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Tickt älteste Turmuhr der Welt im Backhaus?

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Glocke in der Altstadtschlägt dank historischer Mechanik wieder

Von Oliver Färber
Uhrmacher Gernot Dürr legt letzte Hand an die historische Turmuhr an, die wieder ins Forchtenberger Backhaus Einzug gehalten hat.Fotos: Oliver Färber
Uhrmacher Gernot Dürr legt letzte Hand an die historische Turmuhr an, die wieder ins Forchtenberger Backhaus Einzug gehalten hat.Fotos: Oliver Färber

Es wird hart am Donnerstagvormittag in jedem Raum des Forchtenberger Backhauses gearbeitet. Schließlich soll es am Sonntag offiziell eingeweiht werden. Die Glocke in dem kleinen Turm schlägt sechs Mal, was irritiert: Es ist eigentlich kurz nach 10 Uhr. "Das wird noch richtig eingestellt", erklärt Uhrmacher Gernot Dürr, der in dem engen Raum im Obergeschoss des Backhauses direkt neben einem Gestell mit vielen Zahnrädern steht.

Das Gestell, das ist das Forchtenberger Unikum, das historische Turmuhrwerk. Rolf Krämer, dem das Backhaus gehört und der es aufwendig restauriert hat, ist sich sicher: "Es ist das älteste eingebaute Uhrwerk der Welt." In einem der Zahnräder ist die Jahreszahl 1463 eingraviert. "Das ist aber nur ein Reparaturdatum", stellt er klar. Bis jetzt werde im Internet die älteste Uhr auf 1390 geschätzt, aber nur, weil wohl zu dieser Zeit nachweislich ein Glockenseil angefertigt wurde. "Das hat aber nichts mit der Uhr zu tun. Deren Uhr sieht moderner aus als unsere", so Krämer.

Wunderwerk Auch der Rothenburger Uhrmacher Dürr kennt kein anderes Stück dieser Art auf der Welt. Begeisterung ist in seiner Stimme zu hören, wenn er über das mechanische alte Wunderwerk spricht, das er wieder zum Laufen gebracht hat. "Es wurde damals gute Arbeit geleistet", lobt er seine Vorgänger. Vor allem schätzt er die Arbeit eines Forchtenberger Meisters an der Mechanik, der das Pendel so, wie es heute ist, hinzugefügt hat. Denn die Uhr ist nicht mehr im Originalzustand wie sie wohl um die Wende zum 15. Jahrhundert entstanden ist. Mehrfach wurde sie instandgesetzt und umgebaut.

Bis das Uhrwerk 1976 auf Gemeinderatsbeschluss aus dem Turm flog und gegen ein neueres, genaueres Exemplar ersetzt worden ist. "Es ist ein Glücksfall, dass das alte Uhrwerk überhaupt noch wiedergefunden wurde", freut sich Krämer. Dürr und sein Team haben seither viel Hand anlegen müssen. In einem Holzgestell versteckt, befindet sich moderne Technik: Sie sorgt mit Motoren dafür, dass die Gewichte elektrisch wieder aufgezogen werden. Außerdem überprüft und regelt das System die Ganggenauigkeit. "Ohne würde sie derzeit zehn Sekunden pro Tag nachgehen", so der Fachmann. Automatisch werden auch Sommer- und Winterzeit eingestellt. Wieder schlägt die Uhr sechs Mal. "Das ist doch ganz schön laut", meint Krämer. Dass die alte Mechanik es nicht zulässt, nachts das stündliche Schlagen der Uhrzeit über die Glocke abzustellen, bringt ihn zum Nachdenken. "Aber das gehört dazu und ist normal", beruhigt Ute Schleh von der Forchtenberger Stadtverwaltung. Das Schlagen gehöre einfach zur Altstadt.

Kosten Deshalb hat das Richten der Uhr samt Ziffernblatt und Glocke auch die Stadt übernommen. "Das wäre mir doch zu teuer gewesen", sagt Krämer mit einem breiten Grinsen. Rund 100 000 Euro hat das laut Dürr gekostet, 30 000 Euro − in etwa die Höhe der Kosten für das Richten des eigentlichen Uhrwerks − hat dabei die Stiftung Denkmalschutz der Lotterie Glücksspirale beigesteuert. Damit gehört die Uhr der Stadt, das Backhaus allerdings Krämer, der darin eine Anwaltskanzlei unterbringen will. Im Erdgeschoss soll hin und wieder der historische Backofen eingeheizt werden. Wieviel er dafür ins Backhaus investiert hat? "Das weiß ich grad gar nicht so genau. Es fehlen auch noch Rechnungen", antwortet er.

Über das Backhaus und seine historische Turmuhr hat die Stadt eine 40-seitige Festschrift herausgegeben. Sie soll am Sonntag im Backhaus ausliegen und ist danach auch beim Rathaus zu haben.

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