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Staatsanwalt spricht bei Weißbacher Tötungsdelikt von "ungewöhnlichem Fall"

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Einen Trinkkumpan mit einem Stromkabel erdrosselt: Der Staatsanwalt fordert elf Jahre Haft für den 61-jährigen Angeklagten und zusätzlich die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Das Landgericht Heilbronn wird sein Urteil Mitte März sprechen.

Von Yvonne Tscherwitschke
Weil er einen 64-Jährigen erdrosselt hat, steht ein 61-Jähriger in Heilbronn vor Gericht. Das Urteil wird Mitte März gesprochen.
Foto: Yvonne Tscherwitschke
Weil er einen 64-Jährigen erdrosselt hat, steht ein 61-Jähriger in Heilbronn vor Gericht. Das Urteil wird Mitte März gesprochen. Foto: Yvonne Tscherwitschke  Foto: Tscherwitschke, Yvonne

Als "ungewöhnlichen Fall mit einer ungewöhnlichen Täterpersönlichkeit, einem atypischen Tatverlauf und einer atypischen Ermittlung" bezeichnet Oberstaatsanwalt Harald Freyer den Fall, der sich vom 6. auf den 7. August in Weißbach zugetragen hat.

Nachdem der Tote (64) einige Tage nach der Tat gefunden worden war, wurde der Angeklagte (61) als Zeuge vernommen. Dabei gab er die Tat zu. Er habe seinen Trinkkumpan in dessen Haus mit dem Stromkabel einer Stehlampe erdrosselt, sagte er der Polizei. Das Kabel mit Blut- und sonstigen Gewebespuren hatte er bei sich. Ebenso Langspielplatten des Opfers und dessen Bankkarten.

Miteinander getrunken und in Streit geraten

Doch um Geld oder die Vertuschung einer Straftat war es dabei nicht gegangen. Vielmehr, so ergab es die Beweisaufnahme, waren die beiden Männer in Streit geraten, nachdem sie miteinander getrunken hatten. Der Angeklagte war der Meinung, zu viel im Haus des Opfers zu arbeiten.

Seit sich die beiden zufällig kennengelernt hatten, verbrachte der Angeklagte die meiste Zeit im Kochertal bei seinem neuen Bekannten. Nur selten noch war er zu Hause bei seiner Familie, seiner Frau und den Kindern. Die, erklärte er in seinem letzten Wort, vermisse er sehr. Er sei nun schließlich 39 Jahre verheiratet und habe seine Familie lange nicht gesehen.

Jahrelanger Alkohol- und Drogenmissbrauch

Das wird noch eine Weile so bleiben. Elf Jahre Haft und Unterbringung in einer Entziehungsanstalt forderte der Staatsanwalt vor dem Landgericht Heilbronn. Dabei hielt er dem Angeklagten zu Gute, dass der früh ein Geständnis abgelegt habe.

Auch folgte er der Meinung des psychiatrischen Gutachters, der beim Angeklagten wegen des massiven und jahrelangen Alkohol- und Drogenmissbrauchs eine eingeschränkte Schuldfähigkeit nicht ausschließen konnte.

Massive Gegenwehr des Opfers

Gegen eine mildere Strafe spreche aber die Tatsache, dass der Angeklagte das Opfer erst mit den Händen und dann mit dem Kabel erdrosselt habe, trotz der massiven Gegenwehr des Opfers. Er habe ihm Mund und Nase zugehalten, wie die abgebrochenen Zähne beweisen. "Das ist nicht zart vonstatten gegangen", sagte Freier. Der schmächtige Angeklagte habe auf dem Brustkorb des Opfers gekniet. Daher stammen die beidseitigen Rippenbrüche. Der Todeskampf dauerte laut Forensiker Minuten.

War es eine Tötung auf Verlangen, wie es der Angeklagte vor Gericht geschildert hatte? "Bring mich doch um, bring mich doch um", soll das Opfer gesagt haben. "Wie? So? Oder so?", will der Angeklagte geantwortet haben. Das mag das angetrunkene Opfer schon gesagt haben, sagte der Staatsanwalt. Gemeint habe er es aber wohl eher nicht. Deshalb habe sich das Opfer auch, wie der Angeklagte gesagt hatte, "gewehrt wie ein Tier".

Verurteilung wegen Totschlags gefordert

Mordmerkmale wie Heimtücke oder Habgier sah der Staatsanwalt nicht. Er forderte wie angeklagt eine Verurteilung wegen Totschlags. Der Strafrahmen dafür liegt zwischen fünf und 15 Jahren. Wegen der Alkoholisierung zur Tatzeit und der Tendenz zur Paranoia, verursacht durch den jahrelangen Drogenmissbrauch, verschiebt sich der Rahmen auf höchstens elf Jahre und drei Monate.

Die Verteidigerin sagte, auch eine gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge komme in Betracht. Sie zeigte sich aber mit einer Verurteilung wegen Totschlags einverstanden. Sie forderte eine einstellige Haftstrafe. Wichtig sei eine Therapie für ihren Mandanten.

 

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