Wie geht es weiter bei Würth Elektronik?
Die Brandschutztüren haben Schlimmeres verhindert, der Schaden ist trotzdem enorm: Nach dem verheerenden Brand bei Würth Elektronik soll es morgen eine Mitarbeiterversammlung geben.
Übernächtigt sind Jörg Murawski, Daniel Klein und Denis Giba am frühen Samstagabend, alle drei tragen als Geschäftsführer bei Würth Elektronik Verantwortung. Aber erstaunlich ruhig sind sie, dabei hat sich der Brandgeruch auch im Besprechungszimmer des benachbarten Verwaltungsgebäudes festgesetzt, das 200 Meter von der abgebrannten Fabrik steht und deswegen nicht vom Feuer betroffen war. Klar ist auch, dass der Sachschaden im hohen zweistelligen Millionenbereich liegt, wie hoch genau, kann derzeit noch niemand sagen.
"Wir sind nur so ruhig, weil wir wissen, dass keine Menschen zu Schaden gekommen sind", sagt Denis Giba. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn das Feuer im laufenden Betrieb ausgebrochen wäre. Rasend schnell hat sich das Feuer in dem einen Teil des Standorts verbreitet, der komplett zerstört wurde. Mitten in der Leiterplattenproduktion hat sich um 0.35 Uhr in der Nacht zum Samstag der erste Rauchmelder Alarm gegeben, binnen fünf Minuten waren es dann 130.
Zum Glück haben die Feuervorkehrungen funktioniert: Große Brandschutztore haben sich geschlossen. "In China wäre das Ding jetzt ganz weg", sagt Giba. So sind lediglich die Arbeitsplätze von etwa 70 Mitarbeitern in Flammen aufgegangen - insgesamt beschäftigt das Unternehmen in Niedernhall 360 Mitarbeiter. Der zweite Bauabschnitt ist vor allem durch Rauchschäden in Mitleidenschaft gezogen, vermuten die Chefs. Rein durften sie nämlich noch nicht. "Die Gebäude sind noch gesperrt", sagt Daniel Klein, der die Produktion am Standort verantwortet.
Lediglich den Zentralcomputer mit den wichtigen Daten durften sie noch am Samstag herausholen. Bei der Schwesterfirma Würth Elektronik Eisos in Waldenburg haben sie die Rechner angeschlossen und erleichtert festgestellt, dass die wichtigsten Informationen noch vorhanden sind. Schon im Lauf des Samstags haben sie begonnen zu überlegen, wie die Aufträge trotz des Großbrandes an die Kunden ausgeliefert werden können.
"Lieferanten und Wettbewerber haben ihre Hilfe angeboten", sagt Giba. Und außerdem sind die beiden anderen deutschen Leiterplattenwerke von Würth Elektronik in Rot am See und in Schopfheim durch das Feuer nicht beeinträchtigt. "Auch dorthin können wir einen Teil der Produktion verlagern", sagt Giba. Mehrere Prozessschritte waren in dem völlig zerstörten Gebäudeteil untergebracht: Ein Teil der Galvanik, die Maschinen, die höchst präzise Löcher in die Leiterplatten bohren, um an den richtigen Stellen elektrische Verbindungen zwischen den verschiedenen Ebenen zu schaffen und die Siebdruckerei.
Aber was bedeutet das für die Mitarbeiter? Für 13 Uhr am Sonntag hat das Unternehmen eine freiwillige Informationsveranstaltung anberaumt, bei denen die Beschäftigten über die nächsten Schritte informiert werden sollen. Per Telefonkette wurden die Mitarbeiter im Lauf des Samstags informiert. Dass Schreibtische und Maschinen verbrannt sind, heißt aber nicht, dass sie ihre Stellen verlieren. Vielmehr geht es jetzt darum, die Zeit bis zum Wiederaufbau des Werks zu überbrücken. Würth Elektronik ist der größte europäische Hersteller von Leiterplatten.
Teile der Leiterplattenfabrik in Niedernhall sollen aber möglichst am 3. Januar wie geplant nach den Ferien wieder in Betrieb genommen werden. Murawski, Klein und Giba sind zuversichtlich, dass das möglich sein wird, noch aber sind Versicherungsvertreter, Sachverständige und die Kriminalpolizei vor Ort. Die ersten Verwaltungsmitarbeiter bekommen aber schon am Wochenende neue Schreibtische in anderen Gebäuden, damit sie die nächsten Schritte mit organisieren können. Damit so bald wie möglich wieder Normalität einkehren kann. Freien Platz gibt es sogar auch im neuesten Bauabschnitt in Niedernhall, der unversehrt blieb. Aber Maschinen und Produktionsanlagen lassen sich so schnell aber nicht ersetzen.
Bei aller Betriebsamkeit der Manager blitzen im Besprechungszimmer dann doch Emotionen durch, schließlich ist die Keimzelle des Unternehmens in Flammen aufgegangen. Klein und Giba berichten von Tränen in den Gesichtern der oft langjährigen Mitarbeiter, die ihre Firma in Flammen aufgehen sahen. "Da steckt viel Herzblut drin." Nicht nur das eigene. Eine ehemalige Pressesprecherin ist trotz Feiertag und Wochenende ihrer Kollegin zu Hilfe geeilt, um die Medienanfragen zu beantworten. Mitglieder der Würth-Konzernführung waren vor Ort, auch Reinhold Würth hat die Brandstelle besucht, um sich ein Bild von der Situation in der Salzstraße zu machen. Alles, was heute unter dem Namen Würth Elektronik firmiert, geht schließlich auf diese Räume zurück. Neben dem Leiterplattenbereich mit etwa 1000 Beschäftigten sind das die Waldenburger Eisos-Gruppe und die Sparte ICS in Waldzimmern. Mit weltweit 7000 Mitarbeitern erwirtschaftet die Würth-Elektronik-Gruppe einen Umsatz in der Größenordnung einer halben Milliarde Euro.