Sozialkosten im Hohenlohekreis explodieren
Der Hohenlohekreis muss immer mehr aus der eigenen Tasche bezahlen, um Bedürftigen zu helfen. Weil Bund und Land immer mehr draufzahlen, ohne die Rechnung voll zu begleichen. Was sind die krassesten Kostentreiber? Eine Analyse.

Der Haushalt des Hohenlohekreises bietet kaum noch Möglichkeiten zu gestalten. Es geht fast nur noch ums Verwalten und Verteilen von gesetzlichen Pflichtleistungen. Am meisten drücken den Kämmerer die Sozialkosten. Sie werden im Jahr 2025 sage und schreibe 57,3 Prozent aller Ausgaben im laufenden Betrieb ausmachen, die Gesamtsumme liegt bei 122,7 Millionen Euro. Davon muss der Kreis 74,1 Millionen Euro aus der eigenen Tasche bezahlen. Dieser Zuschuss schließt die eklatante Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben und ist in fünf Jahren um satte 21,5 Millionen Euro gestiegen. Allein im Vergleich zu 2024 müssen dafür sieben Millionen Euro mehr fließen.
Das sind die Gründe
Die Gründe für diesen immensen Zuwachs sind höhere Fallzahlen und immer mehr gesetzliche Regelungen. Sie kommen allen Kreisen als nicht verhandelbare Pflichtaufgaben teuer zu stehen, weil Bund und Länder nur einen Teil von dem begleichen, was sie in Auftrag gegeben haben. Sprich: Sie lassen die Kreise im Regen stehen und reichen viel zu wenig Geld von oben nach unten durch, damit diese Leistungen auskömmlich finanzierbar sind.
Das sind die Folgen
Deshalb müssen die Kreise immer mehr Eigenmittel einsetzen, um diese Schieflage zu beseitigen. Die Haushalte werden von diesem anhaltenden Kraftakt erdrückt. Die Folge: Kaum noch Kür, fast nur noch Pflicht. In der Endabrechnung bleibt aus dem laufenden Verwaltungsbetrieb zu wenig übrig, um Investitionen aus eigener Kraft stemmen oder Rücklagen bilden zu können. Das Ersparte schmilzt immer schneller dahin, während die Verschuldung weiter zunimmt. Und Städte und Gemeinden über die jährliche Kreisumlage immer stärker zur Kasse gebeten werden.
Konnexitätsprinzip ist verwaist
Wer bestellt, bezahlt: Dieses Konnexitätsprinzip ist praktisch verwaist. Auch deshalb schlägt der Landkreistag Alarm. In Baden-Württemberg genauso wie im Bund. Ein Brandbrief jagt den nächsten. Und die Kreise lechzen nach Linderung. Doch die kommt einfach nicht bei ihnen an. Stattdessen explodieren die kommunalen Ausgaben für soziale Leistungen in einem fort. 2024 stiegen sie in Baden-Württemberg um 9,1 Prozent. In Deutschland werden sie laut Verbändeschätzungen 2025 im Vergleich zum Vorjahr von 80,4 auf 85,3 Milliarden angewachsen sein (plus 6,1 Prozent). 2022 waren es 67,7 Millionen. Und es geht weiter steil nach oben, wenn Bund und Länder nicht die Notbremse ziehen: 2027 sollen sie 95,5 Milliarden Euro erreicht haben.
Das sind die zwei größten Kostentreiber
Zwei Kostentreiber sind hauptverantwortlich für die Malaise: die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Dass beide Posten enorm wichtig sind für das soziale Gleichgewicht, bestreitet keiner. Behinderten mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sowie in der Schule und im Berufsleben zu ermöglichen: Dieses Ziel ist aller Ehren wert. Genauso wie problembehafteten jungen Menschen und deren Familien noch mehr zu helfen, weil sie die vielen Krisen zusehends überfordern.
Wahre Bürokratiemonster
Nur der Weg dahin ist so komplex konstruiert und der gute Wille so kompliziert formuliert, dass selbst Experten nicht mehr durchblicken. Sowohl das Bundesteilhabegesetz als auch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz sind wahre Bürokratiemonster, die den Behörden ihre hässliche Fratze in ganzer Pracht offenbaren. Um alles so haarklein wie gefordert umzusetzen, braucht es Unmengen von Zeit – und viel, viel mehr Personal. Das kostet entweder eine schöne Stange Geld – oder ist gar nicht mehr aufzutreiben. Das sorgt zunehmend für Ärger und Frust.
Das steckt hinter dem Bundesteilhabegesetz
Beispiel Eingliederungshilfe und Bundesteilhabegesetz, das seit 2017 schrittweise umgesetzt wird. Zwar ist es Ende Oktober gelungen, die Kosten zwischen Land, Sozialverbänden und Kreisen einigermaßen fair zu verteilen. Dafür gibt es weiter kein einheitliches Abrechnungssystem. Die neuen Leistungs- und Vergütungskonzepte stiften viel Verwirrung. Gleich vier unterschiedliche Modelle, die grundlegend voneinander abweichen, existieren im Hohenlohekreis nebeneinander. Das Sozialamt kommt kaum hinterher und braucht immer mehr Mitarbeiter für immer aufwendigere Verwaltungsakte. Das Geld kommt so immer später oder spärlicher bei den Empfängern an.
Kinder- und Jugendstärkungsgesetz hält weitere Bürokratismen parat
Zu allem Überfluss soll künftig auch die Kinder- und Jugendhilfe so gestrickt sein, dass alle Empfänger gleichermaßen profitieren: ob mit oder ohne Behinderung. Das dahinterstehende Kinder- und Jugendstärkungsgesetz ist 2021 in Kraft getreten und wird bis 2028 in diesem Sinne weiter ausgerollt: mit einem Wust an weiteren Bürokratismen.

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