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Flucht 2012
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„Nie aufgeben“: Syrer erfüllt sich Traum vom eigenen Imbiss in Bad Rappenau

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Er floh mit elf allein aus Syrien und schlief drei Jahre auf der Straße. Heute betreibt der 24-jährige Mohamad Hamu seinen eigenen Imbiss in Bad Rappenau. Eine Geschichte von Mut, Arbeit und unerschütterlichem Glauben an sich selbst.


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Mit elf Jahren floh Mohamad Hamu 2012 aus Syrien in die Türkei. Er wollte seiner Familie ein neues Leben ermöglichen, Weichen für eine bessere Zukunft stellen. Doch das Schicksal meinte es zunächst nicht gut mit ihm. „Ich habe es nicht geschafft“, sagt er heute ehrlich.

In der Türkei wurde er teilweise ausgebeutet, arbeitete umsonst, wurde betrogen – bis er schließlich auf der Straße landete. Rund drei Jahre lang schlief er dort, ohne zu wissen, wie es weitergehen sollte. Doch der heute 24-Jährige gab nicht auf.

Mit elf Jahren floh er aus Syrien, mit 24 ist er Inhaber eines Imbiss-Betriebs in Bad Rappenau

Mit 15 bot sich ihm die Chance, nach Griechenland zu fliehen. Dort nahm ihn das Rote Kreuz unter seine Fittiche. Er arbeitete täglich drei bis vier Stunden ehrenamtlich, sortierte Schuhe in Lagern. Im Gegenzug bekam er ein Zimmer, Kleidung und die Möglichkeit, wieder zur Schule zu gehen. Er lernte Griechisch. „Irgendwann konnte ich fünf Sprachen: Kurdisch, Arabisch, Türkisch, Deutsch und Englisch und eben Griechisch“, erzählt er mit einem Lächeln. „Das war irgendwann zu viel und ich bin schon etwas  durcheinandergekommen.“

Sieben Tage die Woche steht Mohamad Hamu in seinem Imbiss.
Sieben Tage die Woche steht Mohamad Hamu in seinem Imbiss.  Foto: Könnecke, Lisa

Zwei Jahre blieb er in Griechenland, bevor ihn sein Weg nach Deutschland führte. In Öhringen fand er zunächst beim Jugendamt Unterstützung und lebte in einer Wohngruppe. Mit 19 stand er dann langsam auf eigenen Beinen und begann, in der Gastronomie zu arbeiten – als Koch in einem italienischen Restaurant. „Das hat gutes Geld gebracht, besser als eine Ausbildung“, sagt Hamu rückblickend. Doch das war erst der Anfang.

Imbiss-Betreiber aus Bad Rappenau: Mit erster Selbstständigkeit hoch verschuldet 

Schon früh träumte der 24-Jährige davon, selbstständig zu sein. Mit 21 erfüllte er sich diesen Traum zum ersten Mal – mit einem italienischen Restaurant in Kupferzell. Doch das Projekt scheiterte. „Ich hab mein Leben erstmal kaputt gemacht und mich verschuldet. Ich kannte mich nicht aus mit deutschen Gesetzen.“

Aber auch das hielt ihn nicht auf. Er arbeitete bei zwei Jobs gleichzeitig – morgens in der Bäckerei, nachmittags in der Fabrik. „Ich musste Geld verdienen und wollte meine Schulden zurückzahlen.“

Fleiß zahlt sich aus: Der Snack-Imbiss in Bad Rappenau hat im August eröffnet

Schließlich wagte er einen zweiten Anlauf: Im August 2025 eröffnete er in Bad Rappenau seinen eigenen Snack-Imbiss in der Riemenstraße. Dort verkauft er Bratwurst, Burger, Pommes und Falafel-Wraps und erfüllt sich endlich den Traum, den er nie aufgegeben hat. „Deswegen habe ich so lange gekämpft“, sagt er stolz. „Ich wollte immer mein eigener Chef sein.“

Das bedeutet aber auch Arbeit: Seit der Eröffnung steht er sieben Tage die Woche von 10 bis 21 Uhr im Imbiss. „Ich teste jetzt erstmal, wann die besten Zeiten sind und passe mich an.“ Sein Motto: „Lieber arbeite ich, als rauszugehen und Geld auszugeben“, sagt er lachend. 

Heuchelberger Warte in Leingarten unterstützte ihn bei Vorhaben

Diesmal ist alles durchdacht. Den Imbiss hat er von einem Bekannten übernommen, der Raum war leer. Hamu ließ Pläne vom Bauamt erstellen, Strom und Wasser legen und richtete sich eine kleine Oase ein – mit Tischen, Stühlen, Kunstrasen und Platz für bis zu 16 Gäste. Angestellte hat er keine – das spart Kosten. Für seinen Imbiss mietete er auf dem Gelände der benachbarten Autowerkstatt GT Autoservice einen rund 20 Quadratmeter großen Stellplatz an – genau dort, wo werktags reger Betrieb herrscht.

Vor dem Start machte er sogar eine kleine Straßenumfrage, um herauszufinden, welches Essen bei den Leuten gut ankommt. Unterstützung bekam er nicht nur von Freunden und Bekannten, sondern auch von der Heuchelberger Warte in Leingarten, wo er zuvor gearbeitet hatte. Dort half ihm Max Wieland, Mitglied der Geschäftsleitung, mit Geräten und finanzieller Starthilfe. „Dafür bin ich extrem dankbar.“

Imbiss im Bad Rappenauer Industriegebiet: Falafel kommt bei Kunden gut an

Sein Geheimnis für knusprige Falafel? „Das Brot kurz auf den Grill, dann für rund 30 Sekunden in die Fritteuse und frische Zutaten wie arabische Kräuter, rote Beete, Joghurtsoße und Hummus dazu.“

Das kommt an: Rund 30 bis 40 Prozent seiner Kundschaft sind Beschäftigte aus dem Industriegebiet, der Rest Laufkundschaft. Für die kalten Monate plant er bereits einen kleinen Wintergarten mit Heizstrahler.

Imbiss-Betreiber aus Bad Rappenau: „Wichtig ist, aus seinen Fehlern zu lernen.“

Wenn Hamu heute zurückblickt, ist er stolz auf seinen Weg – trotz aller Rückschläge. „Ich bin froh, viele Fehler gemacht zu haben. Wichtig ist, dass man daraus lernt.“ Sein Rat an andere, die gerade kämpfen: „Einfach durchhalten. Nie aufgeben. Und nie faul sein.“ Früher, sagt er, habe er sich oft selbst fertiggemacht. Heute sei er sein bester Freund und voller Pläne.

Sein Traum: Eines Tages eine große Cateringhalle für Hochzeiten zu eröffnen. „Viele schätzen mich älter“, sagt er und lacht. „Aber das kommt wohl von dem, was ich schon erlebt habe.“ Und genau das macht ihn zu einem echten Mutmacher.

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