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Schmierentheater stellt eine Kleinstadt auf den Kopf

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Freilichtspiele starten mit der Komödie „Der Raub der Sabinerinnen“

Von Heike Kinkopf
Sie haben die Lacher auf ihrer Seite: Iris van de Weghe zeigt als Luise Striese ihrem Kollegen Lars Tönnies (alias Emil Gross), wie er seine Rolle angehen muss.
Sie haben die Lacher auf ihrer Seite: Iris van de Weghe zeigt als Luise Striese ihrem Kollegen Lars Tönnies (alias Emil Gross), wie er seine Rolle angehen muss.

Neuenstadt - Ein Abend, der zwar nicht lange nachwirkt, dafür aber zwei Stunden lang gute Unterhaltung unter freiem Himmel bietet. Mit der Komödie „Der Raub der Sabinerinnen“ treffen die Freilichtspiele Neuenstadt zielsicher ins Schwarze. Das amüsierwillige Publikum kommt am Freitagabend im stimmungsvollen Schlossgraben auf seine Kosten. Nach der Premiere geizen die Gäste nicht mit Applaus für die durch die Bank weg sehr guten Laiendarsteller.

Schwierige Aufgabe Es ist ein Stück im Stück, mit dem sich die Freilichtspiele unter der Regie von Hajo Baumgärtner an eine schwierige Aufgabe heranwagen. Kurz zum Inhalt: Schmierentheaterdirektor Emanuel Striese (Benjamin Ehnle) plant, das Römerstück des Gymnasialprofessors Martin Gollwitz (Karl-Heinz Hoffmann) auf die Bühne der Kleinstadt zu bringen. Nur Gollwitz' Ehefrau (Waltraud Langer) darf nichts von der Aufführung wissen, schließlich wittert diese in jedem Theater eine Räuberhöhle. Der Wanderbühne mangelt es zwar an begabten Darstellern und Requisiten, Theaterdirektor Striese indes hält unbeirrt am Vorhaben fest, und die Proben beginnen.

In Neuenstadt ist es ein Wiedersehen mit beliebten Darstellern, die bereits in der Vergangenheit das Publikum begeisterten. Herausragend Benjamin Ehnle. Im himmelblauen Frack, mit Halbglatze und gelocktem Haarkranz erinnert er an einen Clown. Unverblümt und geradeheraus, selten diplomatisch, dafür schlitzohrig hält er als Theaterdirektor Striese - umwerfend sein Sächsisch - die Fahnen der Schmiere hoch. Ihm gegenüber steht Karl-Heinz Hoffmann. Er mimt den biederen, leicht zerstreuten Professor. Dieser schwankt zwischen Stolz über die Aufführung seines Stücks, Entsetzen über Strieses Nachlässigkeit gegenüber historischen Details und der Angst, dass seine Frau hinter das Treiben kommt. Mal schwillt Hoffmann buchstäblich die Brust, mal zieht er den Kopf ein, mal platzt ihm der Kragen.

Zickig und resolut Ideal besetzt sind auch die Frauenfiguren, die unterschiedlicher kaum sein können. Waltraud Langer als zickige Friederike Gollwitz - seriöses Kostüm, Bluse, strenge Brille und adretter Hut. Rundlich, keck, pragmatisch und resolut kommt Iris van de Weghe als Luise Striese daher. Die Hände in die fülligen Hüften gestemmt, dreht sie kindlich den Oberkörper hin und her - die Rolle der jugendlichen Naiven lässt sich die reife Gattin des Theaterdirektors gewiss nicht von einem jungen Ding abschwatzen. Van de Weghe ungeniertes Spiel ist das i-Tüpfelchen des vergnüglichen Treibens auf der Bühne.

„Der Raub der Sabinerinnen“ ist eine Hommage an die Schauspielerei. Wer Tiefgang erwartet, wird enttäuscht. Umso mehr sticht die Leistung aller Neuenstädter Laiendarsteller heraus. Sie katapultieren - ohne jeglichen Texthänger - die Zuschauer in eine schillernde Theaterwelt mitsamt ihren illustren Figuren und Persönlichkeiten. Zwei amüsante Stunden: Die Freilichtspiele Neuenstadt lassen für kurze Zeit den Alltag vergessen.

Karl-Heinz Hoffmann und Benjamin Ehnle (rechts) in Aktion.Fotos: Sawatzki
Karl-Heinz Hoffmann und Benjamin Ehnle (rechts) in Aktion.Fotos: Sawatzki
Gut gespielt auch die Nebenrollen wie hier Peter Zeh und Corina Deininger.
Gut gespielt auch die Nebenrollen wie hier Peter Zeh und Corina Deininger.
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