Schockanrufe schockieren Polizeichef
Kriminalstatistik - Die Masche ist dreist, aber erfolgreich: Anrufer geben vor, dass ein Verwandter einen Unfall hatte, bei dem ein Mensch verletzt worden sei. Nun brauche er dringend Geld, um nicht eingesperrt zu werden oder die Klinikkosten zu bezahlen. Auf diesen miesen Trick fielen im Jahr 2012 acht Bürger im Hohenlohekreis herein.
Kriminalstatistik - Die Masche ist dreist, aber erfolgreich: Anrufer geben vor, dass ein Verwandter einen Unfall hatte, bei dem ein Mensch verletzt worden sei. Nun brauche er dringend Geld, um nicht eingesperrt zu werden oder die Klinikkosten zu bezahlen. Auf diesen miesen Trick fielen im Jahr 2012 acht Bürger im Hohenlohekreis herein − und verloren viel Geld. Richard Diesch nennt dieses Vorgehen "widerwärtig". Der Chef der Polizeidirektion Künzelsau ist schockiert über die Schockanrufe, denen meist Russlanddeutsche zum Opfer fallen.
Alarmierend
Es ist einer der dunkelsten Flecken in der aktuellen Kriminalstatistik, die seit Freitag vorliegt. 42 mal Versuchten die Gauner, zum Ziel zu kommen. Acht mal waren sie erfolgreich. Das Phänomen ist völlig neu, die hohen Zahlen "alarmierend". In 2013 sind schon wieder drei Fälle aktenkundig − obwohl die Hohenloher Polizei seit Sommer letzten Jahres intensiv informiert: auf Plakaten und Flugblättern, meist in russischer Sprache.
"Wir sind von fünf Serien überrollt worden", sagt Diesch. "In den Nachbarkreisen ist das nicht anders gewesen." Zwei Litauer wurden Anfang Juli geschnappt, die Polizei vermutet, dass von dort aus viele Anrufe gesteuert werden. 5000 Euro, 10 000 Euro, 15 000 Euro: Solche Beträge haben die Betrüger abgeräumt − in bar, versteht sich. Noch steht die Polizei diesen Machenschaften recht hilflos gegenüber.
Sorgen
Auch die vielen Wohnungseinbrüche bereiten Diesch "große Sorgen" und "Kopfzerbrechen". Die Zahl hat sich 2012 fast verdoppelt: von 44 auf 80. "Nirgendwo gab es den Ansatz einer Serie, die Vorgehensweisen waren sehr unterschiedlich, örtliche Schwerpunkte waren nicht auszumachen." Allein zwischen 5. und 11. Dezember wurden zehn Einbrüche aus verschiedenen Kommunen gemeldet. "Da hilft nur noch eines: Die Öffentlichkeit informieren und aufklären."
Die Computerkriminalität steigt weiter, Internet-Betrüger werden immer dreister. 96 Straftaten wurden angezeigt: 17 mehr als 2011. Die zwei Spezialisten bei der Polizeidirektion sind gut beschäftigt. Im September ließ ein Fall aufhorchen, der bis dato einmalig war: Ein Öhringer wurde um 30 000 Euro erleichtert, weil Unbekannte ihn beim Online-Banking gelinkt hatten.
Außergewöhnlich
Bei den Straftaten gegen das Leben, die um zwei Fälle stiegen, ragt die Tat auf einem Hof im Kochertal heraus, die gerade vor dem Landgericht verhandelt wird: Ein Sohn soll versucht haben, seinen Vater zu vergiften. "Das ist einer der außergewöhnlichsten Fälle, die jemals im Hohenlohekreis passiert sind", sagt Diesch.
Aus Sicht der Polizeidirektion Künzelsau liest sich die Statistik wie folgt: "Aufklärungsquote bei nahezu 60 Prozent. Niedrigste Gewaltdelikte seit zehn Jahren. Sachbeschädigungen auf dem niedrigsten Niveau seit zehn Jahren. Präventionsnetzwerk ein Erfolgsmodell. Erneut zahlreiche Haftbefehle gegen Rauschgiftdealer" − das sind die Schlagzeilen der siebenseitigen Pressemitteilung. Die angezeigten Drogendelikte gingen in der Tat stark zurück, allerdings bleibt die Dunkelziffer hoch. Der Bereich bindet viel Personal, die aufwendigen Ermittlungen können pro Fall bis zu sechs Monate dauern. Die meisten Dealer werden wegen Cannabis (51 Fälle) und Exstacy (22) geschnappt. Die Zahl der aufgedeckten Heroin-Deals sank stark: von 31 auf neun. Kokain spielt mit drei Fällen im Hohenlohekreis kaum eine Rolle.
Netzwerk
Bei den Jungtätern hält der Positivtrend an. Seit 2000 liegt der Schwerpunkt bei der Vorbeugung auf den unter 21-Jährigen. 2004 wurden 860 Jungtäter registriert, jetzt sind es noch 490. Die leichte Steigerung in 2012 fällt kaum ins Gewicht. "Das Präventionsnetzwerk funktioniert. Ich bin froh, dass es auch nach der Polizeireform vor Ort erhalten bleibt", sagt Diesch.
In der Gesamtstatistik ist der Hohenlohekreis der zehntsicherste im Land. Im regionalen Vergleich liegt er aber hinter dem Main-Tauber-Kreis und dem Kreis Schwäbisch Hall. Auch ländliche Kreise wie Ostalb oder Heidenheim sind sicherer.