Was die Renaturierung am Kocher bewirkt hat
Umweltminister Franz Untersteller macht sich ein Bild von der Renaturierung des Kocherufers in Forchtenberg. Für Menschen wird der anderthalb Kilometer lange Flussabschnitt zum Naherholungsgebiet. Tiere fühlen sich durch die verbesserte Strömung, Schilf am Ufer oder Biotope wohl.

"Ein schönes Beispiel dafür, wie das Wasserentnahmegeld eingesetzt wird": So bezeichnet der Stuttgarter Regierungspräsident Wolfgang Reimer die 2014 abgeschlossene Renaturierung des Kocherufers in der Nähe des Forchtenberger Industriegebiets. Landesumweltminister Franz Untersteller hatte diese Station anlässlich der Sommertour "Vitale Gewässer" gewählt. Projektleiter Peter Laier erläutert die aufwendigen Maßnahmen, die sich über einen anderthalb Kilometer langen Flussabschnitt in Richtung Niedernhall erstrecken.
Investition hat Früchte getragen
Dass die Investition von 750.000 Euro zur Verbesserung der ökologischen Struktur des Kochers Früchte tragen, die durch den EU-Landwirtschaftsfonds zur Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gefördert wurde, davon kann sich der Minister angesichts der begrünten, malerisch wie lebendig anmutenden Flusslandschaft jetzt selbst überzeugen.
Unterstützt von Uta Felsen, der stellvertretenden Leiterin des Referats Gewässer des Regierungspräsidiums, und Grit Orwat vom Landschaftsarchitekturbüro Ukas aus Karlsruhe gibt der verantwortliche Gewässerökologe Peter Laier den Gästen anhand einer Landkarte einen Überblick über die zwischen 1990 und 2014 durch Renaturierungsmaßnahmen entstandenen Biotope und Strukturverbesserungen des Kochers, die in verschiedenen Teilabschnitten auf der Strecke von Forchtenberg und bis Künzelsau umgesetzt wurden.
Strömung ermöglicht Fischvielfalt

Durch hüfthohes Schilfgras geht es für die Besucher auf eine Kiesbank an das Kocherufer, das auf der gegenüberliegenden Seite mit flusstypischen Gehölzen wie Schwarz-Erlen, Korb- und Silber-Weiden bewachsen ist. Eine vier Meter hohe, 250 Meter lange Betonwand hätte hier entfernt werden müssen, um das Gewässer naturnah mit Bäumen und Schilfgras einzusäumen.
Ebenso sei die Strömung des Gewässers verbessert worden. "Fischvielfalt ist nur durch Strömung zu erreichen", erklärt der Laier Grundlegendes zur Gewässerökologie. Zu diesem Zweck seien zusätzlich angrenzende Flächen erworben worden, um die Flussströmung differenziert gestalten zu können. Sieben Seitenbiotope, von denen die eine Hälfte durchströmt und die andere still angelegt worden sei, würden jetzt als Fisch- und Amphibienhabitate fungieren. Die ruhigen Seitenbiotope seien wichtig für optimale Laich- und Brutbedingungen von Fischen, außerdem würden diese im Winter und bei Hochwasser als Einstellplätze für die Tiere dienen.
Alles, was einen vitalen Fluss ausmacht
Von der Kies- und Gehölzinsel über die Flussbucht bis zur Lehm-Steilwand, die dem Eisvogel beste Brutbedingungen bietet: Alles, was einen vitalen Fluss ausmacht, wurde hier angelegt. "Wir stehen hier an einem der großen Flüsse des Mittelgebirges", erläutert Laier. Absolut hochrangig sei dieser Standort des Kochers mit einer großen Vielfalt von Fischarten, Muscheln, Amphibien, Reptilien, Vögeln und Bibern. Einziges Defizit seien noch Makrophyten wie das Tausendblatt, das sich hier vier Jahre nach der Renaturierung noch nicht so stark ausgebreitet habe. "Ein vitaler Fluss braucht Material zum Spielen", betont Laier und meint damit Kies und Totholz. "Die Lebendigkeit, mit der der Fluss sich selbst gestalten kann, wurde hier realisiert."
Naherholungsgebiet gewonnen
Beeindruckt zeigt sich Minister Franz Untersteller von der gelungenen, natürlichen Umgestaltung dieses Kocherabschnitts. "Hier haben wir ein wunderbares Beispiel, wie ein Fluss in kürzester Zeit revitalisiert werden kann. Und das dient auch dem Wohl der Bürger, die dadurch ein Naherholungsgebiet gewonnen haben." Ein weiteres Beispiel einer geglückten Kocher-Renaturierung besichtigt die Gruppe anschließend in Criesbach.
Stimme.de