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Hier spricht ein Hohenloher Amateurfunker

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Georg Müller aus Obersteinbach hat ein Hobby, das auszusterben droht: Amateurfunk. Früher war es ein elitäres Vergnügen, mit Menschen in anderen Ländern und Erdteilen zu sprechen. Dann kamen die 90er mit Handy und Internet. Ein Besuch in einer anderen Welt.

von Christian Nick
"Delta Lima 7 Sera Foxtrott Echo", kurz DL7SFE - im normalen Leben Georg Müller - mit Mikro in der Hand und seinem Lieblingsspielzeug auf dem Abstelltisch. Der 61-Jährige ist passionierter Funkamateur und will auch andere dafür begeistern.
Foto: Nick
"Delta Lima 7 Sera Foxtrott Echo", kurz DL7SFE - im normalen Leben Georg Müller - mit Mikro in der Hand und seinem Lieblingsspielzeug auf dem Abstelltisch. Der 61-Jährige ist passionierter Funkamateur und will auch andere dafür begeistern. Foto: Nick  Foto: Nick, Christian

Das Signal ist klar und deutlich. Es klingt, als säße der Gesprächspartner nicht irgendwo an der Schweizer Grenze, sondern maximal in Georg Müllers Vorgarten. "Delta Lima 7 Sierra Foxtrott Echo" ruft nach Gesprächspartnern - und erhält prompt Antwort aus dem tiefen Süden: "Hallo Schorsch!", spricht es aus dem schwarzen Kasten. "Wie ist das Wetter bei Euch?", fragt "Schorsch" Müller. Piep. "23 Grad und bewölkt."

Kindliche Freude und heiliger Ernst

Kurzer Smalltalk. Müller ist sichtlich stolz, dass es an Gesprächspartnern nicht mangelt - jetzt, als die Presse da ist. Ebendiese will dann auch mal ein Wort der Begrüßung an die Mithörer über den Äther schicken. Doch schon nach ein, zwei Sätzen signalisiert Müller, dass der Journalist das eigentlich gar nicht darf: keine Lizenz, es droht Ärger mit der Bundesnetzagentur. Schon hier wird klar: Der 61-Jährige sieht die Sache seriös, betreibt sein Hobby, das er in Deutschland - noch - mit rund 70.000 anderen Menschen teilt, mit kindlicher Freude, aber fast heiligem Ernst.

"Mikrophon zurück!" Günther aus Würselen klinkt sich in den Digitalfunk-Kanal. Er ist Schwabe, seit 20 Jahren aber in Nordrhein-Westfalen. Dann ist kurz Ruhe im Funkverkehr, ehe sich ein weiteres Rufzeichen meldet, das "Jan" heißt und in Nordslowenien vor dem schwarzen und sprechenden Kasten sitzt.

Leidenschaft, die verbindet

Müllers Augen bekommen Patina. Das ist es! "Das einzige Hobby, das ich wirklich mit jeder Faser liebe und lebe", sagt er wenig später, als er schweren Herzens dann den schwarzen Kasten und die Verbindung in die nahe und fernere Welt ausgeschaltet hat.

Einfach so mit einer Vielzahl von Menschen in anderen Ländern und Erdteilen sprechen - das konnten einst nur wenige: Amateurfunker eben. Dann kamen die 90er - und Handy sowie Internet. Was zuvor ein elitäres Vergnügen war, wurde nun zur Selbstverständlichkeit, und die Zahl der Hobbyfunker schrumpft seitdem dahin.

Professionell: Eine von Müllers Antennen reckt sich weit hoch gen Himmel. Foto: Christian Nick
Professionell: Eine von Müllers Antennen reckt sich weit hoch gen Himmel. Foto: Christian Nick  Foto: Nick, Christian

Ruf in die Sphären des Äthers

Doch für Müller geht es nicht nur um die Kommunikation, sondern um die Technik und den fast wie eine religiöse Handlung zelebrierten Ruf in die Sphären des Äthers. Wenn er über das Funken spricht, dauert es nicht lange, ehe er sich mit elektrisierter Stimme in technischen Details verliert.

Als die digitale Kommunikation damals ihren Siegeszug antritt, ist der gelernte Elektrotechniker Fernmelder bei der Bundeswehr. Doch die erste "Handgurke", das Handfunkgerät, hält er schon mit 15 Jahren in den Fingern. Das war noch CB-Funk: "der Trabi", sagt Müller. Seit 25 Jahren verkehrt er im "Mercedes" und betreibt den prüfungspflichtigen Amateurfunk.

Müller und Co. plagen Zukunftsängste

Und es könnte alles so schön sein. Doch Müller und seine Gleichgesinnten haben "Zukunftsangst", fürchten, dass - wenn die Teilnehmerzahlen weiter sinken - irgendwann die Anzahl der nutzbaren Frequenzen immer geringer werden wird. Denn ebendiese sind ein Wirtschaftsgut: Die Industrie schnappt den Funkamateuren gerne die ein oder andere Welle weg. "Wir wollen nicht verramscht werden", sagt Müller - und klingt fast verzweifelt dabei.

Hochoffiziell: Ohne Lizenz darf niemand Amateurfunk betreiben. Foto: Christian Nick
Hochoffiziell: Ohne Lizenz darf niemand Amateurfunk betreiben. Foto: Christian Nick  Foto: Nick, Christian

Deswegen macht er fleißig Werbung , um den Nachwuchs für seine Passion anzufunken: "Die Faszination ist, dass man mit wenig Aufwand kreativ sein kann." Denn die Funker bauen sich ihr Netz selbst: durch entsprechende Antennen. In Müllers Garten stehen gleich zwei. Recht große und teure Exemplare. Aber der Funk-Fanatiker betont: "Es geht schon ab 50 Euro los." Und auch den schwarzen Kasten für rund 2000 Euro braucht es gar nicht unbedingt - Handgeräte gibt es schon für deutlich weniger Geld.

Verhaltenskodex und Funk-Polizei

Der Kosmos der Funker ist eine eigene Welt. Es gibt einen Verhaltenskodex und auch eine Art Funk-Polizei: Werden die Bevollmächtigen auf Leute ohne Lizenz oder Ausfälligkeiten aufmerksam, wird derjenige flugs abgeschaltet.

Viele Menschen hat Müller in all den Jahren kennengelernt - oder zumindest ihre Stimmen. Und manchmal auch die Gesichter dazu: Mit einigen Öhringer oder Haller Kollegen trifft er sich regelmäßig. Und die wichtigste Frage ganz am Ende: Worüber wird denn so gesprochen im Funkwellenmeer? Auch mal über Eheprobleme? "Nein", sagt Müller und schaut fast irritiert. Viel zu profan! "Eher über Technik." Klar. Funken ist halt eine sehr ernste Sache.

 
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Kommentare

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difoni Niedernhall am 18.04.2020 17:30 Uhr

Erst mal vorne weg: in den 70ern habe ich Jahre mit CB-Funk verbracht, selber gelötet, Geräte getuned.

Hier wird so argumentiert, dass jede alte Technik so wichtig wäre, dass sie unbedingt erhalten werden muss. Warum sollte das so sein? Von der Dampfmaschine ging man auch zu anderen Antriebsarten über, heute schreibt keiner mehr am Fernschreiber (Telex, auch noch selber gemacht: auf Lochstreifen!)

Schön wenn sich Leute noch für diese Technik interessieren, aber notwendig für den Privatgebraucht ist sie nicht.

Noch was zur STIMME: sehr verantwortlich, alte Artikel zu recyclen! Energiesparen ist die Devise!

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Dieter Muller am 02.09.2019 17:41 Uhr

Ich kann meinem Vorredner in keinster Weise zustimmen. Ich selber habe leider keine Amateurfunklizenz, bin aber trotz allem mit Funk groß geworden. Leute die solche Sätze hier raushauen wie "Zeiten ändern sich" finde ich total unwissend und egoistisch. Wer noch nie den Aufwand betrieben hat, um über Funk überhaupt kommunizieren zu können und nur in der Lage ist, eine Simkarte in ein Handy einzulegen und vielleicht einen Pin einzugeben, sollte sich jeglichen Kommentar hier sparen. Weil solche Menschen null Ahnung vom Lebensgefühl Funk haben. Und auch nie verstehen werden/können das man an einem solchen Hobby hängt und es liebt. Wenn dann versucht wird einem dieses weg zu nehmen, kann ich voll und ganz verstehen, daß man Ängste bekommt. Es will ja auch kein Modellbauer, das er Flugverbot oder Fahrverbot bekommt und dann nur noch zuhause in der Küche fliegen/fahren darf oder mit dem böötchen in der Badewanne. Ich Persönlich respektiere jedem seine Hobbys, auch wenn ich zu Funk eine indirekte Beziehung habe, sehe ich mich in meiner Meinung nicht beeinflußt. Was aber leider bei dem Hobby Amateurfunk erschwerend hinzu kommt ist, daß es einem nicht leicht gemacht wird eine Lizenz zu erwerben. Und da meine ich nicht die Prüfung selbst, sondern das ganze drum herum.

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M. Wendt am 02.09.2019 17:30 Uhr

Natürlich hat das Internet und das Smartphone viele "Kommunikationsnutzer" vom Amateurfunk entfernt. Wer jedoch Funk und Kommunikation nicht einfach nur nutzen will, sondern verstehen möchte, wie das funktioniert, kommt von ganz allein zum Amateurfunk. Die Zahl der zugelassenen Funkamateure ist nach dem Rückgang in den vergangenen Jahrzehnten inzwischen recht konstant.
Also: keine Sorge der Amateurfunk bleibt und sorgt durch die intensive Beschäftigung mit der Elektrotechnik für Nachwuchs in technischen Berufen.
Und wer im Katastrophenfall erlebt, dass Internet und Handy nicht mehr funktionieren, freut sich, wenn ein Nachbar Funkamateur ist, der den Kontakt zu Hilfsorganisationen herstellen kann. Funkversorgung in Notsituationen haben Funkamateure immer bereit gestellt, wenn andere Wege versperrt waren. Es ist eben immer gut, wenn es Leute gibt, die ihr Handwerk verstehen.

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Michael S. am 02.09.2019 17:08 Uhr

Liebe/r difonie,

ohne die Funkamateure gäbe es heute kein mobiles Internet, die ersten Datenfunkverbindungen (jenseits von Morseverbindungen) wurden über das so genannte Packet-Radio (PR) im Amateurfunk aufgebaut. Die kommerzielle Variante davon wurde als das bekannte GPRS später durch die Mobilfunkunternehmen im Bereich der mobilen Endgeräte implementiert. Die Frequenzbereiche im mehrstelligen Gigahertzbereich wurden als erstes den Funkamateuren zur Verfügung gestellt, damit diese den Nachweis durch Experimentalfunk erbringen konnten, ob diese Frequenzbereiche überhaupt sinnvoll genutzt werden können. Der Funkamateur ist in der Vergangenheit mehr als einmal ein Vorreiter für die spätere kommerzielle Nutzung gewesen. Nur wer so blauäugig ist und glaubt, dass da nichts mehr möglich ist, nimmt den Funkamateuren die Bänder weg und enthält der Wirtschaft einen sehr wichtigen Bereich der Forschung und Entwicklung vor, den diese nicht kompensieren kann.
Und jetzt erklären Sie bitte mal, dass Sattelitenfunk (im Gigahertzbereich) und mobiles Internet keinen Mehrwert für den Normalbürger gebracht hat. Bitte erst informieren, bevor man anderen die Grundlage für das Hobby abspricht!

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difoni Niedernhall am 02.09.2019 15:10 Uhr

So schade es für den Einzelnen ist, dass die Gesprächsteilnehmer weniger werden. Zeiten ändern sich und damit auch die Kommunikation. Warum sollte das krampfhaft am Leben erhalten werden.
Hat im Gegensatz zu anderen Hobbys wie Imkerei, Fischen, etc. keinen Mehrwert und daher eine gesellschaftliche Aufgabe.

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am 18.04.2020 19:56 Uhr

keinen gesellschaftlichen Mehrwert hat allenfalls ihr krampfhaft verfasster Kommentar.

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