Vom römischen Erbe retten, was noch zu retten ist
In der künftigen Baugrube des Krankenhaus-Neubaus in Öhringen liegen Reste eines römischen Kastells. Wie Denkmalschützer das antike Erbe bewahren wollen.

Bevor im Sommer die Bagger an der Hindenburgstraße anrücken, graben Archäologen mit deutlich filigranerem Werkzeug. Denn in der künftigen Baugrube des Krankenhaus-Neubaus liegen Überreste eines römischen Kastells. Mit einer Rettungsgrabung soll gesichert werden, was noch gesichert werden kann, bevor die Spuren der römischen Vergangenheit im Boden endgültig getilgt werden.
Mauern und Gräben entdeckt
"Quer durch das Gelände des Neubaus verläuft die südliche Umwehrung des Westkastells", schreibt die Pressestelle des Regierungspräsidiums (RP) Stuttgart auf Anfrage unserer Zeitung: "Die dazugehörigen Strukturen umfassen nach bisherigem Kenntnisstand eine hölzerne Mauer, eine Wehrmauer aus Stein sowie mindestens drei Gräben als Annäherungshindernisse im Vorfeld." Die RP-Pressestelle ist für Auskünfte aus dem Landesamt für Denkmalpflege (LAD) in Esslingen zuständig.
Schon das derzeitige Krankenhaus steht auf ehemals römischem Boden. Hier befand sich vor rund 1800 Jahren das West- oder Bürgkastell am heutigen Welterbe Obergermanisch-Raetischer Limes. Beim Krankenhausbau (ab 1911) wurden unter anderem Fundamente des Stabsgebäudes überbaut, außerdem ein Quellheiligtum und Reste einer antiken Wasserleitung.
Untersuchung vor dem Baustart
Deshalb war klar: Bevor das neue, voraussichtlich knapp 100 Millionen teure Hohenloher Krankenhaus an der Hindenburgstraße errichtet wird, muss der noch nicht überbaute Bereich zwischen Straße und derzeitigem Krankenhaus archäologisch untersucht werden.
Diese Untersuchung wurde vom 10. bis 14. Dezember vergangenen Jahres vorbereitet. Das Landesdenkmalamt hat dazu auf dem rund 5000 Quadratmeter großen ersten Baufeld fünf Schnitte im Boden angelegt, jeweils etwa 20 Meter lang und zwei Meter breit. Ziel dieser sogenannten Sondage war es, die Strukturen im Boden zu dokumentieren, seien es die römischen Kastellgräben oder aber Versorgungsleitungen aus neuer Zeit.
Hoffnung auf interessante Fundstücke

Die Schnitte waren nicht tief, die Suche nach präsentablen Einzelstücken aus der antiken Vergangenheit spielte dabei keine Rolle. "Erst bei der nachfolgend vorgesehenen Rettungsgrabung ist mit neuen, interessanten Fundstücken zu rechnen", heißt es aus der RP-Pressestelle.
Die Sondage ist Grundlage der Rettungsgrabung, die Schnitte im Boden bieten Anhaltspunkte, wo die Archäologen großflächig in die Tiefe vordringen sollten. Den Auftrag dazu erhält laut RP eine private Grabungsfirma mit der Vorgabe: "Die Rettungsgrabung soll noch vor dem eigentlichen Baubeginn abgeschlossen sein."
Bauherr wartet auf Grabungskonzept
Das Grabungskonzept des LAD wird dazu an den Bauherrn, die BBT-Gruppe als Träger des Hohenloher Krankenhauses, übermittelt. Ob die Grabung in den Zeitplan des Neubaus passt, vermochte Ute Emig-Lange am Freitag nicht zu sagen. Die Leiterin Unternehmenskommunikation für die Region Tauberfranken-Hohenlohe in Bad Mergentheim nennt den Grund dafür: "Wir haben den Bericht noch nicht." Kommende Woche soll er eintreffen. Man stehe aber "in sehr gutem Kontakt" mit dem Denkmalamt.
Auch die Öhringer Stadtverwaltung war bis Freitag nicht auf dem aktuellen Stand. Selbst über die (eigentlich genehmigungspflichtige) Sondagegrabung im Dezember sei man nicht informiert gewesen, berichtet Rathaussprecher Dr. Michael Walter. Von der Rettungsgrabung erhofft er sich neue Einblicke in die römische Vergangenheit von Öhringen: "Wer weiß, wann wieder eine solche Chance kommt."
Öhringen hat viele Fundstellen überbaut

Der Ruf der Öhringer in Denkmalschützerkreisen ist bekanntlich nicht der beste. Das seit 250 Jahren bekannte römische Erbe wurde in der Vergangenheit immer wieder einer regen Bautätigkeit geopfert. Das Rendelkastell, die zweite Befestigungsanlage am Limes, ist völlig überbaut. Nun werden auch die wohl letzten im Boden verbliebenen Teile des Bürgkastells zerstört.
Immerhin bleiben die kürzlich freigelegten (und wieder zugeschütteten) Reste des Römerbades erhalten. Die Grabungsergebnisse werden am Donnerstag, 24. Januar, 18 Uhr im Blauen Saal des Schlosses vorgestellt. Ein Konzept für die Präsentation gibt es noch nicht.