Vom Hauptschüler zum Uni-Student
Mulfingen - Als ich noch auf der Hauptschule war, wollte ich im Anschluss nie wieder auf die Schule gehen. Ich sah mich schon als Maschinenführer", erinnert sich Alexander Schmitt aus Mulfingen-Staigerbach schmunzelnd. Heute studiert der 24-Jährige an der Universität Berlin erfolgreich Technische Informatik.

Mulfingen - Als ich noch auf der Hauptschule war, wollte ich im Anschluss nie wieder auf die Schule gehen. Ich sah mich schon als Maschinenführer", erinnert sich Alexander Schmitt aus Mulfingen-Staigerbach schmunzelnd. Heute studiert der 24-Jährige an der Universität Berlin erfolgreich Technische Informatik, und er hat großen Spaß daran.
2004 machte Alexander Schmitt in Mulfingen seinen Hauptschulabschluss und begann danach eine Ausbildung zum Werkzeugmechaniker bei der Firma Gemü in Ingelfingen-Criesbach. Diese drei Jahre sollten seinen weiteren Lebensweg prägen. "Ich ging drei Tage die Woche auf die Gewerbliche Schule in Künzelsau und verbrachte den Rest in der Firma", sagt der Staigerbacher. Sein Ausbilder Wolfgang Wick habe ihn in dieser Zeit toll unterstützt. Er habe an seinem Umdenken erheblichen Anteil gehabt, so Schmitt. "Die Berufsausbildung lief einfach fantastisch, und ich bekam aufgrund der guten Leistungen die Mittlere Reife anerkannt."
Wissenslücken
Sein Entschluss, nach der Lehre weiterzumachen, stand fest. An der Gewerblichen Schule in Künzelsau besuchte er das einjährige Berufskolleg zur Erlangung der Fachhochschulreife. "Ich merkte bereits zu Beginn, dass ich wesentliche Wissenslücken im Bereich Mathematik hatte", so Schmitt. Dies sei die größte Herausforderung für ihn gewesen. Bis zum Ende musste er kämpfen und schaffte durch einen starken Willen und Fleiß tatsächlich die Note 2.
Doch der Schüler war noch nicht am Ende. Seine Motivation trieb ihn weiter voran. "Eigentlich wollte ich nie studieren gehen, da ich es selbst nicht geglaubt habe", erzählt Schmitt. Plötzlich rückte dieser Gedanke immer häufiger in den Vordergrund.
Er fasste den Entschluss, weiterzumachen und bewarb sich an der Technischen Oberschule in Künzelsau mit dem Ziel, das allgemeine Abitur zu machen. "Da ich Französisch ausließ, war es nur ein fachgebundenes Abi", betont Alexander Schmitt. Mit einem Schnitt von 2,4 und einer Belobigung beendete der 24-Jährige vorübergehend seine Schulzeit. Die Bundeswehr rief.
"Ich wollte Zivildienst machen und entschied mich für ein Jahr entwicklungspolitischen Freiwilligendienst in Südafrika", sagt Schmitt. In einer sogenannten Township, einer Siedlung, in der nur Schwarze leben, unterrichtete er Mathe und Computertechnik in Englisch. Es sei die härteste Zeit seines Lebens gewesen, aber gleichzeitig habe er dort am meisten für sein späteres Leben gelernt, resümiert Alexander Schmitt. "Am Ende war ich froh, nach Deutschland zurückgehen zu können." Dieser Eindruck hielt nicht lange an, zurück zu Hause erkannte Schmitt erst, wie bedeutend das Jahr für ihn gewesen ist. "Jetzt würde ich gerne wieder zurück", sagt der Student. So einen Aufenthalt könne er jedem empfehlen.
Studium
Während der Zeit in Südafrika hatte sich der Staigerbacher an der Uni in Berlin beworben. Die Zusage lag zu seiner Freude bereits im Briefkasten, als er zurückkam.
Das zweite Semester hat Schmitt nun mit sehr guten Noten hinter sich gebracht und blickt zuversichtlich in die Zukunft.
"Zu Beginn braucht man Menschen im Hintergrund, die an einen glauben", weiß der Student. Allen Schülern rät er, sich im Leben kleine Ziele zu setzen. Aus diesen Zielen würden sich weitere ergeben, die einen voranbringen.
Bildungsmöglichkeiten
Wer heute den Hauptschulabschluss erreicht hat, auf den warten viele Möglichkeiten der Weiterbildung bis hin zum Studium. Die Werkrealschule – ein Schulmodell, dem sich mittlerweile viele Hauptschulen angeschlossen haben – ermöglicht die Erlangung der Mittleren Reife innerhalb eines Jahres. Für schwächere Schüler besteht die Möglichkeit, die zweijährige Berufsfachschule zu besuchen. Auch hier wird die Mittlere Reife erlangt. Wer nach der Hauptschule eine dreijährige Lehre mit guten Noten abschließt, hat die Möglichkeit, den Realschulabschluss anerkannt zu bekommen. Hier sind die Noten ausschlaggebend. Zur Erlangung der Fachhochschulreife kann die einjährige Vollzeitvariante oder die mehrjährige Teilzeitvariante gewählt werden. Die Berufsschulen bieten hier unterschiedliche Modelle an. Wer das allgemeine Abitur anstrebt, kann bei guten Noten im Anschluss an die Mittlere Reife auf ein berufliches Gymnasium mit unterschiedlichen Schwerpunkten wechseln. Studieren ist mit der Fachhochschulreife und dem Abitur möglich. Die Universitäten verlangen häufig die allgemeine Hochschulreife. coja

Stimme.de
Kommentare
am 13.08.2012 14:12 Uhr
dass dies bereits in den 60ern möglich war.
8 Klassen Volksschule, auch bei Schulen, in denen mindestens 2 Klassen in einem Raum von einem Lehrer unterrichtet worden sind, mit anschliessender Handwerkerausbildung als "Stift", ließen alle Chancen für spätere Weiterbildungen offen.
Natürlich war es nicht leicht durch Abendschulen und weitere Ausbildungen alles nachzuholen, was man bis zu 14. Lebensjahr noch nicht wollte.
Das Problem heutiger Hauptschüler liegt jedoch sehr oft in schlechteren Abschlüssen und erheblichen Mängeln in Grundfächern der Schule, sowie mangelhafter Allgemeinbildung.
Hier ist vorrangig die Erziehung im Elternhaus, jedoch auch später die Schule mit den Lehrern gefordert!
am 12.08.2012 10:11 Uhr
Selbst in unserer "Vollkasko- Übersozialwelt" in BaWü bekommt man den Arsch nicht überall nachgetragen.
Wenn man will, dann stehen einem alle Türen offen, egal ob Haupt-, Realschule oder Gymnasium.
Ich selbst hatte auch "nur" Hauptschulabschluss, bin heute staatlich geprüfter Elektrotechniker.
Ich habe vor jedem Respekt, der den "Biss" hat, sich weiterzubilden und nicht darauf wartet, dass der Staat ihm die Bildung liefert (funktioniert nicht).
am 12.08.2012 07:42 Uhr
sind mir geläufig. Gleichzeitig haben diese Personen dazu noch geholfen, das Ruinen-Deutschland zu beseitigen.
am 11.08.2012 15:02 Uhr
...hat auch die Hauptschule besucht und laut eigenem Bekunden hat er sich dafür geschämt.
Das Beispiel Alexander Schmitt zeigt allemal, dass keiner rumjammern und keiner sich schämen muss. Das (bisherige) Bildungssystem in BW scheint zudem so schlecht nicht zu sein.
am 11.08.2012 13:00 Uhr
aber nicht neu. Das funktionierte schon 1964.
am 11.08.2012 08:07 Uhr
Wer über die Hauptschule kommt und sich später weiter qualifiziert hat, besitzt Durchsetzungsvermögen. Bund / Längerverpflichtung ist von Vorteil. Ich lasse mir gern die Verwendung erklären.
Feuerwehr ebenso. Die Leute fallen zwar oft aus, sind im Gefahrenfall aber unbezahlbar.
am 10.08.2012 20:12 Uhr
Ein gutes Beispiel dass in jedem Menschen Potenzial steckt. Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Habe selbst 2002 meinen Hauptschulabschluss gemacht. Dann machte ich eine Ausbildung im Bausektor. Anschließend stand das Nachholen der Realschule sowie der Fachhochschulreife auf der Liste.
(Super, ein Jahr gespart!)
Wer weiß.
Der Bund blieb mir erspart, da ich leicht blind bin!
Inzwischen habe ich ein erfolgreiches Wirtschaftsingenieurstudium hinter mir und mache momentan an der HS Heilbronn meinen Master im Bereich technischer BWL.
Wenn ich Leuten meinen Werdegang erzähle steht die Gosche erste mal offen und es kommt irgendwann die Frage woher ich über die zehn Jahre die Motivation hernahm das durch zu zuiehen. Antwort: Ich weiß es nicht. Man möchte wie der Herr im Beitrag wahrscheinlich auch an seine Grenzen stoßen und findet Sie trotzdem nicht!?
Dieser Beitrag zeigt auf jeden Fall das sich keiner mit einem Hauptschulabschluß abschreiben muss. Sein Leben in die eigene Hand nehmen und was draus machen, das ist die Devise! Und wie gesagt, in jedem steckt das Potenzial und die Bildungschancen in Deutschland sind so vielfältig wie in keinem anderen Land.
Was ich schade finde ist, dass manche Unternehmen ein solcher Lebenslauf abschreckt und einem unnötig Steine in den Weg gelegt werden. (Das ist zumindest teilweise meine Erfahrung.)
Hier ist noch Luft nach oben da. Den letzendlich steht ein Mensch hinter diesem Lebenslauf der evtl. höher motiviert ist und schon mehr zu beißen hatte als ein "gewöhnlicher Abiturient" der mit 25 Jahren im 6. Semetser immer noch bei Mama wohnt...
Weiter so!