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Öhringen
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Wo die alten Römer badeten

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Öhringen ist die Keimzelle der deutschen Limesforschung. Eine fünfwöchige Grabung soll nun weiteres Licht ins Dunkel der Vergangenheit bringen: Archäologen wollen das Geheimnis des Römerbades lüften.

Von Peter Hohl
Sarah Roth leitet das Grabungsteam aus sechs Studenten.
Fotos: Peter Hohl
Sarah Roth leitet das Grabungsteam aus sechs Studenten. Fotos: Peter Hohl  Foto: Hohl, Peter

Es ist ein in doppelter Hinsicht historischer Boden, in den sich die sechs Studenten und ihre Dozentin Zentimeter für Zentimeter hinein graben und kratzen: Die Zeitreise führt zurück in die römische Vergangenheit Hohenlohes und zugleich zu den Anfängen der Limesforschung in Deutschland.

Seit Wochenbeginn laufen Ausgrabungen auf dem Areal des ehemaligen römischen Bades südlich der Bahnlinie in Öhringen.

Auf Hanßelmanns Spuren

"Es ist eine gewisse Ehre, an dem Ort, an dem Hanßelmann gewirkt hat, zu graben", sagt Sarah Roth. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung für Provinzialrömische Archäologie an der Universität Freiburg leitet die sogenannte Lehrgrabung. Gemeinsam mit sechs Studenten will sie "Klarheit über Größe, Aufbau und Erhaltung des Kastellbades schaffen".

Und zugleich möchte sie die fast 250 Jahre alten Erkenntnisse des gräflich-hohenlohischen Archivars und Hofrats Christian Ernst Hanßelmann mit den modernen Methoden der Archäologie abgleichen. Hanßelmann ist einer der Urväter der deutschen Limesforschung, Öhringen einer der ersten Orte, an denen das antike Erbe erkundet wurde.

Ein kleine archäologische Oase

Auf den Resten des Wandputzes sind Farbspuren zu erkennen.
Auf den Resten des Wandputzes sind Farbspuren zu erkennen.  Foto: Hohl, Peter

Mit Hacke und Schaufel, mit Kelle und Kratzer, bisweilen sogar mit feinem Pinsel arbeitetet sich das Grabungsteam in den Boden des früheren Bienengartens. "Eine kleine archäologische Oase" sei dieser unbebaute Bereich zwischen Bahndamm, Wohnhäusern und neuen Wohnblocks, sagt Sarah Roth.

Nach vorangegangenen Erkundungen weiß die Wissenschaftlerin, was sie im Boden erwartet: ein Gebäude mit einem Badebecken. Das Becken hat mehrere Bauphasen erlebt, auch dies weiß Sarah Roth bereits.

Dennoch gibt es noch vieles zu entdecken. Rund 90 Quadratmeter groß ist das Grabungsfeld, in dessen Zentrum der vorab erkundete Bereich liegt. Bei einer ersten Grabung Anfang März waren Mitarbeiter einer privaten Fachfirma knapp eineinhalb Meter tief ins Erdreich vorgedrungen und dabei auf Mauerreste und das Becken gestoßen. Nun legt das studentische Grabungsteam den Bereich um diese Fundstelle Schicht für Schicht frei.

Den Anfang mit dem Bagger abgetragen

Den ersten halben Meter, den sogenannten Oberboden, konnte Sarah Roth noch mit dem Bagger abtragen. Hier waren kaum Fundstücke zu erwarten. Doch seit am Montag die sechs Studenten angerückt sind, ist Handarbeit gefragt. Sarah Roth zeigt den Grabungsanfängern, wie's geht, hat stets ein wachsames Auge, hilft mit und achtet darauf, dass Fundstücke fachgerecht dokumentiert werden.

 Foto: Hohl, Peter

 

Nach nur wenigen Tagen Arbeit ragt hier ein Mauerstumpf aus dem Erdreich, ist dort ein Haufen Steine zu erkennen. "Man kann schon ein bisschen was erahnen", freut sich Sarah Roth. Der Steinhaufen deute auf eine umgestürzte Mauer hin. Für Archäologen sei so ein Haufen ein interessantes Forschungsfeld, sagt die Wissenschaftlerin. Denn aus dem, was heute liegt, können Fachleute schließen, was einst hier stand, sprich: wie hoch die Mauer war. Ein Experte auf diesem Gebiet habe bereits seinen Besuch in Öhringen angekündigt, berichtet die Grabungsleiterin.

Fundstücke werden gesammelt und beschrieben

Besondere Fundstücke werden in Eimern gesammelt und auf kleinen Zetteln beschrieben. Außerdem macht das Archäologenteam "Tausende von Fotos" (Roth) und vermisst die Fundstelle. Wenn am 5. Oktober die Studenten zurück nach Freiburg reisen, "ist die Arbeit noch lange nicht fertig", sagt Sarah Roth. Dann arbeitet sie ihren Grabungsbericht samt Dokumentation aus.

Am Ende könnte aus der Grabung am Römerbad das Promotionsthema für die junge Wissenschaftlerin werden. Noch ist sie sich da nicht ganz sicher, aber "Badegebäude sind immer ein interessantes Thema", weiß sie.

Mauersteine sind das Erste, was in der Grube ans Licht kam.
Mauersteine sind das Erste, was in der Grube ans Licht kam.  Foto: Hohl, Peter

Seit sie 2013 als studentische Praktikantin beim Landesdenkmal erstmals nach Öhringen kam, beschäftigt sich Sarah Roth mit diesem Abschnitt des Welterbes Obergermanisch-Raetischer Limes. Sie begleitete das Thema im Rahmen der Landesgartenschau und legte 2016 gemeinsam mit Dr. Andreas Thiel vom Landesamt für Denkmalpflege das knapp 130-seitige Büchlein "Vicus Aurelianus" über das römische Öhringen vor. Nun ist sie als Grabungsleiterin zurückgekehrt.

Logistische Unterstützung von der Stadt

Was wird aus dem Grabungsfeld, wenn die wissenschaftliche Erkundung abgeschlossen ist? Das ist noch nicht entschieden. Doch: "Es wird sicher kein Freilichlichtmuseum geben wie in Jagsthausen", sagt Rathaussprecher Dr. Michael Walter.

Die Stadt Öhringen unterstützt das gemeinsame Grabungsprojekt von Denkmalpflegern und Universität logistisch - von der Vermittlung von Unterkünften über Hilfen aus dem Bauhof bis zur Bereitstellung eines Druckers.


Chronologie

Von etwa 155 bis 260 nach Christus bestand das römische Vicus Aurelianus mit zwei Limeskastellen auf dem Boden des heutigen Öhringen. Ein Zufallsfund im Jahr 1741 brachte den gräflich-hohenlohischen Archivar Christian Ernst Hanßelmann auf die Spuren des römischen Erbes.

1770 führte er Grabungen am Bad durch. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts tauchten weitere Überreste im Boden auf, doch die genaue Lage des Bades blieb unklar.

2016 stießen Experten des Landesdenkmalamtes bei Aushubarbeiten auf dem ehemaligen Schlachthofareal auf eine Außenmauer des römischen Bades und begannen mit der systematischen Erkundung des benachbarten früheren Bienengartens. Im März 2018 drangen Archäologen bei zwei Grabungsschnitten in die Tiefe vor.

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