Potsdam liegt auch an Jagst und Kocher
Vor 60 Jahren wurde der mächtige Staat Preußen aufgelöst - Spurensuche vor Ort

Vor 60 Jahren, am 25. Februar 1947, löschte der alliierte Kontrollrat das Land Preußen von der Landkarte. Das Ende des Staates Preußen hatte indirekt Auswirkungen bis nach Hohenlohe.
Die Worte des alliierten Kontrollrats in Berlin waren deutlich: „Der Staat Preußen, der seit jeher Träger des Militarismus und der Reaktion in Deutschland gewesen ist, hat in Wirklichkeit zu bestehen aufgehört.“ Preußen galt als Hort des Militarismus. Die so genannten preußischen Tugenden wie Opferbereitschaft, Disziplin und Gehorsam wurden und werden meist skeptisch beäugt. Für sie wurde der Begriff „Sekundärtugenden“ geschaffen.
Wirtschaftskraft Es waren, streng genommen, auch Preußen, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Grundstein für den wirtschaftlichen Aufschwung des Kocher- und später des Jagsttals legten. Günther und Heinz Ziehl hatten 1949 in Künzelsau mit dem Wiederaufbau ihres 1910 gegründeten Unternehmens begonnen. Dieses Werk hatte 1945 in Berlin, im Herzen Preußens also, immerhin 3000 Mitarbeiter beschäftigt. Als Heinz Ziehl, Ehrenbürger der Stadt Künzelsau, im Spätjahr 2002 starb, wurden in Nachrufen und Ansprachen die Tugenden der preußischen Aufklärung gewürdigt, die mit dem militärischen Preußen wenig zu tun haben, aber gerne unterschlagen werden. Von „nobler Art“ und „anderen Menschen zugewandt“ sei Heinz Ziehl gewesen, hieß es damals in der HZ. Sein „Hobby“ war „das ganz einfach Leben“ - das klingt höchst preußisch.
Als Ende vergangener Woche Gerhard Sturm als Geschäftsführer des Mulfinger Ventilatorenherstellers EBM-Papst in den Ruhestand verabschiedet wurde, fiel auch der Name Heinz Ziehl. Und es war viel von Tugenden wie Disziplin und Opferbereitschaft die Rede. 1963 hatten Heinz Ziehl und Gerhard Sturm in Mulfingen das Unternehmen EBM gegründet. Von Berlin über das Kochertal an die Jagst. „Er zeigte sich uns auch stets als erster Diener des Unternehmens, das er zusammen mit Heinz Ziehl gegen erhebliche Widerstände gegründet hat“, schreibt EBM-Papst Geschäftsführer Thomas Philippiak in einer Würdigung Sturms. Sich als „Diener“ zu sehen, zählt nun wiederum als preußische Tugend.
Geistige Heimat „Ich bin Preuße“, sagt Hans Hermann Renner. Der heute 75-Jährige lebt in Künzelsau, stammt aber ursprünglich aus Duisburg-Meiderich, das damals noch zum Land Preußen gehörte. „Wenn ich es nur fokussiere auf das Junkertum, ist für mich das Bild Preußens nicht komplett“, betont Renner. Für ihn ist Preußen eine geistige Heimat, die auch für Werte wie Vernunft und Toleranz steht. „Es war ein Vernunfts- und Rechtsstaat“, der nach seiner Einschätzung „fortschrittlicher war als die nachnapoleonischen Staaten“. Heute sagt der in Hohenlohe lebende Preuße vom Rhein: „Mein Bauch lebt in Künzels-au, mein Herz in Niedernhall, mein Kopf denkt immer preußischer. Helfe Menschen, in der Hoffnung, dass sie mir auch helfen.“ Militärisch und wohl auch geistig verbunden zeigte sich Friedrich Ludwig Fürst zu Hohenlohe-Ingelfingen den Preußen. Seit 1768 diente der damalige Erbprinz dem Staate Preußen und Friedrich dem Großen. Er kämpfte gegen Napoleon und stand am Ende auf der Verliererseite.
Im so genannten „Deutschen Krieg“ von 1866 gerieten die Künzels-auer mit den Preußen aneinander. In diesem Krieg des Deutschen Bundes gegen den Staat Preußen kämpften die Hohenloher auf Seiten der Württemberger, unter anderem im Gefecht von Impfingen/Tauberbischofsheim. Moment mal „Die Preißlich“