Schulsekretärin Marina Kaminski vom Semi geht in Ruhestand
Tausende Schüler, Dutzende Lehrer und drei Rektoren sah Schulsekretärin Marina Kaminski in den vergangenen 30 Jahren am Schlossgymnasium Künzelsau kommen und gehen. Nun geht sie selbst in Rente, doch bis heute erinnert sich die "Hüterin des Beichtstuhls" an die meisten.

Am Schlossgymnasium Künzelsau (Semi) gibt es einen Stuhl, der liebevoll "Beichtstuhl" genannt wird. Auf ihm saßen bereits Generationen von Schülern - aber auch von Lehrern. Besagter Stuhl steht im Sekretariat der Internats-Schule neben dem Schreibtisch von Marina Kaminski. 30 Jahre lang hörte sich die Schulsekretärin das Wehklagen von Lehrern an, tröstete verzweifelte Schüler, beruhigte gestresste Rektoren - und vermittelte zwischen den Parteien. Nun geht die 64-Jährige in Rente und hinterlässt den "Beichstuhl" ihrer Nachfolgerin.
Bis heute bekommt Kaminski Besuch von Ehemaligen
An viele der Namen und Gesichter von Tausenden Schülerinnen und Schülern, die Marina Kaminski in den vergangenen 30 Jahren kommen und gehen sah, erinnert sie sich bis heute gut. "Das ist eine Gabe", sagt sie schmunzelnd. Und auch die Schüler vergessen die meist gut gelaunte Sekretärin so schnell nicht. Bis heute bekommt Kaminski Besuch von Ehemaligen, mit anderen hält sie via Whatsapp Kontakt. Denn, davon zeugen gleich mehrere Abi-Bücher: sie war für viele ein wertvoller Teil des Schullebens.
Aufgewachsen ist Kaminski in der DDR. Dort lernte und studierte sie Landwirtschaft in einem Großbetrieb. "Ich wollte eigentlich Lehrerin oder Hebamme werden, irgendwas mit Kindern", erinnert sie sich zurück. "Aber mein Vater drängte in eine andere Richtung." Und so ging die junge Frau erstmal drei Jahre auf ein Internat in Mecklenburg-Vorpommern. "Ich glaube, dass ich die jungen Leute hier deswegen so gut verstehe." Denn vor allem für die Internatsschüler am Schlossgymnasium, die oft weit weg von den Eltern sind, war sie oft die letzte Rettung. "Auf dem Beichtstuhl haben mir schon wirklich viele ihr Herz ausgeschüttet", sagt Kaminski lächelnd mit Blick auf den Stuhl in der Ecke des Zimmers.
Die Hälfte ihres Lebens war sie am Semi
An die Stelle als Sekretärin kam Kaminski eher zufällig. Nachdem sie zunächst zehn Jahre als Kindergärtnerin gearbeitet hatte, zog die heute 64-Jährige 1991 mit ihrem damaligen Ehemann nach Hohenlohe. "Ich hatte keinen Plan, wie es hier im Westen ist und kannte das ganze System nicht", erzählt sie. Ihr erster Weg führte zum Arbeitsamt, wo ihr eine Umschulung in Richtung Büromanagement angeboten wurde.
Die Frau des damaligen Semi-Lehrers Dieter Hummel, der später Rektor der Schule werden sollte, war eine ihrer Klassenkameradinnen. "Sie hat mich überzeugt, dass der Job im Sekretariat der Schule was für mich wäre", so Kaminski . "Ich weiß noch genau, dass die erste Frage beim Vorstellungsgespräch von Frau Dr. Dietz war: ,Haben Sie gute Nerven?"", erzählt Kaminski lachend. Die hatte sie - und brauchte sie auch. "Ich hatte wenig Ahnung von Schulen im Westen, ich kannte kein Fax und keinen PC, aber ich habe es mir zugetraut." Die Hälfte ihres Lebens hat die 64-Jährige am Semi verbracht. Dass ihr das Schlossgymnasium am Herzen liegt, wird in jedem ihrer Worte klar: "Jeder war hier anerkannt, es klingt abgedroschen, das zu sagen, aber wir sind hier eine Familie."
Jeder Schulleiter hat seinen eigenen Stil
Zwei Rektoren und eine Rektorin erlebte Marina Kaminski während ihrer Zeit am Semi. "Ich habe sie alle so genommen wie sie sind", sagt sie lachend und schiebt nach: "auch, wenn es nicht immer leicht war". Jeder der Schulleiter habe seinen eigenen Stil. Doch auch Kaminski selber hat die Schule geprägt. Nicht nur durch ihre Tätigkeiten als Schulsekretärin, sondern auch durch die Dinge, die sie über ihre eigentliche Arbeit hinaus für die Schule tat, wie die Anschaffung eines Krankenbettes, das Organisieren von zahlreichen Ausfahrten und vor allem durch ihr Kümmern um Schüler sowie Lehrer.
Angst vorm Ruhestand hat die 64-Jährige nicht, auch wenn sie zugibt, sich "wohl erstmal daran gewöhnen" zu müssen. Auf mehr Zeit für ihre Urenkel freut sie sich, "aber es ist auch traurig, ich werde die Lehrer und Schüler vermissen, es war wirklich eine gute Zeit hier".
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