Knapp 200 Corona-Fälle im SRH Gesundheitszentrum Bad Wimpfen
Knapp 200 Menschen sind im Bad Wimpfener SRH Gesundheitszentrum positiv auf Covid-19 getestet worden. Die Klinik steht seit Freitagabend unter Quarantäne. Angehörige von Patienten üben Kritik. Der Ärztliche Direktor widerspricht.
Bereits seit mehr als einem Monat gilt im Bad Wimpfener Gesundheitszentrum ein striktes Besuchsverbot. Nun wurde der Lockdown, dem die Klinik unterliegt, weiter verschärft. Grund dafür sind insgesamt 191 positive Corona-Tests, die sich auf 110 Patienten und 81 Mitarbeiter verteilen.
Am Freitagabend wurde in Absprache mit dem Heilbronner Kreisgesundheitsamt die Klinik unter Quarantäne gestellt. Dies teilt SRH auf der Website mit. Es werden weder neue Patienten aufgenommen, noch dürfen bereits anwesende Patienten entlassen werden. Die betroffenen Mitarbeiter stehen unter häuslicher Quarantäne.

Viele Infizierte - wenige schwere Fälle
Nachdem im Laufe der vergangenen Tage ein starker Anstieg an Corona-Fällen registriert worden war, veranlasste die Klinikleitung nach eigenen Angaben die Testung aller Personen. Von den knapp zweihundert Erkrankten zeigten derzeit allerdings nur wenige Personen Symptome. Vor dem flächendeckenden Ausbruch des neuartigen Corona-Virus war die Kapazität von Patienten und Pflegepersonal bereits erheblich gesenkt worden. Stand Samstag befinden sich nach Angaben des Gesundheitszentrums 130 Patienten im Haus.
"Wir haben flächendeckend jeden Patienten und jeden Mitarbeiter getestet, auch die ohne Symptome", erklärt der Ärztliche Direktor Professor Dr. Dr. Volker Hömberg. Wo viel getestet werde, gebe es auch viele positive Ergebnisse. Ihm scheinen zwei Punkte wesentlich: Sehr viele Menschen hätten das Virus, und sehr viele von ihnen zeigten keine Symptome.
Die Ursache für die Verbreitung von Covid-19 im SRH Gesundheitszentrum Bad Wimpfen kann derzeit nicht nachvollzogen werden, heißt es weiter in einer Pressemitteilung der Klinik. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei das Virus durch die Verlegung von zum Aufnahmezeitpunkt noch unverdächtigen Patienten aus Akutkrankenhäusern ins Haus getragen worden. "Es ist schwierig, im Einzelnen nachzuvollziehen, wie es entstanden ist", sagt Hömberg.
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Angehöriger kritisiert Vorgehen
Ein Angehöriger einer Patientin, die im Gesundheitszentrum mit dem Coronavirus infiziert wurde, kritisiert, dass Patienten und Angehörige zu wenige Informationen zum Vorfall erhielten. Ihm zufolge sei seine 81 Jahre alte Mutter Anfang April nach einem Klinikaufenthalt zur Reha nach Bad Wimpfen gekommen. Zu dem Zeitpunkt habe es bereits erste Corona-Fälle gegeben.
Er fragt sich, wieso weitere Patienten aufgenommen wurden. Auch habe ihm seine Mutter geschildert, dass das Pflegepersonal bis vor wenigen Tagen noch keinen Mundschutz bei den Therapien getragen habe. "Meine Mutter ist gebrechlich, sie hat viel durchgemacht", sagt der Angehörige, der seinen Namen nicht öffentlich machen möchte, damit seine Mutter keine Nachteile erfährt. Jetzt hofft er, dass sie trotz Vorerkrankung das Coronavirus gut übersteht.
Anfang April meldete das Gesundheitszentrum, dass vier Patienten und sechs Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet worden seien. "Als die ersten Fälle bekannt wurden, haben wir die Sicherungsmaßnahmen noch einmal verschärft", sagt Hömberg. Auch würden Patienten über die aktuellen Entwicklungen informiert. "Wir haben schwerstkranke Menschen hier, ihnen steht es zu, dass sie behandelt werden", sagt er mit Blick auf die Kritik, dass die Klinik weiter Patienten aufgenommen hat, obwohl erste Corona-Fälle bekannt geworden waren.
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Familie in Quarantäne
Kritik an der Klinik übt eine Frau aus Möckmühl. Ihr zufolge kam ihre 78 Jahre alte Schwiegermutter Ende März zur Reha nach Bad Wimpfen. Nach drei Wochen sei sie entlassen worden, obwohl sich in den Tagen zuvor nicht nur ihr Zustand, sondern auch die Laborwerte zunehmend verschlechtert hätten. Noch am Abend der Entlassung musste die Schwiegermutter wegen schlechter Atemfunktion ins Krankenhaus gebracht werden. Dort stellte man drei Tage später das Coronavirus fest. Nun befinde sich die gesamte Familie vorsorglich in Quarantäne.
"Wenn jemand nicht symptomatisch ist, kann er später auffällig werden", sagt Hömberg. Sobald ein Patient Symptome einer Covid-Erkrankung zeige, werde er isoliert und durch Pflegepersonal mit "maximaler Schutzausrüstung" betreut. Und sobald der Zustand eines Patienten kritisch werde, verlege man diesen nach Heilbronn ins SLK-Klinikum am Gesundbrunnen. Hömberg stellt außerdem fest, dass bislang niemand in seiner Klinik an Covid-19 gestorben sei. Eine Patientin habe einen Herzinfarkt erlitten und sei daran gestorben.
Klinikleitung sieht Versorgung der Patienten nicht gefährdet
Inzwischen wurden innerhalb des Gesundheitszentrums die nicht Infizierten von den an Covid-19 erkrankten Patienten räumlich getrennt. Außerdem wurden neun genesene Patienten entlassen und befinden sich nun in häuslicher Quarantäne. Vonseiten des Gesundheitszentrums ist zu hören, dass die Versorgung der verbliebenen Patienten unter strengsten Hygieneregeln, mit engmaschiger Überwachung sichergestellt" sei.
Dass die Personalsituation schwierig sei, räumt Hömberg ein. Ihm ist bewusst, dass die Situation auch für die positiv getesteten Patienten schwierig sei. Einer von ihnen meldet sich bei Stimme.de. Seine Therapien fielen aus. Er könne nur auf dem Zimmer auf und ab gehen. Dies sei schädlich für die Gesundung. Auch er kritisiert mangelnde Informationen.
"Die Behandlungen wurden vorerst gestoppt, weil ich nicht wusste, wie viele Mitarbeiter ich noch habe", sagt Hömberg. Er sei aber entschieden der Auffassung, dass auch Covid-positive Patienten behandelt werden müssten. Anfang der kommenden Woche würden die Therapien wieder adäquat aufgenommen. Dazu soll sich ein psychologisches Team um die Patienten kümmern.