Von Pheromonfallen und Ohrwurmhotels: Experten informieren über Schädlinge im Obstbau
Bei einem Vor-Ort-Termin des Kreisobstbauvereins erfuhren die Teilnehmer allerhand Neues über Nützlinge, Schädlinge und Wirtschaftlichkeit.

Zwei Vorkommnisse waren für die Informationsveranstaltung des Öhringer Kreisobstbauvereins, die dieser in Kooperation mit dem Obstbauberatungsdienst Hohenlohe-Neckar anbot, eigentlich nicht eingeplant gewesen: Der vorgesehene Referent Paul Epp vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) muss krankheitsbedingt kurzfristig absagen - und zwei kräftige Regenschauer sorgen dafür, dass die 25 Exkursionsteilnehmer pitschnass werden.
Für Paul Epp springt Albrecht Rembold aus Baumerlenbach als Referent ein. Das Motto der diesjährigen Informationsveranstaltung lautet: "Flora und Fauna in einer modernen Obstanlage". Zusammen mit Kai Bauer vom Obstbauberatungsdienst Hohenlohe-Neckar und Gastgeber Günter Böhringer vom gleichnamigen Obsthof in Untersteinbach führt Albrecht Rembold die Exkursionsgruppe von dort den Hügel hinauf zu den Obstreihen.
Invasive Schädlinge breiten sich aus
Als Günter Böhringer und Albrecht Rembold die ersten Informationen geben, folgt der erste von zwei Regengüssen. "Es gibt hier viele Hügel und Wiesen. Und die Lage am Waldrand ist schon etwas Besonderes", so Günter Böhringer. "Mit dem Gartenrotschwanz und dem Wendehals kommen hier im Steinbacher Tal auch zwei Zeigertiere vor, die ein wichtiger Bioindikator sind", ergänzt Kai Bauer.
Obwohl sich Böhringer und Rembold über den Regen beim Infonachmittag freuen, werden die beiden Obstbauern während der knapp zweistündigen Informationsveranstaltung auch nachdenklich: "Wir haben im Obstbau immer mehr mit invasiven Schädlingen zu kämpfen - vor allem die Kirschessigfliege macht uns Sorgen", betont Rembold. "Die Walnussfruchtfliege ist inzwischen vom Rheintal leider auch bei uns angekommen", ergänzt Böhringer.
Kai Bauer zeigt auf Tafeln einige Obstbauschädlinge wie zum Beispiel Aprikosenwickler, Apfelblütenstecher, Birnenblattsauger, Erdbeerknospenwickler oder Marmorierte Baumwanze. Der Obstbauexperte präsentiert dann Hilfsmittel, die Schädlinge in Obstkulturen fernhalten sollen. "Klopftrichter und Pheromonfallen sind Möglichkeiten, um die Populationsdynamik der einzelnen Schadinsekten im Jahreslauf zu erfassen. Sie helfen, um gezielte und zeitlich gut terminierte Maßnahmen ergreifen zu können."
Bio kann nicht alles
In den Obstreihen der Rembolds in Baumerlenbach ist die natürliche Schädlingsbekämpfung ebenfalls ein Thema: "Blühstreifen in den Obstreihen locken auch Schwebfliegen an. Die Larven fressen Blattläuse, und auch Marienkäfer vertilgen Blattläuse." Der Obstbauer erzählt noch eine Anekdote, um einen Saisonarbeiter, der sich mit Corona infizierte. "Wir haben aber eine nette Beschäftigungsidee für ihn im stillen Kämmerchen gefunden. Er hat 2000 Ohrwurmhotels gebaut. Der Ohrenzwicker frisst uns im Obstbau auch einige Schädlinge weg", freut er sich.

Neben Schadinsekten werden Obstbauern auch mit Wühlmäusen konfrontiert. "Feldhase und Rehe sehen sich auch gerne mal in der Plantage um", scherzt Kai Bauer. Der Experte ergänzt, dass sich Obstbauern auch auf Baumverluste durch den zurückkehrenden Biber einstellen müssen. "Die Obstanlagen bieten Vögeln auch Schutz und Nahrung. Toleranzverluste sind einzuplanen, aber natürlich helfen auch Einnetzungen." Wildverbiss ließe sich durch Einzäunung limitieren.
Böhringer und Rembold betonen, dass sich die Existenzgrundlage im Obstbau nicht allein durch ökologische Schädlingsbekämpfung sichern lasse: "Nicht für alle Schädlinge gibt es einen natürlichen Gegenspieler." Die Obstbauern kritisieren, dass die Palette an verfügbaren Pflanzenschutzmitteln immer mehr abnehme, während gleichzeitig beispielsweise Pilzschädlinge resistenter würden. "Für manche Schädlinge fehlt uns die direkte Bekämpfungsmöglichkeit. Die heimische Obstproduktion gerät unter Druck, weil ausländische Ware unter anderen Standards erzeugt wird", klagt Böhringer.