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In Eppingen räumt ein „Afrofluencer“ Stève Hiobi mit Klischees über Afrika auf

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Stève Hiobi kam als Kind aus Kamerun nach Deutschland und lebte lange in Eppingen. Heute erreicht er über viele Menschen auf Social Media. Am Hartmanni-Gymnasium sprach er mit Schülerinnen und Schülern über Rassismus, Sprache und Solidarität.

„Wir wissen viel zu wenig über Afrika“: Der „Afrofluencer“ Stève Hiobi in der Aula des Hartmanni-Gymnasiums im Gespräch mit der Lehrerin Nella Ruder.
„Wir wissen viel zu wenig über Afrika“: Der „Afrofluencer“ Stève Hiobi in der Aula des Hartmanni-Gymnasiums im Gespräch mit der Lehrerin Nella Ruder.  Foto: Hofmann, Elfi

Als Stève Hiobi als Vierjähriger aus Kamerun nach Deutschland kam, schneite es. Nicht die einzige Überraschung für den „Afrofluencer“: „Ich stand an der Straße und habe auf ein Taxi gewartet. Denn bei uns fuhr man damit überall hin, nachdem man den Preis verhandelt hat“, erzählt der 39-Jährige. Doch in Eppingen hielten keine gelben Autos an, die ihn mitnahmen.

Heute lebt Hiobi in Neckargemünd, ist IT-Berater und erreicht bei TikTok und Instagram ein großes Publikum. Mehr als 100 000 Personen folgen ihm auf der jeweiligen Plattform. Vor fast genau einem Jahr erschien sein erstes Buch „All about Africa“, mit dem er jetzt zu Gast im Hartmanni-Gymnasium in Eppingen war.

Stève Hiobi klärt humorvoll über rassistische Sprache auf

„Wir wissen viel zu wenig über Afrika“, sagt Hiobi, der bereits zwei Tage vor der Lesung zu Gast in der Schule war und dort mit den Schülerinnen und Schülern am Afrika-Projekttag über den Kontinent gesprochen hat. Nur wenige wüssten, dass Afrika aus 54 Ländern besteht – oder dass Swahili dort die am weitesten verbreitete Sprache sei, erzählt er.

Doch Stève Hiobi will mehr, als nur Fakten vermitteln: Er möchte mit Vorurteilen aufräumen, die viel mit der Kolonialgeschichte zu tun haben. „Viele Begriffe“, sagt er, „gehen auf koloniale Sprachmuster zurück.“ Farbig, Mischling oder auch Häuptling: Alles Beschreibungen, die rassistisch sind, sich aber im Alltag vieler Menschen etabliert haben. Durch diese Ausdrucksweise würden Denkmuster fortgeführt, die Stève Hiobi mit Aufklärung und Humor aufbricht. Denn gelacht werden darf bei ihm immer – trotz oder auch gerade wegen des ernsten Themas.

Kommentare im Internet versucht Stève Hiobi nicht ans sich ran zu lassen

Apropos Ernst: Auf die Frage von der Leiterin der Afrika-AG, Nella Ruder, wie er mit negativen Nachrichten auf Social Media umgeht, hat er einen einfachen Leitfaden für sich entwickelt: „Ich lasse es nicht so an mich ran und nehme die Kommentare nicht ernst.“ Was er nahezu täglich mache, habe eine Bedeutung und sei wichtig. Zu Beginn seines Engagements, erinnert sich Stève Hiobi, habe er sich schwerer damit getan, und er frage sich bis heute: „Warum schreibt man sowas Blödes? Ich nutze meine Zeit für schöne Dinge.“

„Wir wissen viel zuwenig über Afrika.“Stève Hiobi

Denn trotz des Rassismus, den er seit seiner Ankunft vor 35 Jahren in Deutschland immer wieder erfahren hat, ist er positiv geblieben. Auch wenn er sich natürlich Gedanken gemacht habe, warum er zum Beispiel beim Fußball nicht die Rolle des Kapitäns bekommen habe, obwohl er ein sehr guter Spieler und der Sport früher ein großer Teil seines Lebens war.

Afrika darf in Deutschland nicht ignoriert werden

Ob er Tipps für Menschen habe, die von Rassismus betroffen sind, möchte Nella Ruder von ihm wissen. „Am wichtigsten war für mich immer der Support anderer.“ Man sollte ein offenes Ohr haben und niemanden alleine lassen. „Aber generell sollte so etwas natürlich erst gar nicht passieren“, so Hiobi.

Hiobi macht deutlich, dass Afrika trotz Fortschritten immer wieder von Krisen betroffen ist – sei es durch Naturkatastrophen, Konflikte oder Armut. „Das ist sehr krass, auch wenn es an vielen Stellen bergauf geht“, sagt er. Er wundere sich, warum in Deutschland darüber so wenig gesprochen wird. „Man sollte sich mehr mit dem Thema beschäftigen und Solidarität zeigen. Die Menschen dürfen nicht vergessen werden.“

Ein Tipp für den Bundeskanzler

Nicht nur auf dem afrikanischen Kontinent, auch in Deutschland beobachtet Hiobi immer wieder Phasen, in denen es „nicht so gut läuft“ und die Stimmung gedrückt sei. Umso wichtiger sei es, freundlich miteinander umzugehen – auch kleine Gesten könnten eine positive Wirkung entfalten. „Sei mal netter“, sagt Hiobi mit einem Augenzwinkern, „das würde ich Friedrich Merz empfehlen.“

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