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Historische Landmaschinen
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Schleppertreffen in Waldenburg: Traktor-Oldtimer und selbst gebastelte Camping-Anhänger

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Beim Schleppertreffen in Waldenburg sieht man, welche Oldtimer-Schätze noch bei den Hohenloher Landwirten schlummern. Mehr als 100 Fahrzeuge sind gekommen – und mit ihnen alte und junge Autofans.

Für Kinder ist der Aufgalopp der Motor-Pferde eine Augenweide und Spielgelegenheit zugleich.
Für Kinder ist der Aufgalopp der Motor-Pferde eine Augenweide und Spielgelegenheit zugleich.  Foto: Büchele, Torsten

Wie die Jungfrau zum Kind gekommen ist Gundel Kirsten zu ihrem International Harvester von 1959: „Den habe ich vor einem Jahr vom Vater geerbt.“ Den roten Oldtimer rumstehen zu sehen, brach ihr das Herz. Dann war klar: Den muss sie fahren – und lernt jetzt das Traktorfahren. Die Biberstaler Bergschnauferle helfen ihr dabei. Einen Merksatz haben sie ihr beigebracht: „Heutige Traktoren sind keine Traktoren mehr. Das Getucker fehlt einfach.“

Schleppertreffen in Waldenburg: Mehr als 100 Oldtimer sind gekommen

Kirsten ist nicht die Einzige, die die Gastfreundschaft des Waldenburger Schleppervereins erfährt. Der Club lädt zum 30. Mal zum Treffen auf die Wiesen an der Pumpstation Ziegelhütte ein. 100 Oldtimer und mehr parken in den idyllischen Auen am Waldrand: Schlepper, Pritschenwagen, Bagger, Erntemaschinen, ein Feuerwehrauto, in allen Farben von grün, gelb, rot bis blau, grau, schwarz: Porsche, Lanz, McCormick, Fahr. Die meisten sind aus den 50er und 60er Jahren. Ein Eicher leistet selbst mit einem Zylinder Schwerstarbeit. Die meisten Fahrer sind als Landwirte oder durch andere Berufe vertraut mit schweren Maschinen. Viele sind eingefleischte Camper, haben Anhänger an der Deichsel, kleine Schlafkojen: Schäferwagen oder umgebaute Weinfässer, viele selbst gezimmert. Niedliche kleine Häuser. Die Wiese wird zum Campingplatz, heim fährt heute niemand.

Kompakt und trotzdem kuschelig: Dieser Feuerwehr-Anhänger ist eine der kleinsten mobilen Schlafgelegenheiten, die angereist waren.
Kompakt und trotzdem kuschelig: Dieser Feuerwehr-Anhänger ist eine der kleinsten mobilen Schlafgelegenheiten, die angereist waren.  Foto: Büchele, Torsten

Schleppertreffen mit Autofans: Warum Traktorfahren ein entschleunigendes Hobby ist

Das ist auch nicht einfach: Mit 20 bis 30 km/h im Trecker-Tempo ist man die eine oder andere Stunde unterwegs. Zwar kommen die meisten Gäste aus der Gegend, doch begeben sich die Bergschnauferle mehrmals im Jahr auf Fernfahrt: Oberschwaben, Schluchsee, Großglockner. Das sind mehrere Tage Fahrt, länger oft als der Aufenthalt. Der Weg ist das Ziel, in entschleunigendem Tempo. So sieht es auch Ralf Gürtler, der Vorsitzende des Vereins. Er will Landschaften sehen und nicht daran vorbeirauschen.

„Das ist ein Spielplatz für Erwachsene“, fasst er zusammen. Der Bauhofleiter besitzt Dutzende historische Arbeitsfahrzeuge. Die wenigen, die hierstehen, hat er drei Tage geputzt und hierhergefahren: „Diese Fahrzeuge haben Deutschland wieder aufgebaut.“ Sein größter Schatz: ein Radlader von 1963 von einer Baufirma bei Schrozberg. Bis auf einen chromglänzenden Auspuff ist er noch original: ein Flecktarn verschiedenster sich lösender Lackierungen. Die Motorabdeckung fehlt, sodass man der Maschine beim Arbeiten zu sehen kann: „Das Blech ist verlorengegangen, und ein neues einbauen, kam für mich nicht infrage.“


Holz sägen, Getreide dreschen: Maschinen in Aktion faszinieren das Publikum

Verschiedene Maschinen werden vorgeführt: Holz wird zersägt, Bagger graben die Erde um, ein kleines Feld wird geerntet. Eine Dreschmaschine aus den 50ern trennt Spreu von Weizen. Besitzer Horst Joos findet: „Besser macht es kein Mähdrescher heute.“ Für die Kinder ist es ein Abenteuerspielplatz: überall mal draufsitzen. Von Baggern und Unimogs ist der fünfjährige Malte „voll begeistert“, weiß Tante Martina Börngen: „Papa aber auch.“ Größere Kids können auf Aufsitzrasenmähern über die Wiese heizen und in Hängern die Familie herumkutschieren. Am Abend zieht es Hunderte Gäste aller Generationen zum Zelt.

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Camper leben und loben die Gemütlichkeit auf der Wiese am Waldrand

Oben auf dem Hügel, fernab des Festzelts, ist Gemütlichkeit das Gebot. Rolf Zimmermann aus Öhringen besitzt ein altes Feuerwehrauto, das eine Brauerei zum Schankwagen umgebaut hat. Die Zapfanlage läuft, Schaukelstühle stehen drumherum. „Mit diesem Fahrzeug hast Du keine Platznot. Wir können einladen, was wir wollen.“ Auch das Gepäck von Kollege Norbert Reichert, der mit dem wertvollsten Stück nach Waldenburg gekommen ist: einem echten Lanz-Bulldog. Solche Fahrzeuge werden für hohe fünfstellige Summen gehandelt, wobei Reichert betont: „Die Preise sinken, weil junge Leute den nicht mehr bedienen können.“ Klaus Schübel aus Ilsfeld ist mit Zimmermann verwandt. Nachdem sie sich 20 Jahren aus den Augen verloren haben, führt sie ihr Hobby wieder zusammen. Der Rentner vom Land, wie die meisten hier, gehört noch zu einer speziellen Generation: „Ich konnte Bulldog fahren, bevor ich ein Fahrrad hatte.“ Mit zehn Jahren saß er auf dem Bock, das habe keinen gestört.

Was die Technik-Freaks so alles zusammenbasteln und ausprobieren

Sie sind aber nicht nur Schlepperfans, Camper und Rebellen der Feldstraßen: Bastler sind alle. Einer hat ein Wasserfass auf seinen Pickup gestellt und eine Pumpe an den Motor angeschlossen: Fertig ist die Gartendusche. Ein anderer zeigt Gartensessel, die er aus Ölfässern herstellt. Man braucht einen kleinen, liebevollen Knacks, um sich Szenekenner nennen zu dürfen.

Wasserfass auf die Ladefläche, Duschhahn aufgestellt, Pumpe an den Motor angeschlossen: Schon ist die Gartendusche fertig.
Wasserfass auf die Ladefläche, Duschhahn aufgestellt, Pumpe an den Motor angeschlossen: Schon ist die Gartendusche fertig.  Foto: Büchele, Torsten

Wo mehr Platz ist, lassen jugendliche PS-Protze ihre Muskeln spielen. Die Landjugend ist zahlreich vertreten und macht Halligalli. Es knattert, faucht, röhrt. „Gaudi muss sein“ sagt Manuel Gürtler, Sohn des Vereinsvorsitzenden. Er knallt Freunden mit dem Radlader eine Fuhre Erde vors Zelt, um sie zur Matschschlacht einzuladen. Kann ein Einachser zwei Baumstämme ziehen? Nein, aber er raucht und stinkt, wenn man den Motor quält. Ein Lanz raucht wie eine Dampflok: Was hat der getankt? Michael Hübner aus Löwenstein führt vor, wie sein Fahr von 1956 autonomes Fahren beherrscht: Gaspedal und Lenkung blockieren und zuschauen, wie der Trecker sich führerlos im Kreis dreht. Hübner grinst: „Das ist Traktor-Yoga. Das macht der jetzt drei Tage lang.“ Sprichts und stellt nach drei Minuten fest: „Der hält die Spur nicht, der haut ab!“ Der PS-Cowboy fängt ihn wieder ein.

Warum die komfortabelste Wagenburg doch nicht alleine die schönste ist

Wolfgang Kaufmann lässt das kalt. Die Wagenburg seiner Szenefreunde aus dem Odenwald thront im hintersten und höchsten Winkel der Wiese wie ein Herrschaftssitz über dem Geschehen: vier hölzerne Komfort-Wohnwagen in Familiengröße mit Oberlichtern und Balkon. Hier genießt er in Schatten und Stille seine Schweinshaxe. Die Freiheit der Schausteller imponiere ihm seit jeher. Nun lebt der Frührentner an Wochenenden seinen Kindheitstraum. Jahre musste er reinstecken, um den Holzwagen zu bauen. Dafür gebe es keine Muster. „Das musst Du alles selbst herausfinden.“ Ist er der König der Camper? Keinesfalls: „Sie dürfen das nicht vergleichen. Jeder ist stolz auf sein Fahrzeug, auf seinen Hänger, hat sie selbst gebaut, restauriert. Natürlich hat jeder den Schönsten.“

Wolfgang Kaufmann hat sich seinen Traum vom geräumigen Schausteller-Wagen mit Oberlichtern erfüllt. Jahrelang hat er dafür den Bauplan entworfen, Teile gesucht, zurückgesägt und zusammengefügt.
Wolfgang Kaufmann hat sich seinen Traum vom geräumigen Schausteller-Wagen mit Oberlichtern erfüllt. Jahrelang hat er dafür den Bauplan entworfen, Teile gesucht, zurückgesägt und zusammengefügt.  Foto: Büchele, Torsten
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