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Kupferzell
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Schweinemastbetrieb in Goggenbach setzt auf Tierwohl

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Drei Landwirte betreiben den preisgekrönten "Tierwohl-Stall" in Kupferzell-Goggenbach. Dort haben Schweine Spielzeug,

von Christian Nick
Minister Peter Hauk, Volker Baumann, Joachim und Rudolf Deitigsmann.
Minister Peter Hauk, Volker Baumann, Joachim und Rudolf Deitigsmann.  Foto: privat

Das Quieken von über 1000 rosafarbenen Tieren dringt durch die großen Glasscheiben. Ein Besucher-Raum mit Biergarnitur und Fenstern im Schweinestall? Ja, denn Volker Baumann und Rudolf sowie Joachim Deitigsmann setzen bei der Schweinemast auf zwei große T"s: Tierwohl und Transparenz.

Das zahlt sich aus, gleich zweifach: Denn hunderte Besucher, vom Schulkind übers Fernsehteam bis zu Landwirtschaftsminister Peter Hauk, haben schon durch die Scheiben geluchst - und Letzterer hat den mit 7500 Euro dotierten Landes-Tierschutzpreis überreicht (wir berichteten).

"Eine tolle Bestätigung", freuen sich die Landwirte - und schildern stolz, was ihren Stall von der konventionellen Haltung abhebt: 40 Prozent mehr Platz für jedes Tier, die Schweine wechseln frei zwischen Innen- und Außenbereich; keine Ventilatoren, sondern Frischluftzufuhr; Solarpanels auf dem Dach. Die Tiere können nach Lust und Laune fressen und sich mit Stroh selbst ihren Boden bauen.

Trotzdem geht es auf die letzte Reise

An einem freilich ändert sich auch im "Tierwohl-Stall" nichts: Alle 14 Tage kommt der Transporter - und 170 Schweine treten ihre letzte Reise an.Nach Bamberg. Dort nämlich lässt Kaufland die Tiere schlachten, die später in einer ihrer speziellen Produktlinien vermarktet werden. Die Schweine-Erzeuger sind überzeugt: Alle Tiere, die als Ferkel mit zarten 30 Kilo Gewicht vom Baumann"schen Stammhof in die zwei Gebäude des für insgesamt rund 1400 Tiere ausgelegten Stalls gewandert sind, hatten ein schönes Leben. "Es gibt objektive Kriterien fürs Tierwohl - und die sind bei uns erfüllt." Innerhalb von rund 100 Tagen werden die Borstenträger dann mit Futter aus Getreide, Erbsen und Soja auf die 125 Kilo Schlachtgewicht gemästet.

Überzeugt sind die Kupferzeller auch von ihrem Konzept: "Wir haben versucht, uns in die Denkweise der Schweine zu versetzen", sagt der Landwirtschaftsmeister Joachim Deitigsmann. So müssen die "sehr reinlichen Tiere" in Goggenbach auch nicht im eigenen Kot stehen, sondern gehen gerne auf ihre "Toilette" im Außenklima-Stall.

Vertrauen als Basis

Vorbilder? Gab es wenige, damals, 2014, als die ersten Pläne geschmiedet wurden. Klar war nur: Das Vertrauen war da. Die Bauern bewirtschafteten schon ein Jahrzehnt Flächen gemeinsam. In der Gesellschaft gab"s den Trend zum Fleisch vom "glücklichen" Tier - und von der Landesregierung plötzlich nurmehr Fördermittel, wenn man bei der Haltung die gesetzlichen Mindeststandards übertraf.

Und so trafen die drei Landwirte ihre Entscheidung, rund 1,5 Millionen Euro in das "Generationenprojekt" zu investieren. Bio produzieren die Kupferzeller nicht - aber eben deutlich artgerechter als die traditionelle Massentierhaltung. Trotz 40 Prozent Förderung wird es Jahrzehnte dauern, bis sich der Stall finanziell amortisiert hat.

Apropos Finanzen: Wie viel verdienen die Produzenten denn im Vergleich zur traditionell-industriellen Produktion? "Am Ende haben wir jedenfalls nicht weniger Geld in der Tasche", verrät Joachim Deitigsmann. Das geht aber nur dank Fördermitteln von EU und Land sowie einer Prämie vom Handelskonzern: Denn obgleich die Produkte aus Goggenbach letztlich im Handel immer noch 50 Prozent preiswerter sind als Bio-Ware, "müssen Verbraucher auch irgendwann bereit sein, Tierwohl tatsächlich an der Theke zu bezahlen", wie Volker Baumann es formuliert.

Der 47-Jährige und seine Geschäftspartner sind Pragmatiker: "Das hier ist keine heile Welt; sondern wir versuchen, Tierwohl, Produktionskosten und Arbeitsaufwand in Einklang zu bringen."

Die Zukunft hält Herausforderungen parat: Ersatzprodukte, Veganismus, Kunst-Fleisch. Mit ihrem Konzept fühlen sich die Produzenten "gerüstet". Ob sie glauben, dass ihre Tiere eine Seele besitzen? "Wenn wir eine haben, dann die Schweine auch."

Heute gibt"s das Stroh mal aus den Händen Volker Baumanns − doch die Schweine im Goggenbacher "Tierwohl-Stall" können sich auch jederzeit selbst bedienen.
Fotos: privat
Heute gibt"s das Stroh mal aus den Händen Volker Baumanns − doch die Schweine im Goggenbacher "Tierwohl-Stall" können sich auch jederzeit selbst bedienen. Fotos: privat  Foto: privat
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Kommentare

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Gerd Hofmann am 02.01.2020 11:27 Uhr

Was hat dieser Begriff bei Nutztieren und Schlachthäusern zu suchen?
Letztendlich schießt man denen einen Bolzen ins Hirn, um sie zu essen...
Oder werden sie - humaner? - mit Merkel-Videos zu Tode gelangweilt?

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