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Tiny House für Pflegebedürftige – Interview
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Alternative zum Pflegeheim oder zum betreuten Wohnen?

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Johannes Klopprogge ist Geschäftsführer der evangelischen Sozialstation Bad Rappenau-Bad Wimpfen. Als Fachmann für Pflege hat er sich über die Idee vom Tiny House als mögliche Alternative zum Pflegeheimplatz Gedanken gemacht. Die Stimme hat ihm dazu Frage gestellt.

Johannes Klopprogge ist Geschäftsführer der evangelischen Sozialstation Bad Rappenau-Bad Wimpfen. In seinem Einzugsgebiet werden zirka 1000 Personen betreut.
Johannes Klopprogge ist Geschäftsführer der evangelischen Sozialstation Bad Rappenau-Bad Wimpfen. In seinem Einzugsgebiet werden zirka 1000 Personen betreut.  Foto: privat

Herr Klopprogge: Was halten Sie von der Entwicklung des Bosch Digital Innovation Labs, wie sie jetzt in Sinsheim zu sehen war?

Klopprogge: Ich finde das Tiny House für Pflegebedürftige interessant. Vor allem, weil es den Anstoß gibt, über Wohnen im Alter nachzudenken. Grundsätzlich finde ich es auch sehr gut, wenn es Ideen und Innovationen gibt, die darauf abzielen, das pflegerische Umfeld zu entlasten.

Könnte ein Tiny House für Pflegebedürftige etwa das Problem fehlender Pflegeheimplätze lösen?

Klopprogge: Ich glaube nicht, dass es zum Gamechanger wird. Und ich sehe auch nicht, dass es eine Alternative zur stationären Pflege sein kann. Angehörige, die ihre Eltern ins Heim bringen, machen das in der Regel, weil sie selbst diese Pflege nicht leisten können. Im Regelfall sind die Menschen im Heim auch so schwer pflegebedürftig, dass sie für fast alles einen Transfer brauchen, also vom Bett in den Rollstuhl, vom Rollstuhl auf die Toilette und so fort. Das bekomme ich in einem Tiny House nicht automatisch organisiert. Wahrscheinlich kommt das nur für ganz Wenige in Frage. Ich sehe ein Bedürfnis bei einer gewissen Zielgruppe. Aber ich sehe hier nicht die Lösung für die Masse.

Tiny House für Pflegebedürftige ist nicht für jeden die ideale Lösung

Trotzdem müssen wir uns mit fehlenden Pflegeplätzen, fehlendem Personal und hohen Zuzahlungen für einen Pflegeheimplatz auseinandersetzen.

Klopprogge: Das stimmt. Aber die Personalnot wird durch ein Tiny House nicht gelöst. Wir betreuen zirka 1000 Menschen in unserem Verbreitungsgebiet. Das Zusammenkommen von Kindern und Eltern findet dort fast nicht statt, selbst dann nicht, wenn es vom Platz her möglich ist. Die Überforderung bei der Pflege entsteht nicht durch den Platz, sondern persönlich, sowohl zu Hause als auch im Heim. Will heißen: Das personelle Problem ist größer als das räumliche.

Trotzdem müssen wir uns in den kommenden Jahren mit der Rolle von Angehörigen in der Pflege auseinandersetzen.

Klopprogge: Schon heute gibt es viele Familien, die ihre Angehörigen super versorgen. Ein Tiny House für Pflegebedürftige ist aber nur dann eine Lösung, wenn dies von allen gewollt ist, wenn der Platz da ist und alles baurechtlich geregelt ist. Einiges müsste auch noch verbessert werden, etwa, indem das Pflegebett von beiden Seiten zugänglich ist. Auch ersetzen digitale Gadgets die tatsächliche Care-Arbeit nicht.

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