Was Hohenloher Betriebe zum Lockdown sagen
Nach der von Bund und Land verfügten Schließungs-Anordnung ab Mittwoch herrschen Ungewissheit und Ängste bei den lokalen Unternehmern. Die Chefin des Öhringer Gewerbevereins spricht gar von "Endzeitstimmung".

Die Ungewissheit hatte sich gestern zwischen die Regale geschlichen: "Richtig spruchreif ist noch gar nicht, ob auch wir Baumärkte ab Mittwoch schließen müssen", berichtete Christian Kastner, Geschäftsführer bei Toom in Öhringen, am Mittag der HZ. Denn: Auch die Landesregierung in Stuttgart diskutierte parallel noch rege die Tatsache, dass in Baumärkten eben doch allerhand Artikel des täglichen Bedarfs - wie Tiernahrung, Streusalz oder Brennstoffe zum Heizen - erhältlich sind.
Dass Obi, Toom, Praktiker und Co. offen bleiben sollen, findet jedenfalls auch Susanne Christ. Die Mulfingerin hat sich an die HZ gewandt, um ihr Unverständnis auszudrücken, dass von den Lockdown-Anordnungen auch die Baumärkte betroffen sein könnten: "Es ist ja schon nachvollziehbar, dass es Schließungen gibt, aber wieso auch die Baumärkte?", fragt sich die Mulfingerin. Und befürchtet, dass die Heimwerker-Läden wegen des Andrangs vor Toreschluss womöglich bald sogar zu den "nächsten Hotspots" werden könnten.
Kaufrausch vor Toreschluss

Mit Recht? "Wir haben zwar eine erhöhte Kundenfrequenz, aber keinen Ausnahmezustand", berichtet Dennis Mücke, Marktleiter beim Künzelsauer Globus Baumarkt. Es gebe in seinem Geschäft strikte Einlass-Regelungen, die gewährleisteten, dass die maximal zulässige Personenzahl nie überschritten werde.
Ob er dennoch Verständnis für eine angeordnete Schließung hätte? Dennis Mücke sagt: "Im Frühjahr hat man uns geöffnet gelassen - aber wir sind im Winter tatsächlich viel systemrelevanter, weil wir ein Sortiment haben, das der Lebensmittel-Einzelhandel nicht bedient."
Bedient - im übertragenen Sinne: Das ist freilich Matthias Uebele. Denn klar ist: Fast alle Einzelhändler und Dienstleister müssen schließen: "Wir haben es fassungslos aufgenommen. Der Lockdown ab Mittwoch ist ein Schlag", sagt der Chef der Werbegemeinschaft Künzelsau. "Viele haben nun für die restlichen Tage verlängerte Öffnungszeiten eingerichtet."
Aber so sehr sich die örtlichen Gewerbetreibenden auch mühen - die Torschlusspanik-Kauflust der Kunden kann ihnen das vermasselte Weihnachtsgeschäft nicht retten: "Mit der Woche vor und nach Weihnachten brechen vielen die umsatzstärksten Zeiten weg", weiß Uebele. "Wir brauchen massive finanzielle Unterstützung von der Politik, sonst gibt es ein nie dagewesenes Gewerbe-Sterben." Uebele ist wichtig zu betonen: Auch im Shutdown sind viele Geschäfte weiter für die Kunden da: durch Telefon-Hotlines, Online-Shops oder Lieferservice.
Verlängerte Öffnungszeiten und massiver Personaleinsatz

In der Künzelsauer Fußgängerzone herrscht am Montag derweil Hochbetrieb. "So viel war hier lange nicht mehr los", staunt ein Einheimischer. "Das kommt jetzt alles geballt", bestätigt Manuela Kircher im Haushaltswaren- und Spielzeuggeschäft Häussermann. Man habe alle Mitarbeiter aktiviert, um den Andrang bewältigen zu können.
Aber das Weihnachtsgeschäft wird auch hier nicht gerettet: "Wenn wir noch eine Woche mehr hätten, wäre das besser", sagt die Verkäuferin. Die Friseure haben bereits einen anstrengenden Sonntag hinter sich. "Wir haben versucht, alle Kunden anzurufen", sagt Gabrielle Gregorio von Kyre Friseure. Die Termine von zwei Wochen wurden "in zwei Tage gequetscht": "Nur dem 7-Uhr-Kunden war es zu früh." Die beiden Friseurinnen und ihre Aushilfe sind nun auch am eigentlich freien Montag früher gekommen - und bleiben länger. Ihren eigenen Termin für die Krankengymnastik hat Gabrielle Gregorio indes kurzerhand abgesagt.
Auch der Vorsitzenden des Handels- und Gewerbevereins Öhringen hört man die gedrückte Stimmung justament an der Stimme an: "Ganz schlecht", sagt Petra Häffner. Und schiebt direkt nach: "Gesundheit ist das Wichtigste - und leider gibt es Menschen, die behaupten, das Coronavirus existiere überhaupt nicht. So lange es solche Leute gibt, müssen eben auch solche Maßnahmen ergriffen werden." Häffners Rundblick ins Öhringer Wirtschaftsleben? "Es herrscht wirklich Endzeitstimmung: Viele können dann nicht mehr aufmachen, wenn tatsächlich die Liquidität fehlt."