unserer Zeitung bestätigte. Nach dem Vorfall gab es im Internet wüste Beschimpfungen gegenüber den Mitveranstaltern, der Eppinger Hexenzunft und den Kraichgauhexen.
Revival nur unter sehr hohen Auflagen
An eine Neuauflage des Umzugs sei nicht zu denken, so Bernd Henke, Vorsitzender der Hexenzunft, auf Nachfrage: "Wir haben das für uns intern abgehakt." Wer ein Revival wolle, müsse sich wohl auf sehr scharfe Auflagen gefasst machen, vermutet Henke. Der Hexenkessel-Unfall hat die Festkultur in der Stadt schon jetzt verändert. Für die Freigabe elektrischer Anlagen vor Veranstaltungen gibt es klare Vorgaben. Lebende Tiere bei Umzügen mitzuführen, ist verboten. Das galt für Pferde bei Martinsumzügen ebenso wie für Gänse bei der Richener Jubiläumsparade. Die Reaktionen der Veranstalter bewegen sich meist zwischen verhaltenem Murren und Verständnis.
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Dass Sicherheitsauflagen immer strenger werden, stellt auch Volker Gegg fest. "Die Zünfte ersticken in Formalitäten", sagt der Sprecher der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte. Nachtumzüge seien schwer zu sichern, daher eine aussterbende Art. Als im Frühjahr in Offenburg ein großes Narrendorf bis in die Nachstunden abgehalten wurde, waren die Vorbereitungen knifflig. "Wir mussten alle dunklen Ecken ausleuchten", berichtet Gegg, "das hat allein mehr als 15.000 Euro gekostet."
Vor diesem Hintergrund ist es kaum vorstellbar, dass es in Eppingen wieder einen Nachtumzug gibt. Als Alternative für 2020 ist nach Informationen unserer Zeitung ein Narrentreff in der Halle geplant. Die Stadt hat das noch nicht bestätigt.