Ganztagschule: In Siegelsbach (k)ein Thema
Seit 2018 können Siegelsbacher Eltern ihre Kinder in der Grundschule bis 16 Uhr betreuen lassen. Der ab Herbst 2026 geltende Rechtsanspruch ist damit bereits erfüllt. Thema war das Konzept Ganztagsschule aber nun trotzdem im Gemeinderat.

Gefühlt einen Schritt voraus: So beschreibt Siegelsbachs Bürgermeister Tobias Haucap die Situation in Bezug auf den Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung, der ab dem Schuljahr 2026/27 in Deutschland eingeführt wird. Denn in der Kraichgau-Kommune werden die Grundschulkinder bereits jetzt länger betreut, als es gesetzlich gefordert ist.
Die Verlässliche Grundschule beginnt um 7.30 Uhr, die Kernzeit startet um 11.10 Uhr. Spätestens um 16 Uhr müssen die Mädchen und Jungen abgeholt werden. Unterm Strich kommen so achteinhalb Stunden zusammen. Eine Ganztagsschule ist dieses Modell allerdings nicht, denn eine Anwesenheitspflicht gibt es keine. Und dabei wird es in Siegelsbach vorerst auch bleiben, denn der Gemeinderat hat sich mehrheitlich gegen ein solches Modell ausgesprochen.
Personalschlüssel würde sich bei Ganztagsbetrieb in Siegelsbach ändern
Vor- und Nachteile hätten die Formen, so Tobias Haucap: „In der Ganztagsschule gäbe es ein pädagogisches Konzept mit rhythmisiertem Ganztagesprogramm.“ Einheitlicher Unterrichtsbeginn, feste Lern- und Übungszeiten, und das alles – bis auf einige Zusatzleistungen wie Mittagessen – kostenlos. Allerdings wäre diese Variante für alle bindend, eine tageweise Abmeldung nicht möglich.
Auch die Wahlform sei für Eltern und Schüler weniger flexibel, denn auch die Kinder, die nicht für den Ganztagsbetrieb angemeldet sind, stünde an einigen Tagen Nachmittagsunterricht auf dem Plan. „Es wäre beides nicht vergleichbar mit der bisherigen Betreuung“, so Haucap. Besonders der Personalschlüssel würde sich ändern. Bisher liegt der bei 1 zu 15, sprich eine Person kümmert sich um 15 Kinder. Im Ganztagsbetrieb würde sich die Situation bei 1 zu 27 deutlich verschlechtern, denn dann müssten auch mehr Schülerinnen und Schüler betreut werden.
Hohe Belastung für jüngere Grundschüler befürchtet
Für Gemeinderätin Monique Phillips ist das aktuelle Modell besonders für die jüngeren Grundschüler die beste Form. Die Kernzeit sei ein schöner und spielerischer Übergang, der flexibel und individuell auf die Kinder angewendet werden könne. „Ich kann mir nicht vorstellen, sie mit sechs Jahren als Pflicht bis 16 Uhr betreuen zu lassen.“ Auch Gemeinderat Hauke Hahn kann sich laut eigener Aussage nicht damit anfreunden.
Anders sieht das Markus Stiefel, der an der Ganztagsschule vor allem die Chancengleichheit hervorhebt und sich vorstellen könnte, für die Nachmittagsstunden Sportvereine zu gewinnen, die dann gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern aktiv sind.
Feste Strukturen ohne Wahloption
Allerdings haben sich auch die Eltern gegen ein Ganztagsmodell ausgesprochen. Laut einer Befragung votierten lediglich vier von 44 für die verbindliche Form, zehn für die Wahlform. 30 Eltern sprachen sich für die bisherige Variante aus. Damit haben sie auch Schulleiterin Anna Fischer auf ihrer Seite: „Für mich spricht einiges dagegen.“ Je jünger die Kinder seien, desto platter seien sie nach einigen Stunden Unterricht. Mit der jetzigen Variante könnten sie frei entscheiden, was sie machen wollen. Das Ganztagsmodell gäbe feste Strukturen vor, die keine Wahl ließen. Auch die Organisation sei eine komplett andere.
Mit dem Votum der Gemeinderäte ist das Thema allerdings nicht endgültig vom Tisch: „Wenn das Interesse noch wachsen sollte“, so Tobias Haucap, „kann ein Antrag zur Umgestaltung in eine Ganztagsschule auch noch in ein paar Jahren gestellt werden.“ Da es bisher keine klassische Hausaufgabenbetreuung gibt, soll außerdem eine Arbeitsgruppe gebildet werden, um diesen und weitere Aspekte zu klären.
„Für mich spricht einiges gegen eine Ganztagsschule.“Anna Schäfer