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Mörtelproben
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Nach Sensationsfund in Unterregenbach: Krypta gibt weitere Geheimnisse preis

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Mit jedem Puzzleteil wird die Geschichte der Unterregenbacher Krypta weiter geschrieben. Es tun sich aber auch immer weitere Fragen auf, sagen die Archäologen. Aktuell werden Mörtelproben genommen. Stammen sie aus der gleichen Zeit wie die Innenbestattungen? 

Unter der Kirche St. Veit in Unterregenbach nehmen Olaf Goldstein (links) und Moritz Foth Proben vom Mörtel. Stammt er aus der gleichen Zeit wie die Innenbestattungen? Unterregenbach hat noch viele Rätsel.
Unter der Kirche St. Veit in Unterregenbach nehmen Olaf Goldstein (links) und Moritz Foth Proben vom Mörtel. Stammt er aus der gleichen Zeit wie die Innenbestattungen? Unterregenbach hat noch viele Rätsel.  Foto: Götz Greiner

Staubpartikel tanzen im Schein der Stirnlampe. Dumpf ertönt das Husten von Olaf Goldstein. Der Archäologe vom Landesdenkmalamt klopft und kratzt Mörtel aus den mittelalterlichen Mauerfugen. Eine weitere Plastiktüte ist gefüllt. Moritz Foth, der seine Doktorarbeit über die geistliche Niederlassung in Unterregenbach schreibt, reicht  Olaf Goldstein die Ziffer 13 sowie den Fotoapparat. Damit kann auf dem Plan der Kirche die Fundstelle markiert und die Probe zugeordnet werden. 

Krypta in Unterregenbach wird weiter erforscht

Das Bild ist gemacht. Mühsam schiebt sich Olaf Goldstein über die Mauerreste wieder nach vorn, reicht Moritz Foth Tüte und Kamera. „Das ist fast wie Bouldern“, scherzt Moritz Foth. Olaf Goldstein hat nur wenig Platz sich zu bewegen, hangelt sich an den Deckenbalken entlang. Auch die Grabungen in liegender Position sind durchaus fordernd.

Olaf Goldstein schüttelt seine lahmen Arme aus.Die Archäologen erinnern an diesem Vormittag im Grabungskeller von St. Veit an Goldgräber. „Der Mörtel ist unsere Gold“, sagt Moritz Foth grinsend. Die Mörtelproben gehen ins Labor zur C14-Untersuchung. Damit soll dann abgeklärt werden, ob der Mörtel aus der gleichen Zeit stammt wie die Knochen der in St. Veit gefundenen Innenbestattungen.

Knochenfunde in Krypta: Unterregenbach mit unterschiedlichen Datierungen

Die Knochenanalyse der fünf Skelette hat die Forschung zu Unterregenbach bereits revolutioniert:  Die im Innenraum der ersten Kirche gefundenen Skelette machten es notwendig, einen Teil der Geschichte neu zu schreiben. Die ältesten Knochen datieren auf die zweite Hälfte des siebten Jahrhunderts. Bisher wurde die Ursprungskirche St. Veit auf das ausgehende achte oder beginnende neunte Jahrhundert datiert. Die Basilika wird anhand der Bauplastik, der C14-Datierungen von Mörtel und Knochen sowie den Funden ins ausgehende achte, frühe neunte Jahrhundert datiert. Mit 48 Meter Länge war sie damals die größte Basilika Süddeutschlands.

Im Sommer wurden bei den jüngsten Grabungen in Unterregenach zwei weitere Skelette entdeckt. Und zwar im Garten vom Pfarrhaus, dem linken Gebäude, unter dem der Zugang zur Krypta ist. Die Knochen stammen von einer erwachsenen Person und einem Kind, die zusammen bestattet wurden.
Im Sommer wurden bei den jüngsten Grabungen in Unterregenach zwei weitere Skelette entdeckt. Und zwar im Garten vom Pfarrhaus, dem linken Gebäude, unter dem der Zugang zur Krypta ist. Die Knochen stammen von einer erwachsenen Person und einem Kind, die zusammen bestattet wurden.  Foto: Götz Greiner

Möglicherweise, überlegt, Moritz Foth, weisen die Mörtelproben auf eine noch frühere Bauzeit von St. Veit hin. Und, noch eine weitere Fragestellung, gab es vor der Steinkirche möglicherweise bereits eine hölzerne? „Mit jedem neuen Puzzleteil, das wir der Geschichte von Unterregenbach hinzufügen können, tun sich weitere Fragen auf“, bestätigt Olaf Goldstein. Im Landesdenkmalamt im Regierungspräsidium Stuttgart ist er für die Historie von sieben Landkreisen zuständig, betreut aktuell unter anderem auch den Fund eines Töpferofens in Pfaffenhofen. Doch Unterregenbach, bestätigt Olaf Goldstein, ist besonders spannend. Seit den 1960er Jahren wird in dem kleinen Ort an der Jagst geforscht, wie es sein kann, dass an diesem heute verlassenen Fleck einst eine die größte Basiliken Süddeutschlands stand.

Viel Zeit und Geld in Forschung investiert: Unterregenbach fasziniert

Diese Frage hat auch Christian Neuber fasziniert. Der in Schwäbisch Hall lebende Verleger hat viel Zeit und Geld gesetzt, um die Forschung dazu voran zu bringen. Unter anderem wurde die Doktorstelle von Moritz Foth so initiiert. Im kommenden Jahr will Foth zu Unterregenbach publizieren. Dann könnte es auch in weiteres großes Kolloquium geben wie Oktober 2023 in der Hospitalkirche Hall.

In kleinen Tütchen werden die Mörtelproben gesammelt und beprobt. Stammt der Mörtel aus der gleichen Zeit wie die gefundenen Knochen?
In kleinen Tütchen werden die Mörtelproben gesammelt und beprobt. Stammt der Mörtel aus der gleichen Zeit wie die gefundenen Knochen?  Foto: Götz Greiner

Denn tatsächlich haben Moritz Foth und Olaf Goldstein durch die neuerlichen Grabungen und Untersuchungen allerhand Neues zu Tage gebracht. So wurde im Sommer 2024 durch das Landesamt für Denkmalpflege im Pfarrgarten gegraben und zwei weitere Skelette entdeckt: Von einem Erwachsenen und einem Kind. Die beiden Menschen, die zusammen bestattet worden sind, haben, erklärt Olaf Goldstein, eine enge Beziehung zueinander gehabt. Sie lebten um 900. Wie sie gestorben sind, könne man noch nicht sagen. Sicher sei aber, dass sie eine gute Lebensweise hatten, Zugang zu wertigen Lebensmitteln. Ob es zwei Mitglieder des Konvents waren?

Es müssen herausragende Persönlichkeiten gewesen sein, vermutet Foth. Denn sie waren nicht auf dem Friedhof des Konvents bestattet. Der war Richtung der heutigen Straße. 21 Bestattungen wurden dort dokumentiert. „Vermutlich waren es aber noch viel mehr, die aber wegen des Straßenbaus nicht vollständig untersucht werden konnten“, sagt Foth.

Schriftliche Spuren von Unterregenbach

Auch im südlichen Kirchenanbau haben die Archäologen Innenbestattungen gefunden, datierend auf das achte, neunte Jahrhundert, eine Bestattung kam sogar erst im elften Jahrhundert hinzu. Selbst wenn alle Fundstücke beprobt und die Erkenntnisse daraus einen schärferen Blick auf St. Veit und die Basilika von Unterregenbach zulassen: Es bleibt die Frage, warum es noch immer abgesehen von einer Schenkungsurkunde von 1033 der Kaiser-Gemahlin Gisela keine schriftlichen Zeugnisse dieser Kirchengründung gibt. „Vielleicht haben wir noch nicht an der richtigen Stelle gesucht?“, überlegt Moritz Foth. Er denkt dabei an andere Klöster jener Zeit wie Corvey oder Lorsch, die womöglich mit Unterregenbach in Kontakt standen. „Wir kennen ja aber auch den lateinischen Namen von Unterregenbach noch nicht“, gibt es noch immer Rätsel, die gelöst werden können.

Verschiedene Thesen zu Unterregenbach 

Wer den Bau der bedeutenden Basilika direkt neben der Kirche St. Veit veranlasste, war ungewöhnlich vermögend. Moritz Foth belegt das mit gefundenen Flachglas, das wohl zu einem mehrteiligen Fenster gehört. Auch wurden auf dem Areal, zu dem ein weiteres Gebäude – vielleicht ein Abtshof – gehörte, Pfauen gezüchtet und es wurde Wild verzehrt. Das belegten die Knochenfunde im Rahmen der neuerlichen Grabungen beim Pfarrhaus. War ursprünglich eine der Thesen, dass die Stifterfamilie im Inneren von St. Veit bestattet wurde, deutet vieles nun auf ein Konvent hin.

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