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Öhringen: Fünf Meinungen über die Erhebung zum Hauptbahnhof

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Zehn Jahre Hauptbahnhof Öhringen. Passend zum Jubiläum hat unsere Redaktion fünf Beteiligte und Bahn-Begeisterte gefragt: Was hat die Erhebung zum Hauptbahnhof gebracht - und was nicht?

Von Peter Hohl

Zeitzeugen und Bahn-Begeisterte ziehen eine Zwischenbilanz über die Erhebung des Öhringer Bahnhofs zum Hautpbahnhof. Öhringen war damals die kleinste Stadt im Ländle, die sich mit einem Hbf schmücken durfte. 

Volkmar Grötsch, als Pendler häufig mit der Bahn unterwegs:

 

Volkmar Grötsch
Foto: privat
Volkmar Grötsch Foto: privat  Foto: privat

Positiv ist der immer noch offene Schalter am Hauptbahnhof, das ist für einen Ort von der Größe Öhringens nicht selbstverständlich. Gut finde ich auch die vielen Züge und Fahrtmöglichkeiten ab Öhringen. Wirklich gut ist aber nur die Innenstadt von Heilbronn erreichbar. Will man weiter Richtung Stuttgart, Mannheim oder zu anderen Fernverkehrsknoten, geht mit der Stadtbahn sehr viel Zeit verloren.

Negativ empfinde ich die zahllosen Verspätungen, die vielen Zugausfälle und damit verbunden häufig verpasste Anschlussfahrten. Wenn die Stadtbahn wegen Verspätung plötzlich in Eschenau endet, da wünscht man sich als Pendler die alten Regionalzüge der DB mit der Diesellok zurück. Verbesserungsbedürftig sind die Fahrgastinformation und die Sicherheitssituation: Ein ebenerdiger Fahrgastübergang mit dem Schild "Zugverkehr beachten" ist etwas dürftig für einen Hauptbahnhof. Mit der Stadtbahn fielen viele durchgehende Verbindungen innerhalb Hohenlohes weg, die Fahrtmöglichkeiten Richtung Nürnberg am Wochenende sind eher dürftig geworden: Die erste akzeptable preiswerte Fahrtmöglichkeit ohne Vorausbuchung ist erst um 11.21 Uhr, letzte Rückfahrt ab Nürnberg bereits um 16.35 Uhr. Fazit: Licht und Schatten, zur Zeit geht der Trend leider Richtung Schatten.

 

H.-M. Sauter
Foto: Archiv/Müller
H.-M. Sauter Foto: Archiv/Müller  Foto: Müller

Hans-Martin Sauter, Vorstandssprecher VCD-Regionalverband:

Zehn Jahre Hauptbahnhof Öhringen, ein denkwürdiges Jubiläum? Ja und nein!

Erstaunlich, wie der damalige Oberbürgermeister das Kunststück hinbekommen hat. Landläufig zeichnen einen Hauptbahnhof Kriterien wie Großstadt, viele Gleise und Züge sowie abzweigende Strecken aus. Früher wäre ja auch noch der Fernverkehr, also schmucke ICE"s, ein Hbf-Kriterium gewesen, aber der hat ja mittlerweile die ganze Region links liegen lassen. Da ändert auch kein Buga-Alibi-IC 2019 etwas daran, dass sich sogar im Großstadt-Hauptbahnhof Heilbronn nur Stadt- und Regionalbahnen - leider wenig pünktlich - tummeln.

Falls aber doch einmal neue Haltepunkte in Öhringen dazukommen, ist der Hbf für ortsfremde Reisende eine gute Orientierungshilfe. Auch wenn sich die DB aus dem Verkauf der Fahrkarten auf komplizierte und unpersönliche Automaten zurückgezogen hat, sind das Mobiz und ein beheizter Warteraum ein kundenfreundliches Hbf-Geschenk, von der Stadt und dem Landkreis finanziert. Eines Hauptbahnhofs gänzlich unwürdig ist aber die fehlende Unterführung zum Mittelbahnsteig. Sie ist nicht nur für Reisende gefährlich, sondern verhindert auch einen zeitgemäßen Zugbetrieb im Hauptbahnhof Öhringen und auf der Hohenlohebahn.

 

Michael Walter
Foto: privat
Michael Walter Foto: privat

Dr. Michael Walter, Leiter der Stabsstelle im Rathaus: "Öhringen Hbf":

Diese Idee hat sicherlich vielerorts Schmunzeln verursacht. Die Anfrage unseres damaligen Oberbürgermeisters bei der Deutschen Bahn AG war jedoch ein guter Schachzug. Die Kriterien für eine Umbenennung waren schließlich erfüllt. Und plötzlich hatte Öhringen und hatte unser Hohenlohekreis einen Hauptbahnhof!

"Öhringen Hbf" ist dabei ein echtes und wirksames Gütesiegel für den Standort Öhringen und die Region. Wir reihen uns damit ein in sehr viel größere Bahn-Städte, und schon allein die Einträge in den Fahrplänen werben täglich für unseren Standort Öhringen.

Die Wirkung des "Hbf" fürs Marketing ist mit Sicherheit noch stärker und nachhaltiger als beispielsweise das sehr seltene Signet "Fifa WM-Quartier 2006" oder unser neuer Titel als "Ausrichter der Landesgartenschau 2016".

Die Umbenennung sollte auch dem Öhringer Haltepunkt Römerwall sowie der Verlängerung der Stadtbahn in Richtung Schwäbisch Hall Rückenwind geben. Statt Rückenwind entstand jedoch Seitenwind, Gegenwind oder letztlich Windstille. Dennoch bin ich optimistisch, dass eines Tages die Fahrt mit der Stadtbahn von Öhringen Hauptbahnhof über den Haltepunkt Römerwall zum neuen Hauptbahnhof Schwäbisch Hall möglich sein wird.

 

Jochen K. Kübler
Foto: Archiv/Seidel
Jochen K. Kübler Foto: Archiv/Seidel  Foto: Seidel

Jochen K. Kübler, früherer Öhringer Oberbürgermeister:

"Das ist ein historischer Moment für Öhringen und Hohenlohe": Meine damalige Aussage gilt auch heute noch. Zur Durchsetzung gab es tatkräftige Unterstützung von der Deutschen Bahn. Es bestanden zwar Vorbehalte gegen den 12. Hauptbahnhof in Baden-Württemberg, aber ich habe gesagt: "Geht nicht gibt es nicht". Auf einem Hauptbahnhof anzukommen heißt: Ich bin mitten in der Stadt, im Zentrum, ich bin am Ziel, hier kann ich aussteigen.

Es ging seinerzeit auch darum, Zeichen zu setzen für einen weiteren Ausbau der Stadtbahn Richtung Schwäbisch Hall und Künzelsau sowie eine zeitnahe Realisierung des Haltepunktes Römerwall. Beides ist nach zehn Jahren leider noch nicht erreicht, obwohl dies für die gewerbliche und wohnbauliche Weiterentwicklung der Stadt von großer Bedeutung wäre. Beides, Bahn und Stadtbahn, sind zudem wichtige Entwicklungsachsen für ganz Hohenlohe. Bahnhöfe sind in einer Stadt immer zentrale Treff- und Kommunikationspunkte. Deswegen sollte es zukünftig mit darum gehen, den vor 156 Jahren gebauten Komplex mit Bahnhof, später dann Busbahnhof, Mobiz und gegebenenfalls frei werdenden Gebäudeteilen zu erhalten beziehungsweise freies Gelände sinnvoll zu bebauen. Auch das sind Zukunftswünsche, die immer wieder geäußert werden.

 

Axel Groß
Foto: Archiv/Lutz
Axel Groß Foto: Archiv/Lutz  Foto: Lutz

Axel Groß, Vorsitzender des Eisenbahn-Clubs Öhringen:


Was macht den Hauptbahnhof eigentlich aus und rechtfertigt dessen wichtige Bezeichnung? Zu einem "Haupt-" gehört eigentlich auch ein "Neben-". Wo ist der Nebenbahnhof in Öhringen? Öhringen-West ist nach der Bahn-Definition ein Haltepunkt und kein Bahnhof, auch Cappel lediglich eine weitere Haltestelle innerhalb des Hauptbahnhofs Öhringen.

Bis 1993 gab es in Öhringen noch zwei weitere Bahnhöfe: Ohrnberg und Möglingen an der ehemaligen unteren Kochertalbahn. So ist es sicherlich eher als ein kommunalpolitisches Husarenstück anzusehen, dass der Bahnhof Öhringen in den Haupt-Stand erhoben wurde.

Auf rund 120 tägliche Zugfahrten bringen es S-Bahn und Regionalverkehr zusammen im Hauptbahnhof. Multipliziert mit den Reisenden sind das eigentlich genug Argumente, um endlich den schienengleichen Bahnsteigzugang durch eine standesgemäße Unterführung zu ersetzen. Mehr Sicherheit für die Reisenden und die Triebfahrzeugführer, die hier in erhöhter Verantwortung stehen: Es gibt noch Perspektiven für den Hauptbahnhof.

Immerhin konnte sich durch kommunale Unterstützung und reichliche Nutzung des Angebotes der Bahnhof Öhringen seine persönliche Verkaufsstelle für Fahrkarten bewahren. Das ist mindestens so wichtig wie das "Haupt" im Namen.

 
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