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Anlaufstelle in Künzelsau wird weiter bezuschusst
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Wer in Hohenlohe ganz unten gelandet ist, findet bei der Erlacher Höhe einen letzten Anker

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Die Erlacher Höhe fängt soziale Härtefälle auf, die krank und wohnungslos, süchtig und verschuldet sind. Ohne diese Fachberatungsstelle müsste sich das Landratsamt selbst um sie kümmern. Deshalb haben die Kreisräte den Weg frei gemacht, um den Sozialdienstleister auch von 2026 bis 2028 finanziell zu unterstützen.  

Wer auf dem sozialen Abstellgleis rangiert, hat kaum noch Anlaufstellen. Die Erlacher Höhe ist eine der letzten Rettungsanker - auch für Wohnungslose.
Wer auf dem sozialen Abstellgleis rangiert, hat kaum noch Anlaufstellen. Die Erlacher Höhe ist eine der letzten Rettungsanker - auch für Wohnungslose.  Foto: Arne Dedert

Der Hohenlohekreis pfeift finanziell aus dem letzten Loch. Auch weil verpflichtende Sozialausgaben den Haushalt zunehmend erdrücken. Also schauen viele Kreisräte nun noch genauer hin, wenn es darum geht, ob soziale Dienstleister weiter in den Genuss von mehr oder weniger freiwilligen Kreiszuschüssen kommen. Dies ist insofern heikel, als diese dem Landkreis oft Arbeiten abnehmen, die er sonst selbst erledigen müsste. Oder aber die sozialen Folgekosten für den Kreisetat deutlich höher wären, wenn man gar nichts unternähme. Die Zahlungen an Externe fallen deshalb meist geringer aus, als wenn das Landratsamt dies selbst in der Hand hätte.

Zwei Kreise teilen sich die Personal- und Sachkosten

Es kann aber auch sein, dass der Gesetzgeber dem Kreis gar keine andere Wahl lässt , weil er für bestimmte Angebote irgendwie zu sorgen hat. Im Sozialausschuss des Kreistags geht es diesmal um die „Fachberatungsstelle für Menschen mit besonderen Schwierigkeiten“. Die Kreise Hohenlohe und Main-Tauber haben dafür die Erlacher Höhe gewinnen können. Und sie teilen sich jene Personal- und Sachkosten an den Standorten Künzelsau und Bad Mergentheim, die auf ihre Rechnung gehen.

Zielgruppe kämpft mit „multiplen Problemlagen“

Was so verschwurbelt klingt, ist für obdachlose und verwahrloste Menschen oft die letzte Rettung. Alle, die ganz unten gelandet sind, finden hier einen womöglich letzten Anker, um sich selbst oder mit Hilfe anderer aus misslichen Lagen zu befreien. Die Zielgruppe hat meist mit „multiplen Problemlagen“ zu kämpfen und rangiert auf dem sozialen Abstellgleis. Viele sind wohnungslos und arbeitslos, körperlich und psychisch krank, süchtig und verschuldet. Etliche wurden woanders abgewiesen, weil sie sich „auffällig“ verhielten, oder sie gelten als „austherapiert“.

Jobcenter und Erlacher Höhe arbeiten gut zusammen

„Immer wieder macht sich der Mangel an Wohnraum, vor allem im unteren Preissegment, bemerkbar“, heißt es in der Vorlage. Grundsätzlich sollte man hier „präventiv tätig werden und Entwicklungen über die Wohnungslosenhilfe begleiten“. Hervorzuheben sei, erklärt die Verwaltung, dass das Jobcenter Hohenlohekreis und die Erlacher Höhe „eng und gut zusammenarbeiten“. Dadurch könnte drohende Obdachlosigkeit mitunter vermieden werden. Auch die interkommunale Kooperation mit dem Main-Tauber-Kreis sei vorbildlich, deshalb sollte sie fortgesetzt werden.  

Hier ist der Hohenlohekreis gefordert

Der Hohenlohekreis ist per Gesetz aufgerufen, dafür Sorge zu tragen, „diese Notlagen zu mildern, zu überwinden oder eine Verschlimmerung zu verhindern, sofern die Menschen aus eigener Kraft nicht dazu in der Lage sind“. So steht es in dem Sitzungspapier. Einzelfallhilfen könnten in diesem Kontext gewährt werden: stationär, teilstationär oder ambulant. Ergänzend dazu habe der Hohenlohekreis als Sozialhilfeträger aber auch für „niederschwellige Angebote, etwa für regionale Fachberatungsstellen, institutionelle Zuschüsse zu leisten“. Damit ist klar: Man kann es drehen und wenden, wie man will. Aus dieser Nummer kommt der Kreis auch beim besten Sparwillen nicht heraus.

Zwei Kreisräte der Freien Wähler haken nach 

Otto Weidmann, Kreisrat der Freien Wähler, will dennoch wissen: „Was müssten wir selbst übernehmen?“ Worauf Anita Stark, Leiterin des Sozial- und Versorgungsamts, antwortet: „Alles, was nach Paragraf 67 ff. des Sozialgesetzbuches XII vorgeschrieben ist.“ Das Thema ist somit abgeräumt. Eigentlich. Denn der finanzielle Aufwand wäre viel höher, wenn der Kreis selbst tätig würde. Freie-Wähler-Kreisrat Achim Beck hakt trotzdem nach, wie viele Fälle pro Jahr bei der Beratungsstelle auflaufen. Anita Stark: „Zuletzt waren es im Schnitt 140, mit 70 Prozent kommt dabei ein überdurchschnittlich hoher Teil aus dem Hohenlohekreis.“ Warum das so ist, kann keiner so genau sagen.

Das bezahlen Hohenlohe und Main-Tauber

Fest steht, dass der Main-Tauber-Kreis etwas mehr zahlt als der Hohenlohekreis, weil sich das Verhältnis am Einwohneranteil bemisst. Zum Schluss heben alle Räte die Hände. Sie beauftragen die Verwaltung, die Kreiszuschüsse von 2026 bis 2028 weiter zu gewähren. 2025 überweist der Hohenlohekreis exakt 90 276 Euro und der Main-Tauber-Kreis 120 512 Euro.

Das macht der Verein, so ist die Beratungsstelle zu erreichen

Menschen in sozialen Notlagen zu helfen, ist seit 1891 Aufgabe der Erlacher Höhe. In rund 70 Einrichtungen und Diensten unterstützt sie Menschen in Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit und Armut, Pflegebedürftige und Bürger, deren Teilhabe eingeschränkt ist. Zudem ist die als Diakonieverbund Dornahof und Erlacher Höhe e.V. organisierte Einrichtung in der Jugendhilfe aktiv. Die Fachberatungsstelle in der Hindenburgstraße 2 in Künzelsau ist montags und donnerstags von 9.30 bis 11.30 Uhr und 15 bis 17.30 Uhr, dienstags von 15 bis 17.30 Uhr, mittwochs und freitags von 9.30 bis 11.30 Uhr sowie samstags, sonn- und feiertags von 17 bis 18 Uhr geöffnet. Ansprechpartnerinnen sind Regina Kalis und Stefanie Schwab, Telefon 07940 6969, regina.kalis@erlacher-hoehe.de, stefanie.schwab@erlacher-hoehe.de. rei

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