Drohende Erhöhung der Mehrwertsteuer: Gastronomen in großer Sorge
Womöglich werden ab 2024 auf Speisen in der Gastronomie wieder 19 statt nur sieben Prozent Mehrwertsteuer fällig. Viele Gastronomen sind besorgt – denn sie müssten die gestiegenen Kosten wohl an die Gäste weitergeben. Kommt die Erhöhung, könnte laut Lobby-Verband Dehoga gar eine Pleitewelle drohen.

Die Augen vieler Gastronomen richten sich mal wieder nach Berlin: Dort wird demnächst im Zuge der Haushaltsverhandlungen entschieden, ob der 2020 im Zuge der Corona-Hilfen reduzierte Mehrwertsteuersatz auf Speisen zum Jahresende von aktuell noch sieben wieder auf die regulären 19 Prozent angehoben wird.
"Wir befürchten in diesem Fall eine Pleitewelle", sagt Daniel Ohl, Sprecher des Gastro-Verbands Dehoga, auf Anfrage der Redaktion. Durch den befürchteten "Preisschock" für die Verbraucher und die damit verbundene verringerte Nachfrage stünden im Ländle rund 2000 Betriebe vor dem Aus. Das habe eine Umfrage der Lobby-Vereinigung ergeben. Ob es so kommt, ist aber unklar - die Ampel hat sich noch nicht geeinigt. Was denken Betriebe in der Region?
Erhöhung der Mehrwertsteuer? Gastronomen fürchten, dass weniger Gäste kommen
"Ich fände es den falschen Weg, auf Speisen die Mehrwertsteuer wieder anzuheben", sagt Anette Hefele, Assistentin der Geschäftsführung im Landhotel Krone in Kupferzell-Eschental. "Wenn das kommt, werden wir die Preise erhöhen müssen, denn wir können das auf keinen Fall auffangen." Mindestens zehn Prozent würde der renommierte Betrieb dann wohl aufschlagen müssen. Man hoffe sehr, dass der reduzierte Satz Bestand habe.
"Es ist für uns Gastronomen wirklich wichtig, dass sich Dehoga dafür einsetzt, dass die Mehrwertsteuer niedrig bleibt", betont auch Walter Blattau vom Gasthof Zur Post in Kloster Schöntal. "Die Personalsituation, die Energie-Geschichte, dazu Inflation mit teureren Lebensmitteln - das alles ist sowieso schon nicht einfach." Dass sein Gasthaus - sollte der alte Steuersatz wieder gelten - direkt die Preise erhöht, versuche er zu vermeiden: "Wir mussten ja jetzt schon die letzten Jahre mit Preissteigerungen kämpfen und diese zum Teil weitergeben. Klar, wir können nicht alles schlucken, und auf Dauer müssen wir dann die Preise wohl wieder anheben, aber erstmal versuchen wir, das rauszuzögern."
Gestiegene Preise in der Gastronomie: Gäste fragen schon jetzt, warum alles so teuer geworden ist
Denn bereits jetzt fragten die Gäste sich, warum alles so teuer geworden sei. "Wir haben einige Gastronomen, auch in der Region, die inzwischen mittags geschlossen haben oder einen zweiten Ruhetag machen müssen - auch, weil das Personal fehlt." Zudem seien die Energiekosten um mehr als das Doppelte gestiegen.
Über treue Stammgäste, die sie auch während des Lockdowns unterstützt haben, freuen sich Inka Thomßen-Pils und Bernd Pils vom Rössle in Bretzfeld-Brettach. Die wären sicher bereit, den Weg der Erhöhung mitzugehen. "Aber Gäste, die nur sporadisch kommen, die kämen dann sicher einmal weniger", bedauert Inka Thomßen-Pils. Ihr Mann lenkt den Blick auf Kollegen, die ihren Betrieb übergeben wollen: "Nachfolger zu finden, das wird dann noch schwerer", fürchtet er.
Neben den Kosten ist ein weiteres Problem für Gastronomen, ausreichend gutes Personal zu finden
"Das ist nicht gerade besonders gut für uns", findet Davinder Singh vom indischen Gasthaus Namaste in Öhringen und wünscht, "dass es bei sieben Prozent bleibt". Er glaubt nicht, dass die Preise so sehr steigen müssten, dass Kunden fernblieben. Personal für die Gastronomie zu finden, sei trotz aller Kosten derzeit das größere Problem.
Deutlich erregter zeigt sich Vincenzo Citera vom Öhringer Restaurant Da Vinci: "Uns bleibt zurzeit nur ganz wenig übrig." Manche Lebensmittel seien fast doppelt so teuer geworden. Bislang habe er auf Preiserhöhungen verzichtet. "Aber das muss man jetzt tun, wenn man weitermachen will." Nicht nur die mögliche Rolle rückwärts bei der Steuerermäßigung macht ihm Sorgen: Auch der Mindestlohn steige weiter, obwohl er kaum noch fähiges Personal finde.

