In einer Eppinger Arztpraxis sind zwei Corona-Fälle aufgetreten. Unklar ist, welche Patienten sich möglicherweise angesteckt haben. Der Oberbürgermeister ergreift drastische Maßnahmen. Die Feuerwehr macht Lautsprecher-Durchsagen.
Am Freitagabend hat die Stadt Eppingen ein Betretungsverbot für öffentliche Orte verhängt: Bürger dürfen Straßen und Wege, Parks und Plätze nicht mehr betreten. Foto: Andreas Veigel
Foto: Veigel, Andreas
In der orthopädischen Praxis Schneider und Menger in Eppingen wurden zwei Personen der Praxis positiv auf das Coronavirus getestet. Dem Gesundheitsamt des Landkreises Heilbronn ist der Fall am Donnerstag, 19. März, bekanntgeworden, teilt Manfred Körner, Sprecher des Landratsamtes mit. Die Praxis sei noch am selben Tag geschlossen worden. Patienten, die zwischen Dienstag und Mittwoch, 10. und 18. März, in der Praxis in Behandlung waren, könnten sich angesteckt haben. Sie gelten alle als Kontaktpersonen.
Weil der Personenkreis nicht sicher zu ermitteln ist, werden die betroffenen Patienten aufgefordert, sich häuslich abzusondern, so das Gesundheitsamt. Wer Symptome entwickelt, der soll Kontakt mit dem Hausarzt aufnehmen. Außerhalb der Sprechzeiten ist die Nummer 116 117 anzurufen.
Öffentliche Plätze dürfen in Eppingen nicht mehr betreten werden
„Wir haben eine Sondersituation“, sagt Eppingens Oberbürgermeister (OB) Klaus Holaschke. Noch am Freitagabend verhängt die Stadt ein Betretungsverbot für öffentliche Orte. Bürger dürfen Straßen und Wege, Parks und Plätze nicht mehr betreten. Es sei denn, es besteht Gefahr, die Menschen gehen einkaufen oder sind auf dem Weg zur Arbeit. Eine weitere Ausnahme ist, wenn jemand allein oder zu zweit unterwegs ist oder mit Menschen, die im selben Haushalt leben. Grundsätzlich ist ein Mindestabstand von 1,50 Meter zu anderen Personen einzuhalten. Die Verfügung gilt vorläufig bis zum 19. April.
„Wir brauchen dringend diese Einschränkungen“, sagt Holaschke gegenüber Stimme.de. Er appelliert an die Bürger seiner Stadt, auch die in den Stadtteilen: „Bleibt zu Hause, ihr rettet damit Leben.“ Die Kette der mit dem Coronavirus infizierten Menschen und ihre Kontaktpersonen in Eppingen sei unklar. Die weitere Ausbreitung des Virus solle eingedämmt werden. „Damit unser Gesundheitssystem nicht in die Knie geht.“
Feuerwehr macht Durchsagen
Damit die Menschen in der Gesamtstadt Eppingen von den Einschränkungen erfahren, fährt die Freiwillige Feuerwehr von Samstagmorgen bis Nachmittag durch die Stadt und macht Lautsprecherdurchsagen.
Wolf Dietrich Kerber werkelt gerade in seiner Garage, als er die Durchsage hört. Er findet den Schritt der Stadt, die Bewegungsfreiheit einzuschränken, richtig. „Ich bin selbst ein Risikomensch“, sagt der über 70-Jährige. Obwohl das Land Baden-Württemberg schon Auflagen gemacht hat, hielten sich noch zu wenige Menschen daran. „Da haben viele den Schuss nicht gehört.“
Angela und Artur Weber, die früheren Pächter des Eppinger Palmbräuhauses, stehen ebenfalls hinter dem Vorgehen der Stadtverwaltung. „Die Ansteckungsgefahr ist da.“ Artur Weber (72) sorgt sich jedoch um die Folgen für die Wirtschaft. „Wir waren früher in der Gastronomie tätig, wir wären untergegangen“, sagt er mit Blick auf die finanziellen Einbußen, die viele Betriebe nun haben. „Wie wird die Wirtschaft das wieder aufholen?“, fragt er. Seine Frau widerspricht: „Wichtig ist, dass jetzt etwas gemacht wird, und dann wird weitergesehen.“ Für das Rentner-Ehepaar steht fest: „Wir halten uns an die Spielregeln.“
Mehr als 110 Menschen nutzen laut Holaschke am Samstag die Möglichkeit, sich telefonisch im Rathaus zu melden, um mehr zu den Einschränkungen zu erfahren. Dürfen wir mit dem Hund Gassi gehen? Mit wie vielen Leuten darf jemand raus? Auf der Homepage der Stadt gibt es alle Infos nachzulesen. Auch am Sonntag besteht die Möglichkeit, sich telefonisch zwischen 8 und 12 Uhr im Rathaus zu erkundigen. Kritik habe es bisher keine gegeben, sagt Holaschke. Im Gegenteil.
Der OB dankt den ehrenamtlichen Helfern der Freiwilligen Feuerwehr, die „mal wieder Außerordentliches“ geleistet habe. „Vorbildhaft.“
Betroffene Arztpraxis macht bald wieder auf
Die Praxis Schneider und Menger wird nach Angaben des Kreisgesundheitsamtes voraussichtlich am Mittwoch, 25. März, einen Notbetrieb aufnehmen. Wer vorher ärztliche Leistungen benötige, kann sich an eine der Vertretungspraxen wenden. Das sind Dr. med. Bachmann in Heilbronn, Dr. med. Carlo Bussi in Bad Friedrichshall und Dr. med. Ludwig Johannes Capeller ins Sinsheim. Das Landratsamt betont: Bei der Anmeldung müssen Patienten dringend darauf hinweise, dass man Patient der Praxis Schneider und Menger und eine Kontaktperson sei.
Kommentar hinzufügen
Kommentare
Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Frank Schopp am 24.03.2020 09:46 Uhr
Ich möchte Herrn Herzog zustimmen und darüberhinaus noch ergänzen: Die Menschen dürfen zum Einkaufen gehen das ist OK und notwendig. Doch wie wird das definiert? Im Supermarkt gehen die Leute ein und aus, als gäbe es kein Corona, die schlendern durch die Läden wie zu "normalen" Zeiten. kaum einer denkt an den Schutz der Kassierer/innen! Abstand halten, Bargeldlos bezahlen, mal ein freundliches Wort? Alles Fehlanzeige, stattdessen werden sie noch beschimpft wenn Artikel fehlen oder wenn sie darauf hinweisen doch bitte nur eine Packung (Klopapier) zu nehmen! Viele haben es leider immer noch nicht begriffen! Die Verkäuferinnen und Verkäufer arbeiten schon seit geraumer Zeit hart an der Belastungsgrenze sowohl physisch als auch psychisch. Wenn die nicht mehr können, wo sollen wir dann einkaufen? Zutrittsbeschränkungen im Supermarkt müssen kommen um die Beschäftigten zu schützen!
Die Wirtschaft wird sich nach diesem Problem neu sortieren müssen. Auch diverse Massnahmen in den Bereichen Produktion bestimmter Güter, deren Verfügungsmöglichkeiten, und künftiger Sicherheitsvorsorge müssen auch neu geregelt werden. Nachdem in dem Fall aber alle wichtigen Industrieländer mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben, kommen bisher solide aufgestellte Staaten wieder schneller in die Spur. Deshalb wird Österreich und Deutschland auch mit ihrem Sozial- Ausbildungs- und Kapitalsystem zwar im internationalen Vergleich nicht ohne Blessuren wegkommen, werden sich aber verhältnismässig schnell wieder erholen. Nur, wie lange die Krise andauert und wer auch hier tatsächlich abstürzt, ist derzeit eben nicht abschätzbar.
Es ist kaum zu glauben wieviele begriffstutzige Menschen es gibt. Die von der Stadt Eppingen ergangene Verordnung ist klar und unmissverständlich und für jedermann verständlich. Da es da noch Leute gibt die da im Rathaus noch anrufen müssen ist schon krass.
Traurig, aber keine Sorge: Sie können natürlich trotzdem weiterlesen.
Schließen Sie einfach diese Meldung und sichern Sie sich das andere exklusive Angebot auf der Seite. Bei Fragen hilft Ihnen unser Kundenservice unter 07131/615-615 gerne weiter.